Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
gegangen und hatte gewonnen. Während er in Alexandria freundschaftlich mit dem König verkehrte, verliebte er sich in eine Tänzerin. Als er ihre Verführung inszenierte, tauschte sein Bruder sie gegen seine Tochter aus. Joseph war in dieser Nacht zu betrunken, um es zu merken, und als er wieder nüchtern war, verliebte er sich in seine Nichte. Ihre Heirat stärkte die Dynastie. Als ihr Sohn Hyrkanus heranwuchs, entwickelte er sich zu einem ebenso listigen Gauner wie sein Vater. Joseph lebte auf großem Fuß, herrschte mit strenger Hand und erhob exorbitante Steuern, brachte aber dennoch, laut Flavius Jospeh, »durch seine Tüchtigkeit und seine glänzenden Geistesgaben das Volk der Juden aus Armut und Unansehnlichkeit zu glücklicheren Verhältnissen«.
Für die Könige von Ägypten war Joseph wichtig, weil sie in dieser Zeit ständig mit einer rivalisierenden makedonischen Dynastie, den Seleukiden, um die Macht im Nahen Osten rangen. Um 241 v.Chr. bewies Ptolemäus III. nach einem Sieg über seine Feinde seine Dankbarkeit mit einem Besuch in Jerusalem, bei dem er respektvoll im Tempel opferte und ohne Zweifel bei Joseph zu Gast war. Nach dem Tod des Königs sahen sich die Ägypter allerdings durch einen jugendlichen Seleukidenkönig von unbezwingbarem Ehrgeiz herausgefordert.
Antiochus der Grosse: Kampf der Elefanten
Der Herausforderer war der makedonische König des Vorderen Orients, Antiochus III. Der umherziehende Achtzehnjährige erbte 223 v.Chr. einen grandiosen Titel und ein zerfallendes Reich, besaß aber das Geschick, diesen Niedergang aufzuhalten. [31] Antiochus verstand sich als Erbe Alexanders und sah sich wie alle makedonischen Könige als Abkömmling von Apollo, Herakles, Achill und vor allem Zeus. In einer schwindelerregenden Serie von Feldzügen eroberte Antiochus Alexanders Reich bis nach Indien zurück, was ihm den Beinamen »der Große« eintrug. Wiederholt griff er Palästina an, aber Ptolemäus wehrte seine Invasionen ab, und so herrschte der alternde Tobiassohn Joseph weiterhin in Jerusalem. Aber sein Sohn Hyrkanus betrog ihn und griff die Stadt an. Kurz vor seinem Tod besiegte Joseph seinen Sohn, der daraufhin ein eigenes Fürstentum im heutigen Jordanien schuf.
Antiochus der Große war bereits über 40 Jahre alt, als er 201 v.Chr. von seinen Triumphen im Osten zurückkehrte. Jerusalem wurde »zwischen beiden Seiten hin und her geworfen wie ein Schiff im Sturm«. Schließlich konnte Antiochus die Ägypter vernichtend schlagen, und Jerusalem begrüßte einen neuen Herrscher. »Sowie ich das Land der Juden betrat, haben sie mir sogleich ihre Treue bewiesen, mich glänzend aufgenommen … und mir bei der Vertreibung der ägyptischen Besatzung aus der Burg geholfen«, erklärte Antiochus. Ein Seleukidenkönig mit seiner Armee bot einen imposanten Anblick. Antiochus trug wahrscheinlich ein Königsdiadem, goldbestickte karmesinrote Schnürstiefel, einen breitkrempigen Hut und einen dunkelblauen, mit goldenen Sternen besetzten Mantel mit einer karmesinroten Schließe. Die Jerusalemer versorgten seine multinationale Armee mit Proviant; sie umfasste eine makedonische Phalanx mit Stoßlanzen, den Sarissas, kretische Bergkämpfer, kilikische Fußtruppen, thrakische Schleuderschützen, mysische Bogenschützen, lydische Speerwerfer, persische Bogenschützen, kurdische Fußtruppen, schwerbewaffnete iranische Reiter, sogenannte Kataphrakte, und Elefanten, die das größte Ansehen genossen – und vermutlich für Jerusalem eine Novität waren. [32]
Antiochus versprach, den Tempel und die Stadtmauern wiederaufzubauen, die Stadt wieder zu bevölkern, und bestätigte die Selbstverwaltungsrechte der Juden »gemäß den Gesetzen ihrer Väter«. Er verbot Fremden sogar, den Tempel zu betreten und »das Fleisch von Pferden, Maultieren, wilden und zahmen Eseln, Leoparden, Füchsen und Hasen« in die Stadt zu bringen. Der Hohepriester Simon hatte sicher die richtige Seite unterstützt: Noch nie hatte Jerusalem einen so nachsichtigen Eroberer. Diese Epoche sahen die Jerusalemer rückblickend als goldenes Zeitalter unter der Herrschaft eines idealen Hohepriesters, der »wie der Morgenstern durch die Wolken« leuchtete. [35]
Simon der Gerechte: Der Morgenstern
Wenn der Hohepriester Simon am Versöhnungstag aus dem Allerheiligsten kam und »zum heiligen Altar hinaufschritt, so verlieh er dem Heiligtum herrlichen Glanz«. [33] Er ist der Inbegriff des Hohepriesters, der Juda als gesalbter Fürst regierte, also eine
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