Jerry Cotton - 2923 - Die Rueckkehr des Kronzeugen
Blair.
June stieß einen anerkennenden Pfiff für seine Recherchearbeit aus.
»Das würde ich als gutes Ergebnis bezeichnen. Carmody hätte demnach ausgiebig von dem Netzwerk profitiert, das Sheldon damals hat auffliegen lassen«, stimmte June zu.
»Er hat es eben nur teilweise verraten, und wenn Carmody tatsächlich ein Teil davon war oder immer noch ist, hat er gute Gründe, Sheldon am Sprechen zu hindern«, ergänzte Blair.
Sie stellten ein aussagekräftiges Dossier zusammen und legten es Steve vor. Der las es sich durch und war davon überzeugt, dass June und Blair eine heiße Spur entdeckt hatten.
»Gute Arbeit. Wie seid ihr ausgerechnet auf Richard Carmody gekommen?«, wollte er wissen.
June schaute Blair auffordernd an, der nach kurzem Zögern seine Quelle verriet. Steve musterte den hochgewachsenen Kollegen neugierig, verkniff sich aber einen Kommentar.
»Dann solltet ihr dringend mit Mister Carmody sprechen. Ich bin sehr gespannt, was er zu seiner damaligen Verwicklung ins Netzwerk und der aktuellen Beziehung zu Ethan Sheldon zu sagen hat«, sagte er.
June und Blair versicherten sich, dass der Politiker in seinem Büro im Rathaus anzutreffen war. Sie verließen das Field Office und machten sich auf den Weg.
***
Dank der Auskünfte von Deputy Chief Hawn verfügten Les und Zeerookah über eine kurze Liste verdächtiger Polizeibeamter des Departments.
»Diese Männer und Frauen kommen alle durch ihre Stellung innerhalb der Hierarchie des NYPD als Verräter in Betracht«, sagte Les.
Zeery musste seinem Kollegen zustimmen. Im Prinzip bearbeiteten sie die Liste der Konferenz der Deputy Commissioners. In dieser Runde fielen nahezu alle maßgeblichen Entscheidungen, sodass der Verräter unmittelbar Zugang zu allen brisanten Informationen des Departments hatte. Dieses Wissen war für eine Menge Menschen ausgesprochen interessant, aber für die Unterwelt geradezu Gold wert.
»Wie kommen wir an die erforderlichen Daten heran, um mögliche Auffälligkeiten zu entdecken? Sobald wir über die offiziellen Kanäle gehen, alarmieren wir höchstwahrscheinlich den Verräter«, fragte Les.
Sie spekulierten eine Weile, welche Wege ihnen offenstanden. Schließlich einigten Les und Zeerookah sich auf ungewöhnliche Vorgehensweisen.
»Ich gehe ins Rathaus und schaue mir die Akten der Berufungskommission für die hochrangigen Posten des Departments im Archiv an«, sagte Les.
Zeery wollte im Field Office bleiben und sehen, ob er die Verdächtigen in Verbindung mit früheren Ermittlungen bringen konnte. Seine Idee war simpel und gut.
»So ein Verräter muss einfach Spuren hinterlassen. Wenn einer der Namen öfter dort in Erscheinung tritt, wo Ermittlungen besonders schwierig oder gar unmöglich wurden, nehme ich es als Indiz für seine Einflussnahme«, sagte er.
Beiden Ermittlern stand eine mühsame Aufgabe bevor, doch sie sahen in ihrem Vorgehen die beste Chance, dadurch nicht allzu viel Staub aufzuwirbeln. Les fuhr ins Rathaus und wies sich bei dem Angestellten im Archiv aus.
»Ich muss eine Routineüberprüfung durchführen. Dies sind die Akten der Kommission, die ich mir ansehen muss«, begründete er sein Anliegen.
Les hatte zwei Dutzend Namen aufgeführt, von denen die meisten für sein Vorhaben ohne jeden Belang waren. Dieses Täuschungsmanöver sollte dazu beitragen, dass niemand Verdacht schöpfte. Les konnte nicht ausschließen, dass seine Zielperson über ein eigenes Netzwerk an Informanten verfügte. Sollte sich jemand offensichtlich für ihn interessieren, würde eine Warnung an den hochrangigen Polizeibeamten herausgehen. Dieses Risiko wollte Les mit seiner Streuung der Akten minimieren.
»Sie können dort hinten am Tisch arbeiten, Agent Bedell«, sagte der Archivmitarbeiter.
Er hatte einen Bürowagen mit Akten neben den Tisch gerollt, an den Les sich nun zurückzog. Auf dem Weg dorthin ließ er seine Blicke durch den Raum wandern und entdeckte mehrere Überwachungskameras. Les musste also ein kleines Schauspiel aufziehen, damit sein eigentliches Interesse vor neugierigen Augen verborgen blieb. Er zog den Stuhl heran und griff sich die erste Akte. In den kommenden Stunden würde Les sich durch viele nutzlose Dokumente arbeiten, um seine Mission nicht zu gefährden. Den einzigen Trost, den er hatte, war der vergleichbar langweilige Job von Zeery.
»Wir suchen beide nach der berüchtigten Nadel im Heuhaufen. Wenigstens einer von uns sollte dabei erfolgreich sein«, dachte er.
***
Zunächst
Weitere Kostenlose Bücher