Jerry Cotton - Folge 2942: Das letzte Level ist der Tod (German Edition)

die Arme hinterm Kopf.
    »Die Spiele-Szene ist im Grunde relativ einfach strukturiert. Es gibt ein paar wenige wirklich kreative Köpfe. Der Rest besteht aus Trittbrettfahrern.«
    »Fast wie im richtigen Leben«, kommentierte ich trocken.
    »Richtig. Bis vor kurzem galt noch, dass die Firma, die einen Kreativen unter Vertrag hatte, ganz vorne mit dabei war und die Gewinne abgeschöpft hat.«
    »Klingt ganz vernünftig. Und das ist heute nicht mehr so?«
    »Sagen wir, die Szene ist im Umbruch. Früher kam ein neues Spiel raus, und wenn es erfolgreich war, hat die Konkurrenz es schamlos kopiert.«
    »Gibt es nicht so was wie ein Urheberrecht?«
    Steve verdrehte die Augen.
    »Wie naiv bist du eigentlich, Jerry? Hier eine kleine Änderung, dort eine leichte Variation – schon kann dir niemand mehr nachweisen, dass du kopiert hast. Auf die Weise haben Tausende kleine Firmen am Erfolg des Originals mitverdient.«
    »Und du sagst, das ist heute anders?«
    »Ich sage nicht, dass nicht mehr kopiert wird. Im Gegenteil. Heute kann es passieren, dass die Kopie vor dem Original auf den Markt kommt.«
    Ich verstand sofort, was Steve meinte.
    »Du sprichst von Industriespionage?«
    Steve nickte ernst.
    »In einer Zeit, in der nationale Geheimdienste den elektronischen Informationsfluss ganzer Länder kontrollieren, ist es nur logisch, dass auch Unternehmen versuchen, die Geheimnisse der Konkurrenz auszuspionieren. Zumal in einem Markt, wo die Umsätze in die Milliarden gehen.«
    »Mit anderen Worten, FrogMaster gehört zu den schwarzen Schafen, die sich solcher illegaler Mittel bedienen?«
    »Das letzte Spiel, mit dem sie Hunderte Millionen Dollar verdient haben, war definitiv eine Kopie.«
    »Du meinst Dreamcoast ?«
    »Genau. Dreamcoast war in Dramaturgie, Grafik und Sound hundertprozentig abgekupfert von Black Wizard . Jeder wusste das, aber den meisten Gamern ist so was egal. Sie wollen spielen, alles andere interessiert sie nicht.«
    »Wer hat Black Wizard entwickelt?«
    »Die Firma nennt sich X-Games. Sie gehört zu den wenigen wirklich kreativen in diesem Geschäft.«
    »Und war in diesem Fall der Leidtragende?«
    »Hundertprozentig. Durch die Kopie, die einige Tage früher in die Geschäfte kam, hat X-Games viel Geld verloren.«
    »In Zahlen?«
    »Schwer zu sagen. Aber ein bekanntes Ego-Shooter-Spiel, das vor zwei Monaten rauskam, hat allein am ersten Verkaufstag 400 Millionen Dollar umgesetzt.«
    Ich stieß einen anerkennenden Pfiff aus.
    »Übrigens steht gerade jetzt der zweite Akt dieses Dramas auf dem Spielplan«, erklärte Steve. » X-Games hat vor wenigen Wochen angekündigt, in diesen Tagen ihr neues Spiel rauszubringen. Es nennt sich Wings of Hell und soll völlig neue Dimensionen im Bereich der Adventure-Games eröffnen. Die ganze Szene wartet bereits wie elektrisiert auf diesen Knaller.«
    »Du sprichst natürlich nicht von dir«, neckte ich meinen Kollegen.
    Steve grinste schief. »Okay, ich habe ein Exemplar vorbestellt. Soweit mir bekannt ist, widerspricht das keineswegs unseren Dienstvorschriften.«
    »Das habe ich auch nicht behauptet«, lächelte ich. »Aber du sprachst vom zweiten Akt eines Dramas.«
    »Allerdings. Denn es wird gemunkelt, dass FrogMaster den eigentlichen Entwicklern des Spiels genau wie vor einem Jahr mit einer abgekupferten Version zuvorkommen will.«
    Plötzlich erinnerte ich mich daran, wie nervös Tian Woo geworden war, als es um den Termin der Präsentation seines neuen Spiels ging. Jetzt war mir klar, warum ihm das so wichtig war. Es ging um Hunderte von Millionen Dollar.
    »Kannst du dir vorstellen, dass der Mord an Hu Dong damit im Zusammenhang steht?«
    »Absolut«, sagte Steve Dillaggio sofort. »Habgier ist ein klassisches Mordmotiv. Vielleicht wollte jemand auf diese Weise erreichen, dass FrogMaster den Termin der Präsentation verschieben muss. Soweit ich weiß, handelt es sich um eine relativ kleine Firma. Wer weiß, ob sie den Verlust ihres Chefs kompensieren können.«
    Sie konnten, daran hatte ich nicht den geringsten Zweifel.
    »In dem Fall wäre der Mörder von Hu Dong also im Umfeld des direkten Konkurrenten von FrogMaster zu suchen.«
    »Davon würde ich ausgehen«, nickte Steve bekräftigend.
    »Wie war noch gleich der Name der Firma?«
    » X-Games. «
    »Und wem gehört die Firma?«
    »Einem gewissen Matt Crown.«
    ***
    Yao hatte schon viele Toilettenjobs gemacht in seinem Leben, aber der Job im Marriott Downtown war die absolute Krönung. Als er ihn vor zwei Jahren