Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
Kämpfer, überwiegend ehemalige Polizisten, nach Kräften, die Altstadt zu verteidigen, bis die regulären Streitkräfte einträfen. Nusseibeh wurde durch eine Kugel so schwer am Oberschenkel verwundet, dass sein Bein amputiert werden musste. Aber der irreguläre Krieg war vorbei.
Nun fing der richtige Krieg an, und Israels Lage war ernst. Die Streitkräfte der Staaten der Arabischen Liga – Ägypten, Jordanien, Irak, Syrien und Libanon – marschierten mit dem ausdrücklichen Auftrag nach Israel ein, die Juden zu vernichten. »Das wird ein Vernichtungskrieg und ein gewaltiges Massaker, von dem man reden wird wie von den Massakern der Mongolen und der Kreuzfahrer«, kündigte Azzam Pasha, der Generalsekretär der Arabischen Liga, an. Ihre Kommandeure waren allzu zuversichtlich. Über tausend Jahre lang waren die Juden zweitklassige Untertanen islamischer Reiche gewesen, manchmal geduldet, manchmal verfolgt, aber immer unterwürfig. Die Araber hielten sich »für große Soldaten und betrachteten die Juden als ein Volk von Krämern und Händlern«, erinnerte sich General Sir John Glubb, der englische Kommandeur der Arabischen Legion König Abdullahs. Sie »verließen sich darauf, daß Ägypter, Syrer und Iraker zusammen schon stark genug sein würden, die Juden zu schlagen«. Säkularer Nationalismus verschmolz mit dem Eifer des Heiligen Krieges: Es war schlicht unvorstellbar, dass Juden islamische Armeen besiegen könnten, und viele dschihadistische Gruppierungen, die Seite an Seite mit den regulären Streitkräften kämpften, vertraten seit langem einen fanatischen Antisemitismus. Die Hälfte der ägyptischen Truppen bestand aus Mudschaheddin der Muslimischen Bruderschaft, der auch Yasser Arafat angehörte.
Aber die arabische Intervention mit ihren erschreckenden Hoffnungen und ihrem politischen Zynismus sollte für die Palästinenser zum Desaster werden und dazu beitragen, Israel größer und stärker zu machen, als es ansonsten geworden wäre. Auf dem Papier verfügten die arabischen Streitkräfte zwar über 165 000 Mann, waren aber so unorganisiert, dass sie im Mai nur 28 000 Mann im Einsatz hatten – also etwa genauso viele wie Israel. Da Abdullahs 9000 Mann starke, von Briten ausgebildete Arabische Legion die beste dieser Armeen war, ernannte man ihn offiziell zum Oberbefehlshaber der Arabischen Liga.
König Abdullah stand auf der Allenby-Brücke, zog seine Waffe, feuerte in die Luft und rief: »Vorwärts!«
Abdullah der Hastige
Der König war ausgesprochen extrovertiert, wie sich sein Enkel Hussein erinnerte. Zuletzt war in diesem Buch von Abdullah die Rede, als er in Jerusalem von Winston Churchill sein Wüstenkönigreich bekam. Lawrence beschrieb ihn als »klein, untersetzt, von heller Hautfarbe, mit sorgfältig gepflegtem, bräunlichem Bart um das runde weiche Gesicht, der die vollen Lippen verdeckte«. Er hatte ein abenteuerliches Leben geführt und Lawrence mit gewagten Scherzen schockiert, die er mit seinem Hofnarren trieb: »Bei einer Gelegenheit schoß ihm Abdullah einen Kaffeetopf auf zwanzig Yard Entfernung dreimal vom Kopf herunter.« Als 37. in der Abstammungslinie der Scherifen vom Propheten Mohammed konnte er sich Scherze mit islamischen Geistlichen erlauben. So fragte er einen Mufti: »Ist es im Fastenmonat auch verboten, eine hübsche Frau anzuschauen?« »Eine Sünde, Majestät.« »›Der Heilige Koran sagt: ›Wenn du ein Weib siehst, wende den Blick ab‹. Aber wie kann ich denn den Blick abwenden, wenn ich sie nicht schon angeschaut habe?« Er war ein stolzer Beduine, zugleich aber auch ein Kind des osmanischen Sultanats, hatte bereits als junger Mann Armeen befehligt und war »der Kopf« der großen arabischen Revolte gewesen. In seinen Ambitionen war er gleichermaßen unbändig wie ungeduldig, was ihm den Spitznamen »der Hastige« eintrug. Auf seine Chance, Jerusalem zu erobern, hatte er jedoch lange warten müssen.
»Er war mehr als ein Soldat und Diplomat, er war auch ein klassischer Gelehrter«, erinnerte sich Sir Ronald Storrs, der beeindruckt war, als der König für ihn »die Sieben Hängenden Oden aus vorislamischer Zeit« rezitierte. Der britische Botschafter in Amman, Sir Alec Kirkbridge, nannte ihn immer den »augenzwinkernden König«. Abdullah war ein gewitzter Diplomat. Auf die Frage, wann er jemals einen Diplomaten empfangen würde, den er nicht möge, antwortete er: »Wenn mein Maultier ein Fohlen wirft.«
Da dieser unmögliche Fall nun eingetreten war, nahm er
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