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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Vereinigten Staaten hinzu. Die jüdische Gemeinde Amerikas war zwar zunehmend prozionistisch eingestellt, aber Präsident Franklin D. Roosevelt hatte die Gründung eines jüdischen Staates nie offiziell unterstützt. In Jalta hatten er und Stalin auch über den Holocaust gesprochen. »Ich bin Zionist«, hatte Roosevelt erklärt. »Ich im Prinzip auch«, hatte Stalin erwidert und sich gebrüstet, er habe »versucht, eine nationale Heimstätte für Juden in Birobidschan zu schaffen, aber sie blieben zwei oder drei Jahre da und zerstreuten sich dann«. Dieser eingefleischte Antisemit fügte hinzu, die Juden seien »Mittelsmänner, Profiteure und Parasiten« – aber insgeheim hoffte er, dass ein jüdischer Staat ein Vasall der Sowjetunion würde.
    F.D. Roosevelt starb 1945. Sein Nachfolger, Harry S. Truman, wollte die Holocaust-Überlebenden in Palästina ansiedeln und bat die Briten, sie dort aufzunehmen. Truman war als Baptist aufgewachsen, hatte als Bankangestellter und Herrenausstatter in Kansas City gearbeitet und brachte als mittelmäßiger Senator von Missouri Sympathie für die Juden und Sinn für Geschichte mit. Als der neue Präsident 1945 durch die Mondlandschaft des zerbombten Berlin fuhr, musste er »an Karthago, Baalbek, Jerusalem, Rom, Atlantis« denken. Seine langjährige Freundschaft zu seinem ehemaligen jüdischen Geschäftspartner der Schneiderei, Eddi Jacobson, und der Einfluss prozionistischer Berater sowie »seine Lektüre zur alten Geschichte und der Bibel machten ihn zum Befürworter einer jüdischen Heimstatt«, erinnerte sich sein Berater Clark Clifford. Angesichts des Widerstandes in seinem eigenen Außenministerium war Truman jedoch häufig verärgert über die zionistische Lobbyarbeit und argwöhnisch gegenüber jeglichem Anzeichen, dass sich die sogenannten jüdischen Underdogs in einschüchternde Leitwölfe verwandeln könnten. »Selbst Jesus Christus konnte es ihnen nicht recht machen, als er auf der Erde war«, schimpfte er, »wie könnte also irgendjemand auf der Welt erwarten, dass ich mehr Glück hätte?« Er willigte jedoch ein, eine anglo-amerikanische Untersuchungskommission einzurichten.
    Die Kommission wohnte im King David Hotel; dort fand ein Kommissionsmitglied, der britische Labour-Abgeordnete Richard Crossman, »die Atmosphäre grässlich, überall saßen Privatdetektive, zionistische Agenten, arabische Scheichs, Sonderkorrespondenten herum und belauschten sich gegenseitig«. Abends trafen sich arabische Honoratioren und britische Generäle in der Villa von Katy Antonius. Sie war mittlerweile alleinstehend. Die dekadente Ehe der Antonius’ war zur Zeit der arabischen Revolte zerbrochen. Während des Krieges hatte Katy sich von ihrem kranken Ehemann scheiden lassen – der nur zwei Wochen später unerwartet starb und auf dem Berg Zion begraben wurde. Auf seinem Grabstein stand: »Erhebt Euch, Araber, und wacht auf.« Aber Katys Soireen waren nach wie vor legendär. Crossman genoss die »Abendkleidung, syrisches Essen und Getränke und das Tanzen auf dem Marmorboden« und fand, dass die Araber die besten Partys gäben: »Es ist leicht nachzuvollziehen, weshalb die Briten die arabische Oberschicht den Juden vorziehen. Die gebildeten Araber besitzen eine amüsante, zivilisierte, tragisch-heitere französische Kultur. Im Vergleich zu ihnen wirken die Juden verkrampft, bürgerlich und mitteleuropäisch.«
    Attlee hatte gehofft, Truman werde seine Politik gegen die jüdische Zuwanderung unterstützen, aber die angloamerikanische Kommission gab die wenig hilfreiche Empfehlung, umgehend 100 000 Flüchtlinge aufzunehmen, und Truman stellte sich offiziell hinter diese Empfehlung. Wütend lehnte Attlee die amerikanische Einmischung ab. Die Jewish Agency verstärkte ihre Bemühungen, jüdische Holocaust-Überlebende heimlich nach Palästina einzuschleusen, und brachte innerhalb von drei Jahren 70 000 Einwanderer ins Land, während der Palmach weiter Anschläge gegen die Briten verübte, die in einer spektakulären Serie von Sprengstoffanschlägen gipfelten – der Nacht der Brücken.
    Die Briten hatten die Revolte der Araber niedergeschlagen und wollten nun auch die Juden bezwingen. Im Juni 1946 kehrte Viscount Montgomery of Alamein als Feldmarschall und Generalstabschef nach Jerusalem zurück und beklagte: »Britische Herrschaft existierte nur auf dem Papier; die eigentlichen Herrscher waren nach meinem Eindruck die Juden, deren unausgesprochener Slogan lautete: ›Wagt ja nicht, uns

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