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Jerusalem

Titel: Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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südlich, trafen in Lucca den Papst Urban und zogen von dort weiter nach Kalabrien, wie dieser Teil von Süditalien heißt. Robert von Flandern fuhr zu Schiff von Bari nach Avlona und ist inzwischen auf dem Weg zum Kaiser. Robert von der Normandie und sein Freund Stephan von Blois schädigen im milden Winter die Küste von Italien; wann sie aufbrechen, vermag ich nicht zu sagen. Das fünfte Heer also; hoffentlich das letzte für alle Zeiten.«
    Er machte eine Pause und sagte, leiser und schärfer:
    »Rechnet man sie zusammen, sind es trotz Schiffsuntergangs und vieler Kämpfe mit Ansässigen mindestens siebzig-, vielleicht hunderttausend Mann. Hauptmann Roger und auch die Höflinge im Palast glauben, dass die Heere erst im Ostermond hierher übersetzen werden. Also in zwei, drei Mondwechseln von jetzt an.«
    Faroard, Gautmar, der Priester, die Übrigen - die Dörfler verstanden, ohne fragen zu müssen. Rutgar hob die Hand und warf ein: »Auch wenn ein Heer aus Rittern hier hindurchzieht, die keine Plünderer sind und vielleicht auch für ihre Verpflegung, Brot, Käse und Fisch, bezahlen, für Heu oder Schlachtvieh, werden sie große Schäden verursachen.«
    »Auch unter einer langen Belagerung von Nikaia dürften die umliegenden Dörfer leiden. Die Stadt hat hohe, dicke Mauern und zwanzig Dutzend Wachtürme«, sagte Faroard. »Sie wird sich nicht so leicht ergeben.«
    »So ist es«, bekräftigte Berenger. »Nikaia, wie jedermann weiß, ist die Hauptstadt der Seldschuken. Die wichtigste Straße für Heere und Händler führt hindurch. Die Franken brauchen die Straße für ihren Nachschub; von Civetot, Pelikanon, Nikomedia oder Helenopolis ist es nicht weit dorthin. Die Spione haben berichtet, dass Sultan Kilidsch Arslan weit im Osten, in Militene, an der Spitze seines Heeres kämpft. Seine Gemahlin, die Kinder und alle Schätze aber sind in Nikaia. Als Erstes werden die Fremden Nikaia belagern und erobern wollen. Kilidsch wird es verhindern müssen - dort in der Nähe also wird die erste Schlacht sein, Rutgar.«
    »Ich verstehe, was du damit sagen willst«, antwortete Rutgar. Berenger stand auf, packte die Säcke und setzte sich schwer, während er die Knoten langsam öffnete, auf die Stufen.
    »Ein paar unbedeutende Geschenke aus dem Palast«, knurrte er und zog ein Paket nach dem anderen heraus. »Guter Wein für den Schmied und den Priester.« Er verteilte in Stroh gewickelte Krüge. »Einige Leckereien für meinen Gastgeber. Stoff für die Kirche und die schönen Frauen. Noch mehr Kerzen zur Erleuchtung eurer Seelen. Zwei Barren bestes Eisen und Bronze für das ganze Dorf. Bogensehnen, gute Messer, Garn und Nadeln, allerlei, was sonst die Händler bringen. Hier, alles für euch. Der Rest ist mein eigener Proviant.«
    Jeder, der ein Geschenk bekam, bedankte sich; die Männer zögerten, den Platz vor der Schmiede zu verlassen. Als sich die Säcke geleert hatten, sagte Berenger:
    »Ich falle euch noch ein paar Tage lang zur Last. Wenn ihr Fragen habt, redet mit mir. Oder mit Jean-Rutgar. Und du, Faroard, kennst du den See Nikaias und den schiffbaren Abfluss?«
    »Wir haben oft dort gefischt.«
    »Dann habe ich mit euch Fischern noch zu reden. Ich glaube, für heute habe ich euch genug erschreckt. Merkt euch alles - es geht um euer Leben.«
    »Wenn ich dir noch eine Weile zuhöre, verliere ich den Glauben an jegliche Ernsthaftigkeit der Züge nach Jerusalem und der Notwendigkeit, das Heilige Grab zu befreien«, sagte Rutgar nach einer Weile, während der alle schwiegen.
    Gautmar legte die Barren neben das Feuer, behielt die Bronze in der Hand und sagte: »Es wird kalt. Gehen wir ins Haus. Sonst nimmt der Wein Schaden in der Kälte.«
    Er blickte den Dörflern nach und schob Berenger und Rutgar zur Tür.
 
    Von Sonnenuntergang her trieben niedrige Wolken heran und tränkten den Schnee mit feinem, kaltem Regen. Der Schnee wurde weich und klebrig, aber die Pferdehufe rutschten kaum. Chersala und Rutgar begleiteten Berenger auf dem Pfad bis zur breiteren Straße, die nach Helenopolis und zur Uferburgruine führte. Berenger hielt an und schlug die nasse Kapuze zurück.
    »Die Kriegshandwerker des Butumites werden nicht die Ersten sein. Ich habe nachgedacht - reite erst zu den Rittern, wenn du deine Sprache hörst und die Fahnen deiner Leute siehst, Ritterlein.«
    »Das hab ich schon bedacht, Freund Berenger.« Sie umarmten sich kurz; Wasser tropfte aus den Mänteln. »Wenn ich Thybold suche, dann nur unter den

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