Jerry Cotton - 2916 - Das Marlin-Projekt
FBI-Marke und stellte sich vor. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir kurz reinkommen?«
Einen Moment überlegte die Lady, dann seufzte sie leise und öffnete die Tür zum Zeichen, dass die ungebetenen Gäste eintreten durften.
»Danke, Ma’am«, rang sich Les Bedell ab, während er die Tür hinter sich ins Schloss zog.
Joe kam gleich zur Sache. »Wir suchen Ihre Tochter. Wir glauben, dass sie vielleicht wertvolle Informationen für uns hat und unter Umständen vielleicht sogar in Gefahr schwebt. Es geht um Vorkommnisse im Beddingfield Marine Research Institute . Vielleicht haben Sie davon gehört.«
Wieder überlegte die Seniorin einen Moment, dann legte sie ihren Kopf leicht zur Seite und nickte kurz. So, als habe sie einen Entschluss getroffen.
»Cass, komm mal runter!«, rief sie laut, ohne Joe Brandenburg dabei aus den Augen zu lassen. Mit leiser Stimme fügte sie hinzu: »Ich hoffe, Ihre Marken sind echt. Nicht, dass ich meine Tochter in Schwierigkeiten bringe …«
***
Helen, Mr Highs Sekretärin, winkte uns gleich durch ins geräumige Büro des Chefs. Ich klopfte, öffnete die Tür – und traute meinen Augen nicht. Ich erkannte den Mann, der neben Mr High in der Besprechungsecke saß, auf den ersten Blick wieder. Es handelte sich um niemand anderen als den ominösen Burschen, der am Vortag einen schokoladenbraunen Anzug getragen und uns in Dr. Haighs Apartment mit seiner Waffe bedroht hatte.
»Scheint mir so, als hättest du gestern recht gehabt, Jerry«, knurrte Phil halblaut, aber laut genug, dass alle Anwesenden es verstehen konnten.
Der Kerl vom Vortag, der heute einen schwarzen Anzug trug, und Mr High erhoben sich, um uns zu begrüßen.
»Nichts für ungut wegen gestern, aber wir konnten ja nicht ahnen, dass Sie so schnell da auftauchen würden«, sagte er, wieder mit fester, jugendlich klingender Stimme.
Ich erwiderte den Händedruck kräftig, sagte aber nichts. Ich fand, es war an ihm, uns etwas zu erklären.
Doch nicht der große Unbekannte, sondern Mr High ergriff das Wort. »Das ist ein Mitarbeiter aus der obersten Etage der Navy.«
»Ja«, bekräftigte dieser nickend, »nennen Sie mich bitte Mister White.«
»Und von welchem Verein sind Sie? Marinegeheimdienst? Militärpolizei?«, fragte Phil.
Doch White schüttelte nur den Kopf. »Tut mir leid, spielt keine Rolle und tut nichts zur Sache.«
»Schon gut«, mischte ich mich ein, »wir ermitteln ja auch nicht gegen Sie, Sir. Soweit ich weiß.« Diesen kleinen Seitenhieb ließ ich mir nicht nehmen, doch White schien ihn mir gar nicht übelzunehmen.
»Das stimmt«, bekräftigte Mr High mit fester Stimme, »allerdings gibt es keinen Grund, meine Männer über irgendetwas im Unklaren zu lassen, Mister White. Im Gegenteil. Ich lege großen Wert auf ein transparentes Arbeiten, und ich kann mit Geheimnistuerei nichts anfangen. Mister White arbeitet für das ONI, das Office of Naval Intelligence.«
»Der Marinegeheimdienst – sag ich doch«, rief Phil.
»Das ONI mischt mit«, wiederholte ich, obwohl mir die Nachricht nicht neu war, »das bedeutet dann wohl, dass es tatsächlich um mehr geht als den Mord an zwei Wissenschaftlern und Wirtschaftsspionage, richtig?«
Helen kam herein und platzierte ein Tablett mit vier Tassen Kaffee vor uns auf der Glasplatte des Tisches.
»Mit Ihrer Erlaubnis, Mister High« – ich sah unseren Chef an und gab ihm kurz Gelegenheit, mich zu unterbrechen, was er aber nicht tat – »mich interessiert zunächst einmal, wieso und mit welcher Berechtigung das Office of Naval Intelligence in der Privatwohnung von Dr. Haigh ermitteln darf«, begann ich und sah den Navy-Agent mit prüfendem Blick an.
Unser Assistant Director nickte nur. »Wir sitzen hier zusammen, um alle offenen Fragen zu klären, Jerry. Jede Frage ist erlaubt.«
»Ja, jede Frage ist erlaubt«, entgegnete White mit leicht überheblichem Unterton, »aber natürlich kann ich Ihnen nicht jede Frage beantworten.«
»Was wissen Sie über Cercyon ?«, platzte es aus Phil heraus.
»Ich wusste, dass Sie das fragen würden, und ich weiß, dass meine Antwort Sie nicht zufriedenstellen wird. Aber Cercyon gibt es nicht. Cercyon ist eine Legende, ein Marine-Witz, eine Phantom-Gesellschaft, die seit den 1960er-Jahren immer wieder herhalten musste, wenn es in der Marine etwas zu verdecken gab.«
»Aber es gibt eine FBI-Akte zu Cercyon , und die ist so geheim, dass wir sie nicht sehen dürfen«, ergänzte Mr High ruhig. »Meine Erfahrung sagt mir, dass es
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