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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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versorgen ließ, um zu sehen, wie sich ihre Sprache entwickelte.
    Friedrich nahm sich und seine Familienrechte überaus ernst: In Wirklichkeit war er ein konventioneller Christ, der überzeugt war, dass er als Kaiser ein universaler heiliger Monarch nach byzantinischem Vorbild sein sollte und dass er als Sprössling mehrerer Generationen von Kreuzfahrern und Erbe Karls des Großen Jerusalem befreien müsse. Bereits zweimal hatte er sich zum Kreuzzug verpflichtet, seinen Aufbruch aber immer wieder aufgeschoben.
    Da er nun König von Jerusalem war, plante er seine Expedition ernsthaft – aber natürlich auf seine Art. Seine schwangere Königin von Jerusalem brachte er in seinem Harem in Palermo unter und versprach dem Papst, zum Kreuzzug aufzubrechen – die 16-jährige Jolande starb jedoch, nachdem sie einen Sohn zur Welt gebracht hatte. Da Friedrich nur durch seine Heirat König von Jerusalem war, ging der Titel nun an seinen Sohn über. Durch dieses Detail ließ er sich jedoch nicht von seinem neuen Herangehen an den Kreuzzug abbringen.
    Der Kaiser hoffte, Jerusalem zu bekommen, indem er die Rivalitäten innerhalb der Ajjubidenfamilie ausnutzte. Tatsächlich bot Sultan Kamil ihm Jerusalem an, wenn Friedrich ihm gegen Muazzam, der die Stadt regierte, helfen würde. Endlich brach Friedrich 1227 auf, wurde aber krank und kehrte um – daraufhin exkommunizierte Papst Gregor IX. ihn, was für einen Kreuzritter mehr als unangenehm war. Er schickte seine Deutschherrenritter und die Infanterie voraus, aber als er im September 1228 in Akko zu ihnen stieß, war Muazzam bereits tot und Kamil hatte Palästina besetzt – und sein Angebot zurückgezogen.
    Nun musste Kamil aber gegen Muazzams Söhne und zugleich gegen Friedrich und sein Heer kämpfen. Beide Bedrohungen konnte er nicht gleichzeitig bewältigen. Da sowohl der Kaiser als auch der Sultan zu schwach waren, um Jerusalem zu kämpfen, nahmen sie Geheimverhandlungen auf.
    Kamil war ebenso unkonventionell wie Friedrich. Safadins Sohn hatte als Junge von Richard Löwenherz persönlich den Ritterschlag erhalten. Während der Kaiser und der Sultan über eine Teilung Jerusalems verhandelten, unterhielten sie sich über aristotelische Philosophie und arabische Geometrie. »Ich habe keinerlei wirkliche Absicht auf Jerusalem oder andere Gebiete, sondern allein meine Ehre gegenüber der Christenheit bewahren wollen«, erklärte Friedrich dem Gesandten Kamils. Die Muslime fragten sich, ob das Christentum für ihn nur ein Spiel war. Der Sultan schickte dem Kaiser Tänzerinnen, während Friedrich seine muslimischen Gäste mit christlichen Tänzerinnen unterhielt. Patriarch Gerold beschimpfte Friedrichs Sängerinnen und Jongleurinnen als »Personen, die nicht nur einen schlechten Ruf haben, sondern auch nicht würdig sind, von Christen erwähnt zu werden«, was er dann aber selbstverständlich weiterhin tat. Zwischen den Verhandlungen ging Friedrich mit seinen Falken auf die Jagd, verführte neue Mätressen und spielte den Troubadour, um einer von ihnen zu schreiben: »Weh mir, denn ich vermag es nicht zu fassen,/Dass es mir brächte solche Herzensnot,/Von meiner Herrin Abschied zu erbitten./… Doch freudestrahlend ziehe hin mein Lied,/Die Blume Syriens von mir zu grüßen,/Sie, die der Kerker meines Herzens ist. …«
    Als die Verhandlungen ins Stocken gerieten, marschierte Friedrich in Richards Fußstapfen mit seinem Heer an der Küste entlang nach Jaffa und bedrohte Jerusalem. Es wirkte: Am 11. Februar 1229 erreichte er das Unvorstellbare. Denn als Gegenleistung für einen zehnjährigen Frieden trat Kamil ihm Jerusalem, Bethlehem und einen Korridor zum Meer ab. In Jerusalem behielten die Muslime den Tempelberg sowie ungehinderten Zutritt und freie Ausübung ihrer Religion unter ihrem Kadi. Das Abkommen ignorierte die Juden (die größtenteils aus der Stadt geflüchtet waren), war aber mit seiner geteilten Oberhoheit der kühnste Friedensvertrag in der Geschichte Jerusalems.
    Aber sowohl der Orient als auch der Okzident waren entsetzt. In Damaskus ordnete Muazzams Sohn Nasir Daud öffentliche Trauer an. Die Menge brach über die Nachricht in Tränen aus. »Wir haben ihnen nichts weiter eingeräumt«, vertrat Kamil, »als zerstörte Häuser und Kirchen in Trümmern. Der heilige Bezirk, der ehrwürdige Felsendom und alle anderen Heiligtümer, die Ziele unserer Wallfahrt sind, bleiben, wie sie waren, in den Händen der Muslime.« Für ihn zahlte sich das Abkommen aus – er konnte

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