Jerry Cotton - Folge 2942: Das letzte Level ist der Tod (German Edition)
Nachbarschaft brannte Licht. Auch auf den Straßen war niemand zu sehen. Nur wenige Eingangsbereiche wurden von der Außenbeleuchtung erhellt, die meisten Häuser lagen in völliger Dunkelheit.
Auch die Zieladresse: Laurie Boulevard Ecke Ronnie Street.
Ein nettes Einfamilienhaus mit adrett bepflanztem Rundum-Vorgarten und rot gepflasterten Wegen. Im Garten unter einer alten Eiche stand eine Hollywoodschaukel mit grün-violetten Stoffbezügen. Vor der Garagenzufahrt stand ein 7er-BMW mit abgedunkelten Scheiben. Alles genauso, wie der Anrufer gesagt hatte.
Yao parkte den CUV am Straßenrand. Es war genau 3.21 Uhr. Er stieg aus, die anderen folgten ihm. Er öffnete den Kofferraum und verteilte die Bazookas. Dann deutete er auf den Koreaner und den Chinesen und zeigte zum Laurie Boulevard. Die beiden Taiwanesen bezogen Position auf der Ronnie Street.
Yao selbst postierte sich mitten auf der Kreuzung. Er ließ den Männern zwei Minuten, um ihre Waffen einsatzbereit zu machen. Dann zückte er sein Handy, stellte den Lautsprecher auf volle Lautstärke und rief eine MP3-Datei auf.
Die schrillen Fanfaren der Waldhörner zerrissen die nächtliche Stille. Wagners Walküren begannen ihren Ritt.
Und 5 Bazookas wurden gleichzeitig abgefeuert.
Der ohrenbetäubende Donnerschlag ließ die vornehme Siedlung erzittern. Zehn Sekunden später krachte die nächste Salve, dann folgte eine dritte.
Als der Rauch sich verzog, war von dem Haus auf der Ecke nur noch ein Haufen glühender Asche übrig.
***
Als ich Phil am nächsten Morgen an der üblichen Stelle abholen wollte, wartete ich vergebens. Sein Handy war ausgeschaltet, und ich machte mir ernsthaft Sorgen, denn ein solches Verhalten war absolut untypisch für ihn. Wäre er krank oder aus anderen Gründen verhindert, hätte er mir auf jeden Fall Bescheid gegeben.
Nachdem ich zwanzig Minuten gewartet und ihm mehrfach auf die Mailbox gesprochen hatte, fuhr ich los – und traf im Büro auf meinen zerknirschten und im wahrsten Sinn des Wortes zerknitterten Partner. Das Hemd hing ihm aus der Hose, die Socken lagen auf dem Boden und die Haare standen ihm wirr vom Kopf ab.
»Ich hab gestern Abend noch ein wenig recherchiert«, erklärte er. »Als ich schließlich nach Hause fahren wollte, ist mir die defekte Klimaanlage wieder eingefallen. Im Laufe des Tages hatte sich meine Wohnung garantiert in einen Backofen verwandelt, ohne Klimaanlage würde es dort nicht auszuhalten sein. Und an Schlaf würde erst recht nicht zu denken sein.«
Phil bemerkte meinen kritischen Blick und strich sein Hemd glatt.
»Ich habe an Tian Woo gedacht, der die letzten Nächte in der Firma verbracht hat. Es war schon kurz nach eins. Die Fahrt nach Hause hätte sich sowieso nicht mehr gelohnt. Also habe ich mir hier ein Lager aufgeschlagen und bei angenehmen 21 Grad geschlafen wie ein Murmeltier.«
»Hättest du mir eine kurze SMS geschickt, wäre das auch überhaupt kein Problem gewesen«, bemerkte ich, und damit war die Sache erledigt.
Während Phil sich auf der Toilette frisch machte – für Notfälle hatten wir immer eine Zahnbürste und Rasierzeug im Schreibtisch –, besorgte ich Kaffee aus dem Automaten und checkte meine Mails.
Janice hatte den abschließenden Obduktionsbericht zu Hu Dong geschickt. Ich überflog ihn kurz, er enthielt nichts, was wir nicht schon wussten.
Phil kam zurück und sah wieder wie ein Mensch aus.
»Dann schieß mal los, was hast du gestern Abend alles rausgefunden?«
Phil verschränkte die Arme hinterm Kopf und lehnte sich zurück.
»Nichts, was uns direkt weiterbringt«, dämpfte er meine Erwartungen. »Aber ich habe diesen Matt Crown mal unter die Lupe genommen. Du weißt schon, den Firmenchef von X-Games. Der große Konkurrent von FrogMaster. «
»Und? Ist die Spur vielversprechend?«
»Das kann man wohl sagen. Der Junge müsste eigentlich einen ziemlichen Hass auf Hu Dong haben. Erst klaut der Chinese ihm sein Spiel, indem er sich in seine Firmensoftware hackt. Und dann bringt er die Kopie auch noch vor dem Original auf den Markt. Das hat Matt Crown mehrere Hundert Millionen Dollar gekostet.«
Ich nickte nachdenklich.
»Und wenn ich Steve richtig verstanden habe, haben die Chinesen gerade vor, genau den gleichen Coup noch einmal zu landen.«
»Richtig. Das Ganze scheint ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu sein. Noch ist völlig offen, wer am Ende als Erster durchs Ziel geht.«
»Der Mord an Hu Dong war für die Leute von FrogMaster jedenfalls ein empfindlicher
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