Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
um die Überreste von König Davids Jerusalem handelte. Parker erhielt geistige Unterstützung und Führung aus der Ferne: nicht nur von Juvelius, sondern auch von einem anderen Mitglied des Syndikats, dem irischen »Gedankenleser Lee«. Er verlor auch dann nicht den Glauben an Juvelius, als seine Grabungen nichts zutage brachten.
Die jüdische Bevölkerung Jerusalems bezichtigte, unterstützt von Baron Edmond de Rothschild, der selbst eine Grabung nach der Bundeslade finanzierte, Parkers Gruppe, eine heilige Stätte der Juden zu entweihen. Auch die Muslime waren nervös, wurden aber von den Osmanen in die Schranken gewiesen. Um den Argwohn zu beschwichtigen, beauftragte Parker den Leiter der renommierten École Biblique et Archéologique Française, Pater Vincent, mit der Überwachung der Grabungen – die tatsächlich Hinweise darauf erbrachten, dass sich hier eine sehr frühe Siedlung befunden hatte. Über den eigentlichen Zweck der Grabungen wurde Pater Vincent im Unklaren gelassen.
Gegen Ende des Jahres 1909 musste Parker die Arbeiten wegen heftiger Regenfälle einstellen, kehrte aber 1910 auf Clarence Wilsons Yacht Water Lily in den Hafen von Jaffa zurück und setzte die Grabungen fort. Die arabischen Arbeiter traten mehrere Male in den Streik. Als es so aussah, als würden sie vor Gericht Recht bekommen, waren Monty und seine Partner der Meinung, dass es eines Militäraufmarschs mit Pomp und Gloria bedurfte, um die Einheimischen zu beeindrucken: Sie beschlossen, dem Bürgermeister (zu dieser Zeit der Auftraggeber von Wasif, dem Oud-Spieler) einen Besuch »in voller Uniform« abzustatten. Hauptmann Duff mit Helm, Kürass und den weißen Stulpenhandschuhen der Life Guards und Monty Parker in scharlachroter Tunika und mit Bärenfellmütze waren, wie sich Major Foley erinnerte, die »Stars des Auftritts. Wir haben ungeheures Aufsehen erregt!«
Als die Klage der Streikenden abgewiesen wurde, veranstaltete die Possentruppe einen Triumphzug durch die Altstadt, angeführt von »einer Gruppe türkischer Lanzenreiter, darauf folgend der Bürgermeister, der Kommandant und eine Handvoll Geistlicher, dann Duff, Parker, ich, Wilson und Macasadar und als Nachhut türkische Gendarmen«. Plötzlich ging Duffs Maultier zwischen den Verkaufsständen eines Basars durch, bis er seinen Reiter, der sich krampfhaft festgeklammert hatte, abbuckelte, so dass dieser unter dem Gejohle seiner Freunde mitten in einem Haufen Erdnüssen landete. »Ein alter Jude«, erzählte Foley, »glaubte, das Ende der Welt sei gekommen, und fing an in jiddischer Sprache zu lamentieren.«
Der Theaterauftritt – vermutlich aber eher ein »freizügiges Bakschisch« – löste das Problem für den Augenblick. Parker schickte dem Syndikat, das nach den Namen einiger seiner Mitglieder unter dem Decknamen FJMPW firmierte, regelmäßig geheime Berichte, in denen gewissenhaft die geleisteten Bestechungsgelder aufgelistet waren. Beim ersten Besuch beliefen sie sich auf 1900 Pfund. Im gesamten ersten Jahr gab er 3400 Pfund aus, und als er 1910 zur Grabungsstätte zurückkehrte, waren als »Zahlungen an Jerusalemer Beamte« 5667 Pfund aufgeführt. Der Bürgermeister Hussein al-Husseini erhielt monatlich eine Summe von 100 Pfund. Diese üppigen Bestechungsgelder waren sicher ein Segen für die Jerusalemer Notabeln, doch Parker war bewusst, dass die Regierung der Jungtürken ständigen Veränderungen unterworfen und Jerusalem ein wunder Punkt war: »Man muss äußerste Vorsicht walten lassen, denn der geringste Fehler kann ernsthafte Schwierigkeiten nach sich ziehen!«, schrieb er in einem seiner Berichte. Doch auch er war sich nicht wirklich im Klaren darüber, dass er mit dem Feuer spielte. Als er die Grabungen im Frühjahr 1911 wieder aufnahm, zahlte er noch höhere Bestechungssummen, aber er verlor allmählich die Geduld: Er beschloss, Scheich Khalil al-Ansari, den durch Erbfolge bestimmten Oberaufseher über den Haram, und dessen Bruder zu bestechen und auf dem Tempelberg zu graben.
Parker und seine Kumpane schlichen sich als Araber verkleidet im Schutz der Dunkelheit auf den Tempelberg, wo sie auf dem Gelände des Felsendoms das Pflaster aufrissen und nach den geheimen unterirdischen Gängen zu graben begannen. Doch in der Nacht zum 17. April konnte ein Wachposten in der drangvollen Enge seines Hauses kein Auge zutun und beschloss, auf dem Tempelberg im Freien zu schlafen. Als er die Engländer bei ihrem nächtlichen Treiben überraschte, rannte er durch
Weitere Kostenlose Bücher