Jerry Cotton - 2925 - Einmal zu viel getrickst
die Witwe einen Liebhaber hat.«
Jedenfalls bestätigte June uns, dass sie Florence Preston stets im Blickfeld hatte. Also kam die Witwe von Greg Preston als Mörderin von Simon Murphy nicht in Frage.
Am Tatort konnten wir einstweilen nichts mehr ausrichten.
»Wie wäre es mit einem Krankenbesuch in Rikers?«, sagte ich zu Phil, nachdem wir uns von den Cops verabschiedet hatten. »Ich bin gespannt, wie es dem Latino geht.«
»Gute Idee, könnte glatt von mir stammen.«
Doch zunächst rief ich in Rikers an und vergewisserte mich, dass der dort eingelieferte Ganove schon vernehmungsfähig war.
»Wenn die Befragung nicht zu lange dauert, können Sie zu ihm kommen, Agent Cotton«, sagte der Gefängnisarzt Doc Warren am Telefon. »Wir haben übrigens routinemäßig seine Fingerprints gecheckt. Der Bursche ist ein alter Bekannter. Sein Name lautet Jorge Esperanza.«
»Alles klar, Doc. Wir machen uns gleich auf den Weg zu Ihnen.«
***
Wenig später lenkte ich meinen Jaguar-E-Hybriden in Richtung der Gefängnisinsel, die von Queens aus über die Francis-Buono-Brücke zu erreichen ist.
Ich stellte meinen roten Flitzer auf den Besucherparkplatz. Nachdem wir diverse Sicherheitsschleusen hinter uns gebracht hatten, führte uns ein Justizangestellter zu Doc Warren. Wir gaben dem kahlköpfigen erfahrenen Gefängnisarzt die Hand.
»Ich kann Ihnen gestatten, fünf Minuten mit Esperanza zu reden, Agents. Er hat viel Blut verloren und bekommt jetzt Transfusionen. Er hatte eine Schussverletzung, die wir versorgt und genäht haben. Die Patrone steckte aber nicht in seinem Körper, es handelt sich um einen Streifschuss.«
Der Mediziner brachte uns höchstpersönlich zu dem vergitterten Krankenzimmer des Ganoven. Jorge Esperanza warf Phil und mir einen mürrischen Blick zu. Ich stellte Phil und mich offiziell vor. Dann sagte ich: »Heute ist Ihr Glückstag, Esperanza. Hier in Rikers wurde Ihre Wunde professionell behandelt. Bei einem Kurpfuscher wie Murphy hätten Sie sich eine Blutvergiftung holen können.«
»Murphy ist ein guter Arzt«, murmelte der Verbrecher. Besonders hell schien er nicht zu sein. Gerade hatte Esperanza indirekt zugegeben, bei dem alkoholkranken Ex-Doktor medizinische Hilfe gesucht zu haben.
»Wo haben Sie sich die Kugel eigentlich eingefangen?«, wollte Phil wissen. Der Kriminelle verzog den Mund.
»Sie werden es ja früher oder später doch erfahren, Agents. – Ich wollte in der Lexington Avenue einen Schnapsladen ausrauben. Aber der Besitzer hat gleich auf mich geballert, als ich meine Knarre zog. Er traf mich sofort, der blöde Hund. Da wollte ich zu Doc Murphy, damit er mich wieder zusammenflickt.«
Offenbar war der ehemalige Arzt unter den Verbrechern bekannt wie ein bunter Hund. Wir konnten Esperanza später immer noch fragen, wie sein Kontakt mit Murphy zustande gekommen war. Ich zeigte dem Ganoven ein Foto von Greg Preston.
»Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?«
Esperanzas Gesicht zeigte nun einen Ausdruck von Bauernschläue.
»Und wenn, Agent Cotton? Was springt für mich dabei heraus, wenn ich singe?«
»Agent Decker und ich werden bei Ihrem Prozess aussagen, dass Sie kooperativ waren«, erklärte ich. »Mehr kann ich Ihnen nicht versprechen. Aber Sie sind vorbestraft und brauchen jede Unterstützung, die Sie bekommen können.«
Der Ganove schien nachzudenken. Ich befürchtete schon, dass die fünf Minuten vorbeigehen würden, ohne dass wir ein brauchbares Ergebnis bekamen. Doch dann öffnete Esperanza wieder den Mund.
»Also gut, ich kenne den Kerl. Das heißt, kennen ist zu viel gesagt. Ich habe ihn gesehen, als ich das letzte Mal zu Doc Murphy wollte. Da ist er mir entgegengekommen. Ich habe noch gedacht, dass dieser Typ nicht zu Doc Murphy passt.«
»Wieso?«
»Der Kerl auf dem Foto ist so ein richtiger Gentleman im Maßanzug gewesen, verstehen Sie? Zu Doc Murphy kommen sonst nur solche Leute wie ich, die für ein paar Dollar ohne große Fragen behandelt werden wollen.«
Meine Menschenkenntnis sagte mir, dass Esperanza uns alles mitgeteilt hatte, was er wusste. Gleich darauf erschien ohnehin der Gefängnisarzt und bat uns zu gehen.
»Mein Patient braucht jetzt Ruhe. Sie können ihn ja weiter vernehmen, sobald er in die normale Untersuchungshaft verlegt wird.«
Wir verließen Rikers mit gemischten Gefühlen.
»Immerhin wissen wir nun, dass Preston und Murphy nicht nur telefonisch miteinander zu tun hatten, Jerry.«
»Ja, Phil. Aber worin bestand die Verbindung
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