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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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ist.
    »Mir ging es sehr schlecht«, schrieb er Mitte April nach diesen Ereignissen, »körperlich und seelisch niedergeschlagen«; er gab seine Arbeit für die Mandatsverwaltung auf, »blieb zu Hause und versuchte zu entscheiden, was zu tun war«. Letztlich führte er die Gründe auf, »die mich zu dem Entschluss brachten, mein Haus zu verlassen«. Der erste Grund war die »gefährliche Lage unseres Hauses«, das unter dem Beschuss der Araber vom Jaffator, der Juden im Montefiore-Viertel und der Briten aus der Sicherheitszone um Bevingrad lag: »Tag und Nacht wurde ununterbrochen geschossen, so dass es schwer war, das Haus auch nur zu erreichen. Um uns herum gab es Tag und Nacht Kämpfe zwischen Arabern und Juden und Bombardierungen von Häusern.« Die Briten beschossen das Montefiore-Viertel und sprengten den oberen Teil von Sir Moses’ Windmühle weg, aber ohne Erfolg. Die jüdischen Heckenschützen im Montefiore-Viertel »schossen auf jeden, der über die Straße ging; es war ein Wunder, dass wir überlebten«, schrieb Wasif. Er überlegte, wie er seine Keramiksammlung, Tagebücher und seine geliebte Oud retten könnte. Sein Gesundheitszustand wurde immer schlechter: »Mein Körper wurde so schwach, ich konnte den Druck nicht mehr aushalten, und der Arzt sagte mir, ich solle weggehen.« Die Familie diskutierte: »Was passiert, wenn das Mandat endet? Werden wir unter Arabern oder unter Juden sein?« Wasifs Nachbar, der französische Generalkonsul, versprach, auf das Haus und die Sammlung aufzupassen. »Selbst wenn wir nie wieder zurückkommen«, hatte Wasif den Eindruck, sie sollten ihre Sachen packen, »um uns und unsere Kinder zu retten«: »Wir dachten, wir würden unser Haus nicht länger als zwei Wochen verlassen, weil wir doch wussten, dass die sieben arabischen Armeen bald ins Land kommen würden, nicht um es zu besetzen, sondern um es zu befreien und seinem Volk zurückzugeben, und wir sind sein Volk!« Er verließ sein Zuhause in den letzten Tagen des britischen Mandats und kehrte nie mehr zurück. Wasifs Geschichte ist die der Palästinenser. Manche wurden gewaltsam vertrieben, andere gingen fort, um dem Krieg zu entgehen, und hofften auf eine spätere Rückkehr – und etwa die Hälfte blieb unbehelligt in ihrer Heimat und wurde zu israelisch-arabischen, nichtjüdischen Bürgern der zionistischen Demokratie. Aber 600 000 bis 750 000 Palästinenser verließen – und verloren – ihre Heimat. Ihre Tragödie war die »Nakba«, die Katastrophe.
    Ben-Gurion rief den Leiter des Jerusalemer Notstandskomitees, Bernard Joseph, nach Tel Aviv, um zu beraten, wie man die mittlerweile hungernde Stadt versorgen könnte. Am 15. April schafften die Konvois den Durchbruch und brachten Lebensmittel in die Stadt. Am 20. April bestand Ben-Gurion darauf, nach Jerusalem zu fahren und mit den Truppen Passah zu feiern: Rabin, der Kommandeur der Harel-Brigade des Palmach, erhob Einwände dagegen, dass Ben-Gurion sich so groß in Szene setzte. Kurz nachdem der Konvoi mit Ben-Gurion in einem gepanzerten Bus aufgebrochen war, griffen die Araber an. »Ich befahl sogar, zwei gestohlene britische Panzerwagen aus dem Versteck zu holen und einzusetzen«, sagte Rabin. Zwanzig Leute wurde getötet, aber die Lebensmittel und Ben-Gurion erreichten Jerusalem – wo nach seiner sarkastischen, aber zutreffenden Beobachtung »20 % Normale, 20 % Privilegierte (Universität usw.), 60 % Wunderliche (provinziell, dunkles Mittelalter etc.)«, also Chassidim, lebten.
    Die britische Mandatsverwaltung war nun in ihren letzten Tagen. Am 28. April nahm Rabin den arabischen Stadtteil Sheikh Jarrah ein, in dem die Notabelnfamilien wohnten, wurde aber von den britischen Truppen gezwungen, ihn wieder aufzugeben. Beim letzten Salut der Briten hielten die Juden den Westteil der Stadt, die Araber die Altstadt und den Osten. Am Freitag, dem 14. April 1948, trat Cunningham, der letzte britische Hochkommissar, um 8 Uhr in voller Uniform aus dem Government House, schritt eine Ehrengarde ab, stieg in seinen gepanzerten Mercedes und fuhr ab, um seine Truppen im King David Hotel zu inspizieren. [182]

51
    Jüdische Unabhängigkeit, arabische Katastrophe
    1948 – 1951
    Abzug der Briten; Ben-Gurion: Wir haben es geschafft!
    General Cunningham verließ Jerusalem auf Straßen, die bis auf einige Araber menschenleer waren. Britische Soldaten sicherten Kreuzungen mit Maschinengewehren. Als der Mercedes vorbeifuhr, klatschten die Araber wie Kinder in die Hände und einer

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