Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
Völkerbundmandat für Palästina auf der Grundlage der Balfour-Deklaration an und ernannte Herbert Samuel zum ersten Hochkommissar für das britische Mandatsgebiet. Samuel traf am 30. Juni am Jerusalemer Bahnhof ein, in weißer Paradeuniform, mit federgeschmücktem Tropenhelm und Schwert, begrüßt von einem donnernden, siebzehnfachen Salut. Samuel war vielleicht Jude und Zionist, aber er war kein Träumer: Lloyd George empfand ihn als »kalt und trocken«. Ein Journalist beschrieb ihn als »so gefühllos wie eine Auster«, und einer seiner Mitarbeiter schrieb in seinen Notizen, er sei »ein bisschen steif – scheint sein Büro nicht aus dem Kopf zu bekommen«. Als der Militärgouverneur die Regierungsgeschäfte an Samuel übergab, verstieg dieser sich zu einem seiner seltenen dokumentierten Scherze, indem er eine Quittung ausstellte, deren Text lautete: »Erhalten von Generalmajor Sir Louis J. Bols, KCB, Ein Palästina, vollständig. Irrtümer und Auslassungen ausgeschlossen«. Aber von beidem sollte es in der Folge noch jede Menge geben.
Nach der Erschütterung der Nabi-Musa-Unruhen wirkte Samuels ruhige Art beschwichtigend auf die Gemüter. Nachdem er im Auguste-Viktoria-Hospiz auf dem Ölberg seine Amtsgeschäfte aufgenommen hatte, begnadigte er Jabotinsky und Amin Husseini und beschränkte, um die Araber zu beruhigen, die jüdischen Einwanderungen. Die britische Politik stand unter anderen Vorzeichen als 1917. Curzon, inzwischen zum Außenminister avanciert, war gegen die rückhaltlose Unterstützung der Zionisten und weichte die Versprechungen der Balfour-Deklaration auf. Es sollte eine jüdische Heimstätte, aber weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt einen jüdischen Staat geben. Weizmann fühlte sich hintergangen, aber die Araber fanden selbst diese abgeschwächte Version verheerend. Bis 1921 waren insgesamt 18 500 ausländische Juden nach Palästina gekommen. In den folgenden acht Jahren ließ Samuel weitere 70 000 Einwanderer ins Land. [173]
Im Frühjahr 1921 traf Samuels Chef, Kolonialminister Winston Churchill, in Begleitung seines Beraters Lawrence von Arabien in Jerusalem ein.
Churchill schafft den modernen Nahen Osten: Lawrences haschemitische Lösung
»Ich mochte Winston sehr gern«, sagte Lawrence später, »und habe große Hochachtung vor ihm.« Churchills bisheriges Leben war eine Folge draufgängerischer Abenteuer und unaufhaltsamer persönlicher und politischer Erfolge gewesen. Jetzt, in seinen späten Vierzigern, sah er sich mit den Kosten – finanzieller wie menschlicher Art – konfrontiert, die mit der imperialistischen Schaffung eines neuen Reiches verbunden waren: Im Irak tobte bereits ein blutiger Aufstand gegen die britische Besatzungsmacht. Aus diesem Grund berief Churchill eine Konferenz in Kairo ein, deren Ziel es sein sollte, den Führern der arabischen Staaten unter britischem Mandat ein gewisses Maß an Macht zu übertragen. Lawrence schlug vor, Faisal ein irakisches Königreich zuzusichern.
Am 12. März 1920 versammelte Churchill seine Orientexperten im Hotel Semiramis um sich, wo sich zwei Löwenjunge zwischen ihren Füßen balgten. Churchill, der keinerlei Neigung hatte, »undankbare Wüsten« zu erkunden, genoss den Luxus, während Lawrence davon abgestoßen war. »Wir wohnten in einem Hotel aus Marmor und Bronze«, schrieb er. »Sehr teuer, sehr luxuriös – entsetzlicher Ort. Ich werde noch zum Bolschwiken. Der gesamte Nahe Osten ist hier. Übermorgen geht es weiter nach Jerusalem. Wir sind eine glückliche Familie: in allen wichtigen Dingen einig« – Churchill hatte, mit anderen Worten, der »haschemitischen Lösung« zugestimmt. Endlich sah Lawrence wenigstens zum Teil seine Ehre wiederhergestellt nach den vielen vollmundigen Versprechungen, die Großbritannien dem Scherif und seinen Söhnen gemacht und dann doch nie gehalten hatte.
Der alternde Scherif Hussein, König über den Hedschas, hatte den von Ibn Saud angeführten wahhabitischen Truppen nichts entgegenzusetzen. [249] Als sein Sohn Abdullah versuchte, die saudischen Truppen mit einer 1350 Mann starken Armee zurückzuschlagen, erlitt er eine vernichtende Niederlage. Abdullah musste in Unterwäsche aus seinem Zelt flüchten und überlebte »nur durch ein Wunder«. Geplant war ursprünglich, dass Faisal in Syrien einschließlich Palästina, Abdullah im Irak regieren sollte. Nun bekam Faisal den Irak, und Abdullah ging leer aus.
Während in Kairo verhandelt wurde, fiel Abdullah mit 30 Offizieren
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