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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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in Jerusalem. [163]

44
    der erste Weltkrieg
    1914 – 1916
    Djemal Pascha: der Tyrann von Jerusalem
    Parkers Abenteuer hatte die Wahrheit über die Jungtürken in Jerusalem offenbart: Sie waren nicht weniger korrupt und unfähig als ihre Vorgänger, hatten aber in der arabischen Bevölkerung die Hoffnung auf Autonomie geweckt, wenn nicht mehr. In Jaffa wurde die panarabische Zeitschrift Filastin gegründet, in der dieses neue Bewusstsein zum Ausdruck kam. Bald wurde jedoch klar, dass die demokratischen Ziele der Jungtürken nur Fassade waren. In Wirklichkeit waren sie türkische Nationalisten, die nicht nur alle arabischen Hoffnungen zunichte machten, sondern sogar den Unterricht der arabischen Sprache verboten. Arabische Nationalisten bildeten Gruppen, die Pläne für einen unabhängigen arabischen Staat entwickelten und denen sich sogar die Husseinis und andere Notabeln anschlossen. Unterdessen ermutigten die Zionisten die Neuankömmlinge unter den Immigranten, »jüdische Städte zu bauen, vor allem in Jerusalem, der Speerspitze der Nation«, und sie erwarben zu dieser Zeit auf dem Skopusberg das Baugrundstück für die spätere hebräische Universität. Die Familien sahen das mit Sorge – obwohl die Husseinis und andere Grundbesitzer wie die Sursocks im Libanon in aller Stille Land an die Zionisten verkauften.
    Ruhi Khalidi, französischsprachiger Intellektueller und mittlerweile Parlamentssprecher in Istanbul, war kein arabischer Nationalist, sondern ein osmanischer Liberaler. Doch nachdem er sich eingehend mit dem Zionismus befasst und sogar ein Buch darüber geschrieben hatte, war er von der Gefährlichkeit der Bewegung überzeugt. Er versuchte im Parlament durchzusetzen, dass jüdischer Landerwerb in Palästina generell verboten wurde. Ragheb al-Nashashibi, der wohlhabendste Sprössling der Notabelnfamilien und ein eleganter Lebemann, der sich ebenfalls um einen Parlamentssitz bewarb, erklärte: »Ich werde meine ganze Kraft daransetzen, die Gefahr, die uns durch den Zionismus droht, abzuwenden.« Und der Herausgeber des Filastin menetekelte: »Wenn dieser Zustand anhält, wird der Zionismus die Herrschaft über unser Land gewinnen.« [229]
    Am 23. Januar 1913 stürmte ein 31-jähriger jungtürkischer Offizier und Teilnehmer der Revolution 1908, der sich in Libyen im Kampf gegen die Italiener einen Namen gemacht hatte, die Hohe Pforte, erschoss den Kriegsminister und riss die Macht an sich. Zusammen mit seinen beiden Kampfgefährten Mehmet Talaat und Ahmet Djemal, bildete er das Triumvirat der Drei Paschas. Nach einem eher unbedeutenden militärischen Erfolg auf dem Balkan hielt sich Enver für den türkischen Napoleon und fühlte sich zum Retter des Osmanischen Reiches berufen. 1914 übernahm er als starker Mann der Osmanen das Amt des Kriegsministers – und gab seiner Karriere einen zusätzlichen Schub, indem er die Nichte des Sultans heiratete. Die Drei Paschas waren überzeugt, dass nur eine Türkisierung des Reichs den endgültigen Verfall aufhalten konnte. Ihr barbarisches, rassistisches und kriegstreiberisches Regime gab einen Vorgeschmack auf den Faschismus.
    Am 28. Juni 1914 wurde der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand von serbischen Terroristen ermordet, und die Großmächte bewegten sich erst stolpernd, dann im rasenden Galopp auf den Ersten Weltkrieg zu. Enver Pascha brannte darauf zu kämpfen und strebte ein Bündnis mit den Deutschen an, um sich den nötigen militärischen und finanziellen Rückhalt zu sichern. Er ernannte sich selbst zum Vizegeneralissimus, unterstellt nur dem Sultan, der aber ohnehin nicht mehr als eine Marionette des Triumvirats war, und trat in den Krieg ein, indem er mit seinen neu erworbenen deutschen Panzerschiffen russische Häfen unter Beschuss nahm.
    Am 11. November erklärte Sultan Mehmed V. Großbritannien, Frankreich und Russland den Krieg, während in Jerusalem in der al-Aqsa-Moschee der Dschihad ausgerufen wurde. Anfangs konnte man sich in Jerusalem durchaus für den Krieg begeistern. Als der Befehlshaber der osmanischen Truppen in Palästina, der bayrische General Friedrich Freiherr Kress von Kressenstein, in Jerusalem ankam, wurden seine Einheiten in Jerusalem begeistert begrüßt. Den Schutz der jüdischen Bevölkerung übernahmen nun die Deutschen. Unterdessen erwartete die Stadt die Ankunft ihres neuen Herrn und Meisters. [164]
    Am 18. November sah der Oud-Spieler Wasif Jawhariyyeh, immer noch nicht älter als 17 Jahre, zu, wie Ahmet

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