Jerry Cotton - 2923 - Die Rueckkehr des Kronzeugen
war? War es der gleiche Vorgesetzte, der die Akten als Verschlusssache eingestuft hatte?«, fragte Joe.
Der Deputy Chief musste nicht lange nachdenken, um die Fragen zu beantworten.
»Nein, das waren verschiedene Personen. Ich kann euch aber die Namen verschaffen«, sagte er.
Damit konnte eventuell der Kreis der Verdächtigen innerhalb des Departments erheblich eingeengt werden. Les war froh, dass Deputy Chief Hawn im richtigen Augenblick im Krankenhaus aufgetaucht war.
***
Schon als Blair in ihrem gemeinsamen Büro auftauchte, wusste June Bescheid. Ihr farbiger Partner verströmte Zufriedenheit aus allen Poren, so wie Blair es immer in gewissen Situationen tat.
»Wie ich sehe, hattest du einen netten Abend«, stellte June fest.
Blair ließ sich in den Schreibtischstuhl fallen und schaute sie mit gespielter Unschuld an.
»Was meinst du denn damit? Ich habe lediglich noch einen Schlummertrunk zu mir genommen und bin anschließend nach Hause gefahren«, erwiderte er.
June legte den Kopf leicht schräg.
»Du warst aber in guter Gesellschaft, während du dir einen Drink gegönnt hast«, sagte sie.
»Ja, natürlich. Die Bar ist ausgesprochen beliebt und fast immer jeder Platz am Tresen besetzt«, stimmte Blair zu.
June drohte ihrem Partner mit dem Zeigefinger.
»Spiel ja nicht den Dummen, Großer. Ich wette um ein Monatsgehalt, dass auf dem Barhocker neben dir eine gewisse Bezirksstaatsanwältin saß«, hakte sie nach.
Blair lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Er lächelte seine Partnerin amüsiert an.
»Du könntest dein Geld auch als Hellseherin verdienen, verehrte Kollegin. Ja, ich hatte gestern Abend das große Vergnügen, die Gesellschaft von Isabel Paredez zu genießen«, gab er zu.
Als Blair sich in Details verlieren wollte, winkte June schnell ab.
»Behalte deine amourösen Abenteuer bitte für dich. Wir sollten uns lieber wieder um den Fall kümmern«, sagte sie.
Blair hob abwehrend eine Hand hoch. »Ganz langsam, June. Es geht um unsere Ermittlungen. Ist dir der Name Richard Carmody geläufig?«, fragte er.
June zuckte mit den Achseln. »Carmody ist doch ein Politiker, der regelmäßig im lokalen Fernsehen zu allen möglichen Themen zu sehen ist«, antwortete sie.
»Genau den meine ich. Carmody gehörte damals zu dem Kreis möglicher Verdächtiger, doch es mangelte an Beweisen. Da auch von Sheldon der Name nicht ins Spiel gebracht worden ist, konnten die Kollegen dem Hinweis nicht weiter nachgehen«, erzählte Blair.
June leistete innerlich Abbitte. Offenbar hatte ihr Partner es verstanden, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Sie forschte in den alten Fallakten nach dem Namen des Politikers. Zu ihrer Überraschung tauchte Richard Carmody nirgends auf.
»Ohne den Tipp deiner Staatsanwältin wären wir niemals auf Carmody gekommen. Er muss dafür gesorgt haben, dass sein Name aus den früheren Ermittlungsakten getilgt wurde«, sagte June.
Beide Agents vertieften sich in die Aufgabe, ein umfassendes Profil von Carmody zu erstellen. Nach einer Stunde tauschten sie ihre Ergebnisse aus, die auf den ersten Blick eher enttäuschend wirkten.
»Er ist den typischen Weg gegangen. Zuerst hat er als Rechtsanwalt gearbeitet und nur nebenbei politische Ämter bekleidet. Diese Zeit hat Carmody genutzt, um seine Berufung in die Stadtverordnetenversammlung vorzubereiten. Es ist ihm bisher gelungen, allen Skandalen aus dem Weg zu gehen«, fasste June ihre Ergebnisse zusammen.
Zu ihrer Verwunderung wirkte Blair trotz dieser eher dürftigen Ergebnisse recht zufrieden.
»Wenn man seinen Werdegang aus diesem Blickwinkel betrachtet, gebe ich dir recht. Ich habe mich stärker darauf konzentriert, welche Funktionen Carmody während seiner politischen Tätigkeit ausgeübt hat. Dabei bin ich auf etwas sehr Interessantes gestoßen«, sagte er.
Blair hatte schnell erkannt, welches Spezialgebiet dem Angehörigen der Stadtverordnetenversammlung besonders am Herzen lag.
»Carmody war immer der richtige Ansprechpartner, wenn es um Geschäftsansiedlungen ging. Er hat auffällig viele umstrittene Projekte begleitet und meistens zu deren Umsetzung beigetragen«, erklärte er.
Junes Partner ratterte eine längere Liste von Unternehmensnamen herunter und gab am Ende eine stattliche Bilanzsumme der Firmen bekannt.
»Wenn Carmody für seine Tätigkeit jeweils nur zehn Prozent Provision von den Unternehmen eingestrichen hat, dürfte sein Konto sehr gut gefüllt sein«, sagte
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