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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig an seinem Blut.«
    »Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!«, antwortete die Menge.
    Der gewalttätige, eigensinnige Pilatus war alles andere als ein wankelmütiger Heuchler und hatte es noch nie nötig gefunden, vor seinem Blutvergießen seine Hände in Unschuld zu waschen. In einer früheren Auseinandersetzung mit den Juden hatte er seine Soldaten in Zivil in eine friedliche Jerusalemer Menschenmenge geschickt; auf sein Zeichen hatten sie ihre Schwerter gezogen, die Straße geräumt und viele getötet. Nachdem Pilatus in dieser Woche bereits mit dem Barabbas-Aufstand zu kämpfen hatte, fürchtete er sicher eine neue Welle von »Königen« und »Pseudopropheten«, die Judäa seit dem Tod Herodes’ des Großen heimgesucht hatten. Jesus war auf seine eigenwillige Weise aufrührerisch und ohne Zweifel populär. Noch Jahre später schilderte Josephus, selbst ein Pharisäer, Jesus als weisen Lehrer.
    Die überlieferte Darstellung der Verurteilung klingt daher nicht überzeugend. Die Evangelien behaupten, die Priester hätten darauf bestanden, dass sie nicht die Befugnis hätten, Todesurteile zu verhängen, es ist jedoch keineswegs klar, ob das der Wahrheit entsprach. Der Hohepriester sollte, laut Josephus, »Zwistigkeiten beilegen und die einer rechtswidrigen Handlung Überführten bestrafen«. Die Evangelien, die nach der Zerstörung des Tempels 70 n.Chr. geschrieben oder überarbeitet wurden, gaben den Juden die Schuld und sprachen die Römer frei in dem Bestreben, ihre Loyalität gegenüber dem Römischen Reich zu demonstrieren. Aber die gegen Jesus erhobenen Vorwürfe und die Strafe erzählen ihre eigene Geschichte: Es handelte sich um eine römische Maßnahme.
    Wie die meisten Kreuzigungsopfer wurde Jesus mit einer Lederpeitsche mit Knochen- oder Metallspitzen gegeißelt – eine so brutale Folter, dass sie das Opfer häufig bereits tötete. Die römischen Soldaten, von denen viele den syrisch-griechischen Hilfstruppen angehörten, hängten ihm ein Schild um mit der Aufschrift »KÖNIG DER JUDEN« und führten den nach der Geißelung stark blutenden Jesus vermutlich am Morgen des 14. Nisan, am Freitag, dem 3. April 33, fort. Gemeinsam mit den anderen beiden Verurteilten trug er das Patibulum, also den Kreuzarm, für seine eigene Kreuzigung vom Kerker der Zitadelle durch die Straßen der Oberstadt. Seine Anhänger überredeten einen gewissen Simon von Kyrene, ihm beim Tragen des Kreuzes zu helfen, während die weiblichen Bewunderer laut klagten. »Töchter Jerusalems, weint nicht über mich«, sagte er ihnen, »sondern weint über euch selbst und über eure Kinder«, weil die Apokalypse bevorstünde: »Denn siehe, es wird die Zeit kommen.«
    Jesus verließ Jerusalem zum letzten Mal, ging links durch das Gennathtor (das Gartentor) in eine Hügellandschaft mit Gärten, Felsengräbern und Jerusalems Hinrichtungsstätte, die den passenden Namen Golgatha, Schädelstätte, trug. [66]
    Jesus Christus: Die Passion
    Eine Menge von Feinden und Freunden folgte Jesus aus der Stadt, um sich den makabren Vorgang der Hinrichtung anzusehen, ein immer wieder faszinierendes Spektakel. Die Sonne war aufgegangen, als er an die Hinrichtungsstätte kam, wo der Kreuzpfosten schon auf ihn wartete: Er war sicher schon vor seiner Hinrichtung benutzt worden und würde nachher wieder verwendet werden. Die Soldaten boten Jesus das traditionelle Getränk aus Wein und Myrrhe an, um seine Nerven zu beruhigen, aber er verweigerte es. Anschließend befestigten sie ihn am Kreuzarm und hievten ihn am Pfosten hoch.
    Die Kreuzigung war laut Josephus »die qualvollste aller Todesarten« und zielte darauf ab, das Opfer öffentlich zu erniedrigen. [67] Daher befahl Pilatus, am Kreuz Jesu das Schild mit der Aufschrift »KÖNIG DER JUDEN« anzubringen. Man konnte die Opfer ans Kreuz binden oder nageln. Die Kunst bestand darin, zu verhindern, dass sie verbluteten. In der Regel trieb man die Nägel durch die Unterarme – nicht durch die Handflächen – und die Fußknöchel: In einem Grab im Norden Jerusalems fand man die Knochen eines Gekreuzigten, in dessen Knöchel noch ein 12 Zentimeter langer Nagel steckte. Bei Juden und Nichtjuden war die Sitte verbreitet, Nägel Gekreuzigter als Zauber um den Hals zu tragen, um Krankheiten abzuwehren, demnach war der spätere christliche Fetischkult um Kreuzreliquien Teil einer älteren Tradition. Meist kreuzigte man die Opfer nackt – Männer mit dem Rücken

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