Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
Jerusalem jedoch unsicher: Wochen später führten die Imame von Hebron und Nablus 15 000 Bauern in die Stadt, während die Christen im Turm Zuflucht suchten. Akko schickte ein Heer, um die muslimischen Eindringlinge zu vertreiben, und Jerusalem blieb christlich. [159]
Sultan Kamils Tod 1238 stürzte Saladins Dynastie erneut in gegenseitige Vernichtungskriege, die durch einen neuen Kreuzzug unter Graf Thibault von der Champagne noch verschärft wurden. Nachdem die Kreuzfahrer besiegt waren, galoppierte Muazzams Sohn Nasir Daud nach Jerusalem und belagerte 21 Tage lang den Davidsturm, den er am 7. Dezember 1239 stürmte. Anschließend zerstörte er die neuen Befestigungen. Die verfehdeten Ajjubidenprinzen legten auf dem Tempelberg einen Friedensschwur ab, aber Familienzwist und das Eintreffen eines englischen Kreuzzugs unter dem Bruder Heinrichs III., Earl Richard von Cornwall, zwang sie erneut, Jerusalem an die Franken abzutreten. Dieses Mal vertrieben die Templer die Muslime und bekamen den Tempelberg zurück: Der Felsendom und die al-Aqsa-Moschee wurden wieder in Kirchen umgewandelt. »Ich sah den heiligen Felsen in der Hand von Mönchen«, erinnerte sich Ibn Wasil. »Ich sah darauf Weinflaschen für die Messe.« [118] Die Templer begannen die Heilige Stadt wieder zu befestigen – aber nicht schnell genug: Im Kampf gegen seine Rivalen innerhalb der Familie hatte der neue Sultan Salih Ajjub eine Freischärlerhorde von Tataren angeheuert, Nomaden aus Zentralasien, die das neue Mongolenreich vertrieben hatte. Allerdings gelang es ihm nicht, sie in Zaum zu halten. Zum Schrecken der Christen von Akko ritten 10 000 choresmische Tataren auf Jerusalem zu.
Berke Khan und die Tataren: Katastrophe
Am 11. Juli 1244 preschten die tatarischen Reiter unter Berke Khan in Jerusalem ein, kämpften sich durch die Straßen, stürmten in das armenische Kloster und ermordeten Mönche und Nonnen. Sie zerstörten Kirchen und Häuser, plünderten das Heilige Grab und setzten den Komplex in Brand. Als sie auf die Priester stießen, die gerade die Messe feierten, enthaupteten sie sie auf dem Altar und weideten sie aus. Sie holten die Gebeine der Könige von Jerusalem heraus, zerschlugen ihre kunstvollen Sarkophage und zertrümmerten den Stein am Eingang zum Grab Jesu. Die im Davidsturm belagerten Franken appellierten an Nasir Daud, der Berke überredete, der Garnison freien Abzug zu erlauben.
Sechstausend Christen verließen die Stadt, um nach Jaffa zu gehen, als sie aber fränkische Flaggen auf den Zinnen sahen, glaubten viele, Unterstützung sei eingetroffen, und kehrten um. Die Tataren töteten 2000 von ihnen. Nur 300 Christen erreichten Jaffa. Nachdem die Tataren Jerusalem gründlich verwüstet hatten, galoppierten sie weiter. [160] Das verbrannte, zertrümmerte Jerusalem sollte bis 1917 nicht wieder christlich werden. [119]
König Ludwig IX. von Frankreich führte 1248 den letzten effektiven Kreuzzug an, bei dem die Kreuzfahrer Jerusalem zurückzugewinnen hofften, indem sie Ägypten eroberten. Im November 1249 rückten sie gegen Kairo vor, wo Sultan Salih Ajjub bereits im Sterben lag. Seine Witwe, die Sultana Shajar al-Durr, nahm das Ruder in die Hand und beorderte ihren Stiefsohn Turanschah aus Syrien zurück. Die Kreuzfahrer hatten sich übernommen und wurden von den Mamelucken, den Eliteregimentern aus Militärsklaven, vernichtend geschlagen. Ludwig geriet in Gefangenschaft. Aber der neue Sultan Turanschah vernachlässigte seine eigenen Soldaten: Am 2. Mai 1250 gab er ein Bankett zur Feier seines Sieges, an dem auch viele gefangene Kreuzfahrer teilnahmen, als die Mamelucken mit ihrem Anführer, einem blonden, 27-jährigen Hünen namens Baibars, mit gezückten Schwertern hereinstürmten.
Baibars schlug auf den Sultan ein, der blutend an den Nil flüchtete, während die Mamelucken mit Pfeilen nach ihm schossen. Verwundet stand er im Nil und flehte um sein Leben, bis ein Mameluck ins Wasser watete, ihn enthauptete und ihm die Brust aufschlitzte. Man nahm ihm das Herz heraus und zeigte es König Ludwig von Frankreich bei einem Festbankett; sicher verschlug es ihm den Appetit.
Damit endete Saladins Ajjubidendynastie in Ägypten. Ihr Untergang verdammte das halb verlassene, halb verwüstete Jerusalem zu zehn chaotischen Jahren, in denen die Stadt zum Spielball verschiedener Kriegsherren und Fürsten wurde, die um die Macht rangen, während sich ein furchterregender Schatten über den Nahen Osten legte. [161] Die Mongolen, die
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