Jerusalem
Bilder vom Kampf des Lichts gegen das Dunkel, des Guten gegen das Böse, der himmlischen Engel gegen die Dämonen der Hölle.
Ohne dass er etwas dazutat, widerspiegelten die Sonnenstrahlen, die quälenden Farben der Wolken, die Finsternis und die flackernden Spiegelungen des Wetterleuchtens die Erlebnisse seiner Jahre, die Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidungen. Er verstand die Gleichnisse nicht, glaubte aber fest daran, dass ihm eine Warnung zuteil wurde. Sprach der Herr aus den Blitzwolken? Ertönten die Stimmen der Engel aus dem Donner? Bedeutete das Feuer über dem aufgewühlten Meer, dass er im Fegefeuer oder in der Hölle brennen würde? Je länger er verwirrt in sich hineinlauschte, desto drohender erschienen ihm die nächste Stunde, der kommende Tag und all die Zeit, die ihm folgte. Er holte tief Luft und zwang sich dazu, die Augen zu öffnen. Der nächste vielverzweigte Blitz blendete ihn, nach einem Atemzug schmetterte der Donner in seine Ohren, und als er wieder sehen konnte, schüttelte er sich.
Die Fischer starrten ihn an. Chersala bohrte ihre Fingerspitzen in seine Oberarme. Er blickte von einem Gesicht zum anderen, dann sah er die tanzenden Flammen. Seine Gedanken an die Gefahren zerstoben wie Gischt im Sturm.
»Die himmlischen Heere«, sagte er langsam und löste Chersalas Finger von seinem Arm. Er deutete in den Regen, dessen Tropfen im Feuerschein wie hart gespannte Schnüre aussahen. »Sie kämpfen nicht für uns, nicht gegen uns - aber wir werden andere Heere im Kampf miteinander erleben. Ich bin kein Prophet, aber ich weiß es.«
»Das Heer deiner Pilger?«, sagte Faroard. Der Donner schien leiser zu werden, mit längeren Pausen. Rutgar nickte.
»Der Sultan wird sie alle vernichten«, meinte ein Fischer. »Zuerst die Plünderer, die nach Nikaia geritten sind, wie du uns erzählt hast, Fremder.«
Rutgar sagte dumpf: »Aber ich werde nicht dabei sein.«
Er legte den Arm um Chersalas Schultern und lauschte einige tiefe Atemzüge lang dem abziehenden Gewitter. Blitz und Donner schienen sich zu weigern, die Bucht zu verlassen. Der Regen war schwächer geworden, das Pferd hatte sich beruhigt. Rutgar beschloss, später in Ruhe über die Bilder nachzudenken, die seine Furcht hervorgerufen hatten.
Faroard stand auf und murmelte: »Ich hole Essen und Wein.«
Rutgar stemmte sich in die Höhe und sah zu, wie die Fischer salzverkrustetes Holz ins Feuer schoben.
»Das Schlimmste ist vorbei«, sagte er leise. »Es wird Zeit. Jeder von uns hier muss seine Aufgabe kennen.«
Er ging zu seinem Sattel, trennte mit der Dolchspitze eine Naht auf und zog drei goldene Hyperpyrone hervor. Als er zum Feuer zurückkam, warf ihm ein Fischer ein Stück Lederschnur zu und meinte mit einem langen Blick auf den funkelnden Dolchgriff: »Versteck die Waffe, Franke. Ist nicht gut, in dieser Zeit, seinen reichen Besitz zu zeigen.«
»Danke«, antwortete Rutgar, gab jedem Fischer eine Goldmünze; die dritte war für Faroard, der einen vollen Korb heranschleppte.
»Dafür, Freunde, sollt ihr mir helfen. Beobachtet die Küste hier. Wenn die Seldschuken die unbewaffneten, schutzlosen Pilger angreifen - ich meine nicht die Ritter, Knappen und Kriegsknechte -, müsst ihr nach Konstantinopel segeln. Zum goldenen Horn, zum Palast des Kaisers Alexios. Dort werdet ihr jemanden finden, der euch zu einem Prediger führt, zu Peter dem Eremiten. Wollt ihr das tun?«
»Wann?«
»Wenn es hier von Seldschuken wimmelt. Der Basileus wird seine Flotte schicken; ihr kennt die großen Galeeren und Trieren. Es sind Kinder, Jungen und Mädchen, Unschuldige, Kranke und Alte, die gerettet werden müssen.«
»Verlass dich auf uns«, sagte Faroard, stellte den schweren Korb ab und schlug Rutgar auf die Schulter. Rutgar gab ihm die Münze. Faroard biss darauf, verzog das Gesicht und schob sie in den Gürtel. »Wenn uns Vater Gautmar bittet ...«
»Er hat es dem Grünäugigen versprochen!«, rief Chersala.
Der alte Fischer nickte schwer. »Heute Nacht kommen weder deine hungrigen Ritter noch die blutgierigen Seldschuken.« Faroards dunkle Stimme klang beruhigend. »Setzt euch. Lasst uns essen, trinken und erzählen.«
Das Gewitter zog mit Donner und Wetterleuchten widerstrebend nach Süden ab. Die Mauern begannen zu dampfen, der Wind vom Meer blies die Burg trocken. Bis spät in die Nacht saßen Chersala und die Männer am Feuer und leerten, während sie über Höllenfeuer, Schuld und Sühne, Fischfang und die Stürme im Herbst
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