Jerry Cotton - Folge 2862 - Cotton, J: Jerry Cotton - Folge 2862
wenig entschieden – wie das oft der Fall ist, wenn eine Gruppe nicht gut durchstrukturiert ist. Somit hätten die Anwesenden ein Alibi. Da das Treffen in Brooklyn stattfand, kann auch keiner einfach mal kurz rausgegangen sein und Mister Roth quasi in der Toilettenpause ermordet haben. Was war denn die Tatwaffe?«
»Pfeil und Bogen«, antwortete Phil. »Klingelt da bei dir was? Macht einer der Leute vielleicht Sportbogenschießen? Oder steht jemand auf Robin Hood?«
McCormick überlegte einen Augenblick und sagte dann: »Nein, dazu fällt mir nichts ein. Es gibt eigentlich nur zwei Leute in der Gruppe, die vorbestraft und meiner Einschätzung nach potenziell gewaltbereit sind. Aber die waren bei dem Meeting dabei, kommen also nicht als Täter in Frage. Es könnte natürlich jemand sein, der nur am Rande mit der Bewegung zu tun hat.«
»Was ist mit dem Verfasser oder den Verfassern der Drohbriefe an die Banken?«, fragte ich ihn.
»Die wurden alle von Jess Moulder geschrieben, die eine der treibenden Kräfte der Gruppe ist. Aber auch sie war gestern beim Meeting anwesend. Außerdem ist sie eine eher zierliche Frau und völlig cool«, antwortete er.
»Ihr kennt die Verfasserin?«, fragte Phil überrascht. »Warum wurde sie nicht verhaftet?«
»Das hat zwei Gründe«, antwortete McCormick. »Zum einen ist es keine Straftat, anonyme Briefe zu schreiben. Wir haben die Texte von der Rechtsabteilung überprüfen lassen und hätten wenn überhaupt nur eine Verurteilung mit einer minimalen Strafe erzielt. Jess Moulder ist keine arme Frau. Und sie ist selbst Juristin. Zum anderen hätte ich dafür meine Tarnung aufgeben müssen, was vielleicht zu weiteren Komplikationen geführt hätte. Wir warten lieber weiter ab und schauen, was sich ergibt.«
»Das heißt also, dass es bei niemandem in der Bewegung einen klaren Tatverdacht gibt«, fasste Phil zusammen. »Oder anders ausgedrückt: Nichts, was wir verwenden können.«
»Sieht so aus«, erwiderte McCormick.
»Dann müssen wir unseren Ermittlungsradius ausweiten«, sagte ich zu Phil und wandte mich wieder an McCormick. »Halte bitte die Augen auf. Wenn ein Hinweis auftaucht, der mit dem Roth-Fall zu tun hat, gib uns sofort Bescheid.«
»Wird gemacht«, sagte McCormick. »Und viel Erfolg noch.«
»Wünschen wir dir auch«, sagte Phil, nachdem er den zweiten Hamburger vertilgt und seinen Teller geleert hatte.
Ich war ebenfalls fertig. Zusammen verließen wir das Happy Meal und gingen zurück zum Jaguar.
»Wenn McCormick recht hat, steckt keiner der Occupy Wall Street -Bewegung hinter dem Mord«, sagte Phil, als wir wieder im Wagen saßen.
»Wenn er recht hat«, bestätigte ich. »Wobei ich auch nicht damit gerechnet hatte, den Täter in dem Bereich zu finden. Aber sicher ist sicher. Und wenn sich etwas ergibt, wird McCormick uns das mitteilen.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Phil. »Wir haben heute noch eine Menge Zeit.«
Ich startete den Motor. »Wir fahren zurück ins Büro und stellen intensive Nachforschungen über Roth und seine Bank an. Wer weiß, was wir hinter der schönen Fassade finden, wenn wir ein wenig genauer hinschauen.«
***
Im Büro angekommen, machten wir uns an die Arbeit. Wir überprüften alle Verwandten von Levi Roth genauer, vor allem seine Söhne und die Tochter. Danach auch die Leute, mit denen er Kontakt hatte. Wie wir dabei herausfanden, hatte er hervorragende Kontakte nach Washington – bis ins Verteidigungsministerium.
Aufgrund der Vollmachten, die das FBI seit einigen Jahren hatte, waren wir in der Lage, auf die Kontodaten der Bank zuzugreifen und so eine Liste der Kunden zu erstellen. Es waren weniger als bei einer gewöhnlichen Bank, dafür aber besser betuchte. Die Spanne reichte von arabischen Scheichs bis zu chinesischen Neureichen und beinhaltete natürlich auch viele wohlhabende US-Bürger. Wir ließen die Namen durch den Computer laufen und erhielten drei Treffer. Drei der Kunden der Bank waren vorbestraft.
»Interessant«, murmelte Phil, als er sich die Liste anschaute. »Du wirst nicht erraten, wer Kunde bei Roth war.«
Ich löste meinen Blick vom Bildschirm und schaute zu Phil herüber. »Spann mich nicht auf die Folter. Wer ist es?«
»Alfonso Riguera«, antwortete Phil bedeutungsvoll.
»Etwa der Alfonso Riguera?«, fragte ich überrascht.
»Genau der«, sagte Phil. »Und er hatte eine Menge Geld bei Roth gebunkert – über zwei Millionen Dollar.«
Scheinbar hatte Roth nicht alle seine Kunden
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