Jerry Cotton - 2912 - Blutschwur
entgegnete ich. »Aber plötzlich fällt Ihre eigene Schwester Ihnen in den Rücken und will gegen ihren Freund, den Boss der Big Apple Bandits , aussagen. Hat Julie Ihnen dadurch nicht Ihre schöne Geschäftsverbindung zerstört?«
»Nein, überhaupt nicht«, behauptete Bruce Lonnegan. »Sicher, ich konnte nicht verstehen, warum Julie plötzlich mit den Cops und dem FBI zusammenarbeiten wollte. Aber ich bin nicht blöd, verstehen Sie? Ich habe meiner Schwester überhaupt nicht verraten, dass ich bei den Rockern Schwarzgeld investiere. Sie wissen doch, wie die Frauen sind. Wenn Julie sich irgendwo verplappert hätte, dann wäre ich in Teufels Küche gekommen. Ich hatte immer nur direkt mit Clark Dobson und seinem Stellvertreter Greg Shawn zu tun. Und nachdem Dobson von Ihnen eingesperrt wurde, liefen meine Geschäfte ganz normal mit Shawn weiter.«
Ich überlegte. Ob Bruce Lonnegan in diesem Punkt die Wahrheit sagte? Ich hielt ihn für einen Gauner, aber nicht unbedingt für einen eiskalten Killer. Eigentlich traute ich es ihm nicht zu, in die Ermordung seiner eigenen Schwester verwickelt zu sein. Aber momentan sah es nicht danach aus, dass Julie überhaupt tot war.
»Wenn Sie wissen, wo sich Ihre Schwester aufhält, dann sollten Sie es uns jetzt sagen«, betonte ich. »Wenn Sie uns noch einmal hinters Licht führen wollen, wird sich das auf Ihr Strafmaß gar nicht gut auswirken. Die Geschworenen verstehen da keinen Spaß.«
»Ich weiß nicht, wo Julie abgeblieben ist, Agent Cotton. Ich habe von meinen Eltern gehört, dass Sie kurzzeitig glaubten, die Leiche meiner Schwester gefunden zu haben. Inzwischen hat sich das ja wohl als Irrtum herausgestellt. Ich hatte keinen Grund, Julie aus dem Weg zu räumen. Für mich lief doch alles gut mit den Big Apple Bandits , trotz der Mordanklage gegen Clark Dobson.«
***
Wir machten eine kurze Verhörpause in der Kantine. Ich sorgte dafür, dass dem Verdächtigen auch Kaffee und Sandwiches in den Verhörraum gebracht wurden.
»Bruce Lonnegan hat Dreck am Stecken«, meinte Phil, während er einen Donut kaute. »Und er hatte auch ein Motiv, seine Schwester verschwinden zu lassen. Wenn Julie gegen den Bandits-Boss ausgesagt hätte, wäre dadurch die ganze Rockerbande geschwächt worden. Und schon hätte sich das einträgliche Nebengeschäft unseres Investmentbankers in Luft aufgelöst.«
»Das stimmt. Aber du weißt auch, dass Julie Lonnegan von Jim McCay und Roger Hill gekidnappt worden ist. Wo siehst du die Verbindung zwischen Bruce Lonnegan und diesen beiden Männern? Sie gehören jedenfalls nicht zu den Big Apple Bandits .«
»Okay, aber Roger Hill ist ein Mitglied der Jersey Kings . Vielleicht hat ja Bruce Lonnegan auch mit der Gang aus New Jersey krumme Geschäfte gemacht.«
Doch Phil klang jetzt schon weit weniger überzeugt als noch vor wenigen Augenblicken. Falls es eine Verbindung zwischen Julie Lonnegans Bruder und der New-Jersey-Bande gab, dann mussten wir das erst einmal beweisen. Zum Glück hatte sich Mr High in der Zwischenzeit schon um einen Durchsuchungsbefehl für die Apartments von Bruce Lonnegan und Greg Shawn bemüht. Während Phil und ich das Verhör fortsetzten, suchten die Kollegen von der Scientific Research Division dort bereits nach Indizien und weiteren Hinweisen.
Wir nahmen Bruce Lonnegan weiterhin in die Zange. Doch er blieb bei seiner Behauptung, nichts über den Aufenthaltsort seiner Schwester zu wissen. Ich musste mich einstweilen auf meine Menschenkenntnis verlassen. Der Banker kam mir in diesem Punkt glaubhaft vor. Doch letztlich zählten für uns nur die Fakten.
Wir ließen Bruce Lonnegan wieder in die Arrestzelle zurückbringen, wo er auf seinen Haftprüfungstermin warten konnte. Stattdessen nahmen wir uns Greg Shawn vor.
»Wenn Sie schweigen wollen, dann ist das Ihr gutes Recht«, sagte ich zu dem Rocker-Vize, als wir ihm in einem Verhörraum gegenübersaßen. »Aber ich kann Ihnen verraten, dass Ihr Kumpan Bruce Lonnegan schon geständig ist. Wo haben Sie denn das Schwarzgeld investiert, das er Ihnen überlassen hat? In Ihren Bordellen?«
Der glatzköpfige Shawn grinste grimmig.
»Lonnegan ist ein Weichei. Ich hätte mir denken können, dass er sofort singt, wenn ihn ein Agent auch nur böse anschaut. Bei mir funktioniert das nicht.«
»Wie Sie wollen, Shawn. Sie sollten eigentlich wissen, dass ein Geständnis Ihre Lage nur verbessern kann. Früher oder später werden wir Julie Lonnegan finden, auch ohne Ihre Hilfe.«
Der
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