Jerry Cotton - 2915 - Wer tot ist kann nicht sterben
hat er seinen Fall abgeschlossen und kann uns helfen?«
»Fragen wir bei Mister High nach«, sagte ich.
Ein kurzer Anruf klärte die Situation. Zeery hatte seinen Fall tatsächlich abgeschlossen und war heute wieder im Field Office erschienen. Wir riefen ihn an und er erklärte sich bereit, uns zu unterstützen.
»Es geht also um einen Indianer aus Fort Berthold, der jetzt in New York lebt und sich weigert, mit euch zu reden?«, sagte Zeery nach einer kurzen Begrüßung.
»So ist es«, bestätigte Phil.
Wir machten unseren indianischen Kollegen in wenigen Minuten mit den wichtigsten Fakten unseres Falles vertraut.
»Gut möglich, dass ich es schaffe, ihn zum Reden zu bringen«, sagte er. »Einige Mitglieder meines Volkes hegen eine ziemliche Abneigung gegen Staatsvertreter. Ich will sehen, was ich tun kann. Am besten rede ich allein mit ihm.«
Er betrat das Verhörzimmer, in dem Kleiner Wolf saß, und schloss die Tür hinter sich.
»Bin gespannt, ob er bei ihm was erreicht«, meinte Phil.
»Es ist ein Versuch«, sagte ich. »Solange er Zeery als einen der Seinen sieht und nicht als Staatsbeamten, stehen die Chancen gut.«
Es dauerte eine gute Viertelstunde, dann erschien unser Kollege wieder vor der Tür des Verhörzimmers und lächelte. »Ihr könnt jetzt reinkommen.«
Wir betraten den Raum. Kleiner Wolf sah lockerer aus als vorher.
»Zeerookah vom Volk der Cherokee hat mir versichert, dass ihr gute und ehrliche Männer seid, denen ich vertrauen sollte«, sagte er. »Daher werde ich eure Fragen nun beantworten.«
Phil schaute ein wenig überrascht drein, ich ließ mir nichts anmerken.
»Sternentänzerin«, sagte ich. »Sie soll hier in New York sein. Was wissen Sie über sie?«
»Ich kenne sie aus dem Reservat«, antwortete Kleiner Wolf. »Sie ist zu einer schönen Frau herangewachsen. Vor ein paar Tagen kam sie zu mir. Sie berichtete, dass sie Roter Panther suchen würde, der genau wie ich nach New York gekommen sei. Ich wusste nicht, wo er war, ließ sie aber bei mir wohnen. Als wir von Roter Panthers Tod hörten, half ich ihr, ein Versteck zu finden, da wir befürchteten, dass auch ihr Leben in Gefahr sein könnte. Daher habe ich heute Morgen gesagt, dass ich sie nicht kennen würde. Und deshalb bin ich weggelaufen, als Sie wieder bei mir auftauchten. Ich wollte sie schützen.«
»Das ist verständlich«, sagte ich. »Wir müssen aber dringend mit ihr reden, denn ihre Aussage ist für die Ermittlungen von größter Wichtigkeit.«
Er schaute mir direkt in die Augen. »Sagen Sie mir, dass Sie ihr nichts tun werden!«
»Das werden wir nicht«, sicherte ich ihm zu.
Er nickte, schaute zu Zeery hinüber und überlegte einen Augenblick. »Gut, dann werde ich Sie zu ihr führen.«
»In Ordnung«, sagte ich. »Wir fahren zusammen hin.«
»Ihr kommt dann ohne mich klar?«, fragte Zeery.
»Ja, ich denke schon«, erwiderte Phil.
»Gut, viel Erfolg«, sagte er und verabschiedete sich von Kleiner Wolf und uns.
Wir nahmen Kleiner Wolf die Handschellen ab und brachten ihn zum Jaguar.
»Wo müssen wir hin?«, fragte ich.
»Nach Brooklyn, zu dem Haus, in dem ich wohne«, antwortete er.
***
Inzwischen hatte die Rushhour begonnen, sodass unsere Fahrt relativ lange dauerte. Als wir endlich das Haus auf der Atlantic Avenue erreicht hatten, war es bereits fünf. Wir stiegen aus und Kleiner Wolf ging vor, in das Haus, das Treppenhaus nach oben und aufs Dach. Dort befand sich ein kleiner Verschlag.
»Namida, hier sind zwei Männer vom FBI, die dich sprechen wollen«, sagte Kleiner Wolf. »Ich denke, dass wir ihnen vertrauen können.«
Einen Augenblick lang geschah nichts. Dann zeigte sich eine junge Frau. Es war Sternentänzerin. Sie sah geschafft aus, ihre Kleidung wirkte unordentlich, als ob sie darin geschlafen hätte.
»Bist du sicher?«, fragte sie.
»Ziemlich sicher«, antwortete er. »Sonst hätte ich sie nicht hierhergebracht.«
Sie kam langsam näher. Von der Gestalt her war sie eher schlank und zierlich, aber sicher stark genug, um einem unvorbereiteten Mann eine Klinge in den Bauch zu rammen. Offenbar war ihr kalt, denn sie zitterte. Oder war es Furcht?
Als sie bis auf drei Meter an uns herangekommen war, blieb sie stehen. »Nun, hier bin ich. Über was wollen Sie mit mir reden?«
»Über Roter Panther«, antwortete ich.
Ihre Lippen fingen an zu beben. »Er ist tot.«
Dann zeigte sich Trauer in ihrem Gesicht. Doch war es echte Trauer? Oder spielte sie uns nur etwas vor?
»Begleiten Sie uns
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