Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
wanderte und sich dort niederließ. Der Ort lag in Kanaan, dem Land, das Gott ihm verheißen hatte. Gott gab ihm auch den Namen »Vater der Völker«, Abraham. Auf seiner Wanderung begrüßte ihn Melchisedek, der Priesterkönig von Salem im Namen El-Elyons, des höchsten Gottes. Diese erste Erwähnung Jerusalems in der Bibel lässt vermuten, dass die Stadt bereits ein kanaanitisches Heiligtum mit Priesterkönigen war. Später stellte Gott Abraham auf die Probe, indem er ihm befahl, seinen Sohn Isaak auf einem Berg im »Land Morija« zu opfern – er wurde als Berg Moriah, der Tempelberg in Jerusalem identifiziert.
Abrahams betrügerischer Enkel Jakob verschaffte sich sein Erbe mit Trickserei, sühnte aber in einem Ringkampf mit einem Fremden, der, wie sich herausstellte, Gott war; daher erhielt er den neuen Namen Israel, »der mit Gott ringt«. Das war die angemessene Geburt des jüdischen Volkes, dessen Beziehung zu Gott so leidenschaftlich und qualvoll war. Israels Söhne begründeten jene zwölf Stämme, die nach Ägypten auswanderten. In den Geschichten dieser sogenannten Stammväter gibt es so viele Widersprüche, dass sie historisch unmöglich zu datieren sind.
Das Buch Exodus schildert, wie die Israeliten, die als unterdrückte Sklaven die Städte der Pharaonen bauten, nach 430 Jahren mit Gottes Hilfe unter der Führung eines hebräischen Prinzen namens Moses auf wundersame Weise aus Ägypten flohen (was Juden bis heute im Passahfest feiern). Als sie über den Sinai zogen, gab Gott Moses die Zehn Gebote. Wenn die Israeliten nach diesen Regeln lebten und Gott verehrten, verhieß er ihnen das Land Kanaan. Auf Moses’ Frage nach dem Wesen dieses Gottes – »Wie ist sein Name?« –, erhielt er die majestätisch abweisende Antwort: »Ich werde sein, der ich sein werde«, ein namenloser Gott, auf hebräisch JHWH: Jahwe oder Jehova, wie die Christen es später fälschlich aussprachen. [4]
Tatsächlich lebten in Ägypten viele Semiten: Vermutlich war es Ramses II., der die Hebräer zwang, an seinen Speicherstädten zu arbeiten; Moses’ Name war ägyptisch, was zumindest vermuten lässt, dass er dort geboren wurde; und es besteht kein Grund zu bezweifeln, dass der erste charismatische Führer der monotheistischen Religionen – Moses oder jemand wie er – diese göttliche Offenbarung hatte, denn so nehmen Religionen ihren Anfang. Die Überlieferung eines semitischen Volkes, das aus der Unterdrückung floh, ist plausibel, entzieht sich aber einer Datierung.
Moses sah das Gelobte Land vom Berg Nebo aus, starb aber, bevor er es betreten konnte. Sein Nachfolger Josua führte die Israeliten nach Kanaan. Die Bibel schildert ihre Wanderung als blutiges Wüten wie auch als allmähliche Besiedlung. Für eine Eroberung gibt es keine archäologischen Belege, aber tatsächlich gründeten Hirten zahlreiche unbefestigte Siedlungen auf dem Hochland Judäas. [5] Unter ihnen befand sich vermutlich eine kleine Gruppe von Israeliten, die aus Ägypten geflohen waren. Sie verband die Verehrung ihres Gottes – Jahwe –, dem sie in einem transportablen Tempel huldigten, einem Tabernakel, der die heilige Holztruhe, die Bundeslade, enthielt. Vielleicht formten sie ihre Identität, indem sie Geschichten über ihre Stammväter erzählten. Viele dieser Überlieferungen von Adam und dem Garten Eden bis hin zu Abraham wurden später nicht nur von Juden, sondern auch von Christen und Muslimen verehrt – und in Jerusalem angesiedelt.
Die Israeliten waren der Stadt nun zum ersten Mal sehr nahe.
2
Der Aufstieg Davids
Der junge David
Josua schlug sein Hauptquartier nördlich von Jerusalem in Sichem auf, wo er Jahwe ein Heiligtum errichtete. Jerusalem war die Heimat der Jebusiter unter der Herrschaft König Adonizedeks (Adoni-Besek), dessen Name auf einen Priesterkönig hindeutet. Adonizedek leistete Josua Widerstand, wurde aber besiegt. »Aber Benjamin vertrieb die Jebusiter nicht«, die vielmehr »wohnten bei denen von Benjamin in Jerusalem bis auf den heutigen Tag«. Um 1200 v.Chr. sah sich Merneptah, der Sohn Ramses’ des Großen und vielleicht der Pharao, der Moses’ Israeliten hatte ziehen lassen müssen, Angriffen von Seevölkern ausgesetzt – die alle alten Imperien im Nahen Osten ins Wanken brachten. Um die Ordnung wiederherzustellen, überfiel der Pharao Kanaan. Nach seiner Heimkehr hielt er seinen Triumph an den Wänden seines Tempels in Theben fest, wo er erklärte, er habe die Seevölker besiegt, Askalon zurückerobert
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