Jerry Cotton - Folge 2860 - Cotton, J: Jerry Cotton - Folge 2860
kannten? In Ihrem Job haben Sie es gewiss mit sehr vielen Menschen zu tun. Es wäre deshalb denkbar, dass Sie sich vielleicht nicht sofort an ihn erinnern.«
Die Maklerin schüttelte den Kopf.
»Ich habe ein gutes Personengedächtnis. Deshalb bin ich mir hundertprozentig sicher, diesen Mann noch niemals gesehen zu haben. Auch sein Name sagt mir nichts.«
Ich tat so, als ob ich Emily O’Connor glauben würde. Auch sie bekam von mir eine Visitenkarte. Allerdings glaubte ich bei ihr noch weniger als bei dem Zeitungsjungen, dass sie mich anrufen würde. Doch es gab einen entscheidenden Unterschied zwischen Leslie Banners und Emily O’Connor. Bei dem schlaksigen Teenager war ich mir sicher, dass er uns alles gesagt hatte, was er wusste. Die Immobilienmaklerin hielt ich hingegen für eine Lügnerin.
Momentan konnten wir hier in Queens nichts mehr ausrichten. Nachdem uns die Detectives vom NYPD offiziell den Fall übergeben hatten, verabschiedeten wir uns von Amy Russell und Bruce Vosper.
»Viel Glück, Jerry und Phil«, sagte Amy augenzwinkernd. »Vielleicht sieht man sich ja bald mal wieder, und dann hoffentlich unter erfreulicheren Umständen.«
Als wir wieder in meinem roten Boliden saßen, konnte Phil nicht mehr an sich halten. Sein Gesicht war gerötet, und das lag gewiss nicht nur an der Hitze im Wageninneren. Mein Jaguar hatte immerhin in der prallen Sonne gestanden.
»Die O’Connor lügt doch wie gedruckt, Jerry. Auf den ersten Blick sieht sie aus, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte. Aber ich wette, dass sie Einauge kannte.«
»Ich widerspreche dir nicht, Phil. Verliebt war sie wohl nicht in ihn, sonst hätte sie anders reagiert. Aber es muss eine Verbindung zwischen den beiden geben. Vielleicht ist Emily O’Connor in Einauges kriminelle Machenschaften verwickelt. Sie könnte seine Komplizin sein.«
»Ja, das sehe ich auch so. Zuerst dachte ich, der Killer hätte die Leiche in einer zufällig leerstehenden Garage abgelegt. Aber die Maklerin kannte Einauge, da bin ich mir hundertprozentig sicher.«
***
Wir kehrten erst mal zur Federal Plaza zurück, um unserem Chef die neuesten Entwicklungen mitzuteilen. Assistant Director High hatte sofort Zeit für uns. Phil und ich nahmen in den Besucherstühlen vor seinem penibel aufgeräumten Schreibtisch Platz. Nachdem Helen uns ihren köstlichen Kaffee serviert hatte, kam ich sofort zur Sache. Mr High hörte konzentriert zu, während ich die Fakten schilderte.
»Keith Garland alias Einauge wurde also erschossen. Steht der Mord im Zusammenhang mit dem Raubüberfall auf den Geldtransport, Jerry?«
»Davon gehen wir im Moment aus, Sir. Allerdings werden wir auch in andere Richtungen ermitteln. Es gibt da eine Lady, die sich sehr verdächtig verhalten hat.«
Ich erzählte von der Maklerin Emily O’Connor. Phil ergänzte: »Wir haben seit Tagen intensiv versucht, Einauge aufzuspüren. Er war nach dem Raubüberfall auf der Flucht. Die O’Connor hat als Immobilienmaklerin natürlich Zugriff auf Hunderte von leerstehenden Häusern. Es dürfte für sie ein Leichtes sein, einen Gesuchten zu verstecken. Und dass wir hinter Einauge her waren, dürfte sich in der Unterwelt von New York City herumgesprochen haben. Schließlich haben wir bei vielen seiner Kumpane auf den Busch geklopft. Außerdem haben wir ja auch über die Medien nach ihm gefahndet, das konnte man nicht übersehen.«
»Warum ist der Verdächtige nach dem Raubüberfall in New York geblieben? Diese Frage erscheint mir ebenfalls wichtig, Jerry und Phil. Haben Sie schon Hinweise auf seine Komplizen?«
»Nein, Sir«, erwiderte ich. »Wir haben die Videos der Verkehrsüberwachung, auf denen die Straftat zu sehen ist, immer wieder ausgewertet. Drei Personen in Overalls und mit Motorradmasken haben den Geldtransport überfallen. Man kann noch nicht einmal genau sagen, ob es sich um Männer handelt. Einer von ihnen war Garland alias Einauge, das lässt sich schon durch die DNA-Spuren beweisen. Außerdem deuten Größe und Statur darauf hin. Aber die beiden anderen Täter könnten durchaus Frauen sein.«
Ein feines Lächeln erschien auf Mr Highs schmalen Lippen.
»Eine Bonnie-und-Clyde-Geschichte mit zwei Bonnies? Gewiss, das wäre möglich. Ich habe das Video ebenfalls gesehen, wie Sie wissen. Unter den unförmigen Overalls könnten sich sowohl männliche als auch weibliche Täter verbergen. Und laut den Aussagen der Security Guards war der größte Maskierte der Einzige, der überhaupt gesprochen
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