Jerry Cotton - Folge 2942: Das letzte Level ist der Tod (German Edition)
stöhnte er und griff nach seiner Jacke. »Was hältst du vom Mezzogiorno ?«
»Einverstanden«, stimmte ich zu und warf meine Jacke über die Schulter.
Zwei Minuten später standen wir im Flur und warteten auf den Aufzug.
»Hübsches Ding«, sinnierte Phil. Ich sah ihn verwirrt an. »Diese Cynthia Hicks. Ihre rote Mähne ist eine Augenweide. Sie ist vielleicht ein bisschen zu jung für mich, aber ansonsten genau mein Typ.«
Am nächsten Tag würde er an diese Worte denken.
***
Immer wieder musste er sich die Bilder ansehen. Die rauchenden Trümmer. Der verbrannte Rasen. Der zerschmolzene Klumpen, der einmal sein BMW gewesen war. Und dann die Nachbarn. Manche von ihnen im Nachthemd. Leute, die er nie gesehen hatte. In Tränen aufgelöst. Nach Worten suchend. Um Fassung ringend.
Er nahm die Colaflasche vom Bord und sog an dem kirschroten Strohhalm. Seit dem frühen Morgen flimmerten die Bilder immer wieder über den Bildschirm. Long Island schien der Nabel der Welt zu sein. Immer neue Nachbarn wurden vor die Kamera gezerrt, immer neue Experten befragt. Und er musste alles sehen, sich jeden Kommentar anhören. Es war wie eine Sucht.
Die Hauptfrage war natürlich: Wer war der geheimnisvolle Besitzer der Villa? Der Tote in den Trümmern? Niemand konnte sich erinnern, ihn jemals gesehen zu haben. Er fuhr frühmorgens los und kam spätabends zurück. In einem Wagen mit getönten Scheiben. So ein Verhalten machte Amerikaner misstrauisch.
Darum wurde immer wieder die Frage gestellt: Hat der Anschlag einen terroristischen Hintergrund?
Sicher, er hatte zurückgezogen gelebt. Aber deswegen war er noch lange kein Terrorist. Es gab andere Gründe für seine Menschenscheu. Persönliche Gründe. Gründe, die niemanden etwas angingen. Amerika war ein freies Land. Solange man sich an die Regeln hielt, durfte hier jeder so leben, wie es ihm gefiel.
Ein Geräusch ließ ihn zusammenzucken. Ein Vogel war gegen die Jalousien geprallt. So etwas kam vor in dieser Höhe. Er hatte die Tower Suite im Carlyle gebucht. Nicht gerade ein Schnäppchen, aber eine angenehme Kombination aus Komfort und Sicherheit. Hier würde ihn so schnell niemand finden. Kein Reporter und kein Fernsehteam.
Und auch nicht die tausend Augen der chinesischen Triaden.
Er konnte immer noch nicht fassen, dass sie ihn in seinem gut getarnten Schlupfwinkel in Levittown aufgestöbert hatten. Die Villa war auf den Namen seines Halbbruders eingetragen, Paul Mondego, um alle Recherchen von vorneherein ins Leere laufen zu lassen.
Sie hatten ihn trotzdem gefunden.
Aber nicht liquidiert.
Armer Paul. Was hatte er auch ausgerechnet in dieser Nacht im Haus zu suchen? Hätte er gewusst, dass sich sein Bruder in New York aufhielt, hätte er ihn gewarnt. Aber er hatte keine Ahnung gehabt.
Auf dem Bildschirm erschien jetzt ein großer, blonder Mann, der als FBI-Agent Steve Dillaggio vorgestellt wurde. Na prima, jetzt waren ihm also auch schon die Feds auf den Fersen. Die Schlinge zog sich immer weiter zu.
Vielleicht sollte er sich einfach an die Öffentlichkeit wenden. Schließlich hatte er nichts verbrochen. Eine kleine Pressekonferenz in der Tower Suite . Mit einer Handvoll Reportern. Und er müsste sich nicht länger verstecken.
Aber bei der Vorstellung, dass Kameras auf ihn gerichtet waren und ein Raum voller Menschen ihn anstarrte, wurde ihm schwindelig. Diesen Stress würde er nicht ertragen. Er konnte ja nicht einmal selbst sein eigenes Spiegelbild ertragen. Nicht umsonst hatte er sämtliche Spiegel in der Suite abgedeckt.
Vielen Dank, Sally!
Der FBI-Agent verschwand, die Prozession der Nachbarn setzte sich fort. Er drehte den Ton leiser und nahm sein Tablet vom Nachttisch. Mit wenigen Klicks rief er das Spiel auf, und ein goldenes Flügelpaar schwebte durch das Bild.
Wings of Hell – s ein Meisterstück.
Übermorgen würde es in The Standard präsentiert werden. Diesmal würden sie sich nicht von den Chinesen von FrogMaster düpieren lassen. Diesmal würden sie die Ersten sein. Schade, dass Hu Dong diesen Triumph nicht mehr erleben würde.
Hu Dong. Mit den schockierenden Berichten von seinem Tod hatte alles angefangen. Das war erst gestern gewesen, aber seitdem war in seinem Leben nichts mehr so wie vorher. Er war zum Gejagten geworden – zur Zielscheibe der chinesischen Triaden.
Dabei hatte er nichts mit dem Tod des Sohnes von Shi Quiang zu tun. Absolut nichts. Sie waren Konkurrenten gewesen. Mehr nicht. Sicher, der Chinese hatte mit unsauberen Mitteln
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