Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Jerusalem

Titel: Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
Vom Netzwerk:
und andere Frankenritter. Der ›Zimmermann‹ und zwei Dutzend Ritter kamen in Dyrrhachion an, das sie Durazzo nennen. Dort baten sie den Statthalter um gebührenden Empfang. Nun will es das Schicksal, dass der Sohn des Kaisers, Johannes Komnenos, dieser Statthalter ist. Aber die Flotte Hugos kam in einen Sturm - nur Narren segeln in diesen Monaten -, und viele Schiffer, Ritter und Knappen, leider auch die Pferde, sind ertrunken. Hugo selbst, mit ein paar anderen, strandete in der Nähe der Stadt, ritt als nasser Schiffbrüchiger auf geliehenem Pferd zu Johannes und bekam trockene Kleider und einen warmen Empfang. Auch Hugo von Vermandois ist in Konstantinopel angekommen und gießt zusätzliche Bitternis in den Kelch von Alexios.
    Dein Papst Urban, der in der Lombardei reiste, nahm Hugo den Treueid ab und gab ihm das Kreuz, das Banner des Petrus - womit nicht dein Prediger gemeint ist, Ritterlein.«
    Der Blick des Waräger-Anführers fiel auf die beiden prallen Ledersäcke, die sein Saumpferd getragen hatte und die jetzt auf den Stufen des Hauses lagen. Er schüttelte kaum merklich den Kopf und sah wieder auf das Pergament.
    »Aber schon erfahren wir vom dritten Teil eines Heeres, das angeblich so zahlreich ist wie ein Heuschreckenschwarm und ebenfalls die Sonne verdunkelt.« Berenger lachte und machte eine abschätzige Geste. »Unser einziger Trost kann sein: Wenn Seldschuken und Ritter gegeneinander kämpfen, erspart sich der Basileus, vielleicht, die Mühen, ein Heer gegen den Sultan Kilidsch aufzustellen ... Also: der dritte Zug, von dem wir wissen. Der vierundfünfzigjährige Graf Raimund von Toulouse, nach seiner Lieblingsburg Graf von Saint-Gilles geheißen, nahm auf seinen Zug Elvira, seine dritte Gattin, mit, die Tochter einer Konkubine des Königs von Kastilien und Leon, samt ihrem Sohn Alfons.
    Erst im Weinmond des vergangenen Jahres, der Umstände und des Geldes halber, nachdem er seine Länder verpfändet und verkauft hatte, hatte er trotz seiner verrufenen Sparsamkeit einen mehr als zehntausend Menschen zählenden Menschenhaufen versammelt. Auch Frauen wollten in einem bewaffneten Heer mitziehen. Daraus wurde nichts, aber die Zahl frommer Männer, vom Mönch bis zum Bischof, soll allgemein erstaunt haben. Aber wir wissen, dass Kirchenmänner mit den Waffen der Ritter ebenso gut umgehen wie mit denen des Glaubens. Tausend Berittene, meist Grafen aus deinem Land, Ritterlein.
    Auch Adhemar von Le Puy, von dem du mir erzählt hast, der geistliche Führer aller eurer Heere, mitsamt seinen Brüdern François-Lambert und Wilhelm-Hugo von Monteil, reitet mit Raimund von Toulouse oder Saint-Gilles.« Wieder las er ab. »Aus Burgund kommen sie, aus der Auvergne, der Gascogne, aus Gothien und deiner Provençe. Sie sind über das Alpengebirge zum nördlichen Ufer des Adriatischen Meeres geritten und haben Durazzo gegen Anfang des Hornung erreicht. Seither fehlt jede Nachricht, aber elftausend Menschen verschwinden nicht spurlos. Nicht einmal am Pass von Drakon.«
    Schmied Gautmar stand auf und reckte sich. Er schüttelte den Kopf und blickte sinnend auf das schneebedeckte Land. Die Dörfler warteten darauf, dass Berenger mit seinem Bericht fortfuhr, und ihre Blicke gingen immer wieder zu den Ledersäcken. Aber auch Berenger stand auf, blickte traurig in seinen leeren Becher und sagte:
    »Genug für heute. Ich will jetzt mit meinem Kampfgefährten in sein Haus gehen und mit ihm ganz andere Dinge bereden. Morgen Mittag seid wieder hier, ja? Dann erfahrt ihr vom wilden Bohemund und seinen italischen Normannen.«
    Er legte die Arme um Gautmars und Rutgars Schultern und blinzelte Chersala zu.
    »Ich bin mehr ein Mann der Tat als der Rede«, murmelte er. »Obwohl mir das keiner glaubt. Kommt, zeigt mir euer hoffentlich warmes Liebesnest, Ritterlein.«
    Er verbeugte sich vor dem Priester und den Dörflern, flüsterte eine Weile in Gautmars Ohr und raffte, als er Chersala und Rutgar folgte, seinen schweren Mantel über der Brust zusammen.
    Er ging einmal ums Haus herum, nickte beifällig und zog neben der Feuerstelle den Mantel aus. Um den Hals trug er einen Ledergurt, in dessen Enden vor den Hüften zwei lederne Beutel hingen, so groß wie Kinderköpfe. Er knüpfte die Knoten auf und stellte die Beutel, in denen es klirrte und klingelte, auf den Tisch. Mit plötzlichem Ernst redete er weiter, während sein Blick zwischen Chersala und Rutgar wechselte.
    »Der Kaiser ist reich, ohne Zweifel. Sein Reichtum kommt auch von

Weitere Kostenlose Bücher