Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
beschlossen, den Mann mitsamt seinen Plänen zu beseitigen. Als Bernadotte von seinem Hauptquartier im Government House durch Katamon fuhr, um den israelischen Gouverneur Dov Joseph in Rehavia zu treffen, wurde sein Geländewagen an einem Kontrollpunkt angehalten. Drei Männer stiegen mit Sten-Maschinenpistolen im Anschlag aus einem Geländewagen. Zwei zerschossen die Reifen, der dritte feuerte auf Bernadottes Brust, anschließend rasten sie davon. Der Graf starb im Hassadah-Krankenhaus. Ben-Gurion löste die Lechi auf, aber die Mörder wurden nie gefasst.
Abdullah hatte die Altstadt gesichert. Im Westjordanland hielten seine Truppen den Südteil, die Iraker den Nordteil. Südlich von Jerusalem war die ägyptische Vorhut bereits bis an die südlichen Vororte in Sichtweite der Altstadt vorgedrungen. Mitte September 1948 erkannte die Arabische Liga eine palästinensische »Regierung« mit Sitz in Gaza an, die vom Mufti und den Notabelnfamilien Jerusalems dominiert war. [269] Im weiteren Verlauf der Kämpfe schlugen die Israelis jedoch die Ägypter, kesselten sie ein und eroberten die Wüste Negev. Gedemütigt schickten die Ägypter den Mufti, der in seiner politischen Karriere endgültig diskreditiert war, nach Kairo zurück. Ende November 1948 vereinbarte Oberstleutnant Moshe Dayan, der das israelische Kommando in Jerusalem innehatte, eine Waffenruhe mit den Jordaniern. In der ersten Jahreshälfte 1949 unterzeichnete Israel Waffenstillstandsvereinbarungen mit allen fünf arabischen Staaten, und im Februar 1949 trat die Knesset, das israelische Parlament, im Gebäude der Jewish Agency an der George V. Avenue in Jerusalem zusammen und wählte Weizmann offiziell zum Präsidenten, der überwiegend Repräsentationspflichten zu erfüllen hatte. Der 75-jährige Weizmann sah sich von Ben-Gurion ignoriert, war frustriert über seinen geringen Einfluss auf die Regierung und fragte, warum er nicht ein Präsident nach amerikanischem Vorbild sein könne, sondern ein Präsident nach Schweizer Vorbild sein müsse. Scherzhaft nannte er sich den »Gefangenen von Rehovoth« – also jener Stadt, in der er das Weizmann-Institut für Wissenschaften aufgebaut hatte. Obwohl er seinen Amtssitz in Jerusalem hatte, blieb er nach eigenem Bekunden voreingenommen gegen die Stadt und fühlte sich dort unwohl. Er starb 1952.
Der Waffenstillstand, der im April 1949 unter Aufsicht der im britischen Government House stationierten Vereinten Nationen zustande kam, teilte Jerusalem: Israel bekam den Westen sowie eine Enklave auf dem Skopusberg, Abdullah behielt die Altstadt, Ostjerusalem und das Westjordanland. Die Vereinbarung enthielt die Zusage, dass die Juden Zugang zur Westmauer, zum Friedhof auf dem Ölberg und zu den Gräbern im Kidrontal haben sollten, was aber nie eingehalten wurde. In den folgenden 19 Jahren durften Juden nicht an der Westmauer beten, und die Grabsteine auf ihren Friedhöfen wurden Opfer von Vandalismus. [270]
Die Israelis und Abdullah fürchteten gleichermaßen, ihre Hälfte Jerusalems zu verlieren. Da die Vereinten Nationen weiter über einen internationalen Status der Stadt diskutierten, hielten beide Seiten Jerusalem widerrechtlich besetzt, und nur zwei Staaten erkannten Abdullahs Herrschaft über die Altstadt an. Weizmanns Büroleiter, der junge Wiener George Weidenfeld, der kurz zuvor einen eigenen Verlag in London gegründet hatte, startete eine Kampagne, um die Welt zu überzeugen, dass Israel Westjerusalem behalten müsse. Am 11. Dezember wurde Jerusalem zur Hauptstadt Israels erklärt.
Auf arabischer Seite ging König Abdullah als Sieger aus diesen Auseinandersetzungen hervor, denn er hatte 32 Jahre nach der arabischen Revolte endlich Jerusalem gewonnen. »Keiner wird mir Jerusalem abnehmen, ohne dass man mich umbringt«, erklärte er.
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Geteilte stadt
1951 – 1967
König von Jerusalem: Blut auf dem Tempelberg
»Ein Befestigungsgürtel mit Stacheldraht, Minenfeldern, Gefechtsständen und Wachposten durchzog die ganze Stadt«, schrieb Amos Oz. »Ein Betonvorhang war heruntergegangen und trennte uns von Scheich Dscharrach und den übrigen arabischen Vierteln.« Oft schossen Heckenschützen aus dem Hinterhalt: Auf diese Weise starben 1954 neun Menschen und 54 wurden verletzt. Selbst wenn beide Seiten kooperierten, war die Zusammenarbeit mühsam: Die Vereinten Nationen vermittelten 1950 bei Verhandlungen über die Fütterung eines Tigers, eines Löwen und zweier Bären im Biblischen Zoo auf dem israelisch
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