Jerry Cotton - Folge 2862 - Cotton, J: Jerry Cotton - Folge 2862
machte das unmöglich.
Es dauerte fast fünf Minuten, bis sie wieder sprach. »Was ist geschehen?«
»Genau das versuchen wir herauszufinden«, antwortete ich. »Was wir bisher wissen, ist, dass er von einem unbekannten Täter bei seinem abendlichen Spaziergang getötet wurde. Als Waffe wurde wahrscheinlich ein Bogen benutzt.«
Wieder lief ihr ein Schwall Tränen aus den Augen. »Hat er leiden müssen?«
Ich schüttelte bedächtig den Kopf. »Nein, so wie es aussieht, ging alles ganz schnell.«
»Das ist gut«, schluchzte sie. »Und ich habe ihm immer gesagt, dass er nicht allein im Park spazieren gehen soll. Aber ihm war das egal. Bei solchen Sachen hörte er nicht auf mich – auf niemanden.«
»Ich kann Ihre Trauer nachvollziehen«, sagte ich mitfühlend. »Um den Fall möglichst schnell aufklären zu können, würden wir Ihnen und Ihren Kindern gern ein paar Fragen stellen.«
»Ja, ja, das verstehe ich«, erwiderte sie geistesabwesend. »Aaron ist morgen früh hier, genau wie Jakob. Ich kann Binah anrufen, dann können Sie mit ihnen reden. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie morgen früh wiederkommen würden, ich fühle mich ein wenig unwohl. Wäre das möglich?«
»Natürlich«, sagte ich. »Wäre Ihnen gegen zehn recht?«
Sie nickte und stand dann auf. »Ja, ich werde das entsprechend vorbereiten.«
Wir verabschiedeten uns von ihr und wurden dann vom Butler hinausbegleitet.
»Das hat sie ganz schön getroffen«, bemerkte Phil, als wir wieder im Wagen saßen. »Was ich gut nachvollziehen kann. Die beiden waren rund vierzig Jahre verheiratet und haben bestimmt einiges durchgemacht. Und dann so etwas. Das kann einem jeden Lebensmut nehmen. Gut, dass du nicht auf einer Befragung bestanden hast.«
»Sie erweckte nicht den Eindruck, wirklich vernehmungsfähig zu sein. Und da die Kinder morgen hier sind, müssen wir ohnehin noch mal vorbeikommen.«
Wir fuhren zurück nach Manhattan. Während der Fahrt unterrichtete Phil Mr High über die aktuelle Sachlage. Wir vereinbarten, am nächsten Tag direkt zum Anwesen der Roths zu fahren und erst später zum Field Office zu kommen.
Ich brachte Phil nach Hause und fuhr dann zurück in mein Apartment.
***
Am nächsten Morgen machte ich mich zur gewohnten Zeit auf den Weg. Phil wartete schon am Treffpunkt und begrüßte mich gut gelaunt.
»Bei so einem Wetter mache ich gern eine Spritztour nach Long Island«, sagte er.
»Bleibt nur zu hoffen, dass der Verkehr nicht zu dicht ist«, sagte ich.
Phil schaltete das Radio ein. »Gleich kommt die Verkehrsdurchsage. Mal sehen, wie es auf der Interstate 495 aussieht.
»Und im Queens Midtown Tunnel«, fügte ich hinzu.
Wir fuhren los, um keine Zeit zu verschwenden. Glücklicherweise hatten wir großzügig geplant, sodass wir trotz zweier Staus und stockendem Verkehr schon um viertel vor zehn am Ziel waren. Wir nutzten die Zeit, um uns die Gegend anzuschauen. Das Anwesen der Familie Roth war hermetisch abgeriegelt. Für einen Eindringling war es schwer, dort einzudringen. Vielleicht hatte der Täter deshalb den Central Park gewählt. Levi Roth in seinem Haus zu töten wäre weitaus schwieriger gewesen, vor allem wenn man vorgehabt hatte, ihn zu ermorden, ohne entdeckt zu werden.
Um Punkt zehn standen Phil und ich vor dem großen Tor und klingelten. Wie beim letzten Mal war es die Stimme des Butlers, die uns aus der Gegensprechanlage entgegenschallte.
»Sie wünschen?«, fragte er, als ob er nicht wüsste, wer wir waren.
»Zur Familie Roth«, antwortete ich. »Special Agents Decker und Cotton. Wir waren gestern Abend schon mal da.«
Ohne ein weiteres Wort wurde das Tor geöffnet und wir konnten eintreten.
Bei Tageslicht sah der Garten noch schöner aus als am Abend. Was mir aber besonders ins Auge fiel, waren die Autos, die jetzt auf dem Parkplatz rechts neben dem Haus standen: ein schwarzer Mercedes, ein Aston Martin und ein Lotus.
»Die waren gestern nicht da«, bemerkte Phil, der meinem Blick gefolgt war.
»Gehören wahrscheinlich den Kindern«, sagte ich.
»Aaron, Jakob und Binah«, nannte Phil die Namen der beiden Söhne der Familie und der Tochter. »Recht ungewöhnliche Namen.«
Ich nickte. »Alle jüdischen Ursprungs, würde ich sagen.«
»Wahrscheinlich«, meinte Phil. »Levi ist doch auch ein jüdischer Name, genau wie der Vorname der Frau, Irit.«
»Ich bin eher darauf gespannt, was für Menschen die Kinder sind«, sagte ich. »Wir sollten auf jeden Fall überprüfen, wer in die Fußstapfen
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