Jerry Cotton - 2911 - Jung schoen und toedlich
stoppen.
›Stehen bleiben!‹, wollte ich rufen. Doch das Wort blieb mir im Hals stecken. Und die Dienstpistole ließ ich im Holster. Ich stoppte meine Schritte.
Denn plötzlich stand eine Mauer vor mir.
Eine Mauer aus Mädchen.
***
Sie waren von links und rechts gekommen und hatten sich zu einer geschlossenen, herausfordernd grinsenden Front aufgebaut. Einige trugen dicke irische Pullover, die meisten aber wattierte Kapuzenjacken in den unterschiedlichsten Farben. Die Einheitsjeans der Girls mündeten in bunte, gefütterte Gummistiefel; auch ein paar lederne Pelzstiefel waren zu sehen. Insgesamt schienen sie für einen längeren Aufenthalt in der Kälte gerüstet zu sein.
Unter den Kapuzen lagen die Gesichter überwiegend im Halbschatten. Dennoch versuchte ich, Jessica unter ihnen zu erkennen. Und Patricia, nach dem Foto, das ich mir eingeprägt hatte. Doch Jessica war eindeutig nicht dabei, und Patricia erst recht nicht. Trotzdem war ich überzeugt, dass sämtliche Girls zur Clique um Jessica und ihre Freundin aus dem Delikatessenladen gehörten.
Felipe Bogado, jenseits der Mauer, hatte seine Schritte verlangsamt, bewegte sich aber weiter in die ursprünglich eingeschlagene Richtung. Ich zählte die Kapuzenlinie vor mir ab und kam auf immerhin elf Girls. In diesem Moment teilten sie sich auf. Sechs kamen auf mich zu, mit unverändertem Grinsen und sich in den Hüften wiegend. Sie umringten mich, drängten sich dicht an mich heran, als wollten sie mir keinen Platz zum Atmen lassen.
Über ihre Schultern hinweg und zwischen ihren Köpfen hindurch sah ich die übrigen fünf Girls, wie sie Felipe Bogado schützend in die Mitte nahmen und mit ihm in Richtung Malcolm X Boulevard gingen. Von dort kam Phil, und wahrscheinlich wussten sie es. Doch ich konnte mich weder um meinen Partner noch um Bogado kümmern, denn meine Aufmerksamkeit wurde voll beansprucht.
Parfümduft umhüllte mich, wurde durchdringend und zunehmend intensiver. Der Druck der bunten Wattepolster nahm zu. Bis jetzt hatten sie keine einzige Silbe von sich gegeben, doch unvermittelt legten sie los. Ein Schwall von Stimmen hüllte mich ein. Wie ein Wasserfall rauschten die Tiraden auf mich nieder.
Allein die Lautstärke hätte ausgereicht, um einem das Gefühl zu geben, mitten in der Hölle gelandet zu sein. Einige von ihnen kreischten nur, die meisten bedachten mich mit Obszönitäten und wüsten Beschimpfungen.
»Verpiss dich, du Mistkerl!«, gehörte noch zu den harmlosesten Vulgärattacken, die mir in die Ohren stachen. Doch auch das übrige Geschrei war alles andere als nett gemeint.
»He, Mann! Was für ein Hurensohn bist du? Was willst du von uns?«
»Unschuldige Weiber anmachen, was?«
»Dich an wehrlosen Girls vergreifen, he?«
»Elender Sextäter!«
»Nimm die Finger weg, oder du kriegst was drauf!«
Fast hätte ich gegrinst, weil ich absolut regungslos zwischen den Dränglerinnen ausharrte. Aber schon im nächsten Moment musste ich erkennen, dass ich nicht den geringsten Grund hatte, meinen Spott zu entfalten, denn diese Megären waren völlig humorlos. Wohl deshalb begnügten sie sich nicht mehr mit Wortangriffen. Unvermittelt zuckten kleine Fäuste auf mich zu. Erst waren es nur Tupfer, als wollten sie mich necken oder kitzeln.
Ich sah Phil. Er kam vom Boulevard her. Ohne zu zögern, lief er auf den Pulk der Girls zu, die Felipe Bogado fortzuschaffen versuchten. Sofort stimmten sie wildes Geschrei an wie ihre Gefährtinnen. Drei von ihnen bildeten eine Abwehrfront, während die beiden anderen Jessicas Ex-Freund gepackt hielten und ihn zwei Schritte hinter die Front zogen.
Jessica selbst vermochte ich nach wie vor nicht unter den Mädchen zu erkennen. Umso wichtiger war es für uns, dass Felipe uns nicht durch die Lappen ging. Wir wollten von ihm selbst hören, wie seine letzte Begegnung mit Patricia Franklin abgelaufen war.
Ich fackelte nicht lange und begann, mich freizuschaufeln. Mit sanfter Gewalt versuchte ich, aus der Umzingelung freizukommen, um Phil zu Hilfe zu eilen und Felipe Bogado festzunehmen. Mein Versuch löste wütende Schreie aus, und die Faust-Tupfer verwandelten sich in bösartige Hiebe. Zusätzlich kamen empfindlich harte Handkanten ins Spiel, die meine Armmuskeln trafen.
Es fing an, unangenehm zu werden, und ich konnte sehen, dass es Phil nicht besser ging. Wegen des Faust- und Handkantengewirbels bemerkte ich erst in letzter Sekunde ein hochruckendes Knie. Es kam brutal und knallhart. Mit einer
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