Jerusalem
durch sein Land ziehen.
Robert von Flandern und Gottfried von Niederlothringen verließen während der letzten Tage des Hornung, gefolgt von Berengers Kundschaftern, die Stadt Antiochia. Im weichen Sattel der ruhigsten Stute, geschützt in der Mitte einer Gruppe Bewaffneter und dick in Decken und Reitermantel eingewickelt, ritt Chersala. Sie war noch immer mager und schwach, aber von Tag zu Tag war sie gesünder geworden; den Kampf gegen Seuche und Fieber hatte sie gewonnen.
Die Fürsten und Geistlichen, das Heer, der Tross und die Kundschafter bewegten sich langsam nach Süden, auf Tarsus zu. Bohemund von Tarent erfreute sich an der Herrschaft über Antiochia; er genoss das Wohlleben und festigte seine Macht. Trotzdem begleitete er das Heer bis nach Latakia, kehrte dort aber um und ritt zurück in seine Stadt.
Raimund schickte Thybold zu den Kundschaftern; sie sollten nach Arqa reiten, um herauszufinden, wie die Stadt zu belagern sei. Das Heer der Franken, so zusammengeschmolzen es auch sein mochte, befand sich immer noch im Krieg.
In einem großen Pferch weideten ruhig die Pferde. Die Tiere waren ausgeruht und wohlgenährt; das Land, fruchtbar und reich, ernährte Tiere und Menschen.
Berenger sah zu, wie Chersala, blinzelnd im Sonnenlicht, fetten Brei aus einer Schale löffelte. Rutgar stichelte an einer Naht seines Sattels und warf hin und wieder einen Blick zur Stadt und den Zelten der Belagerer.
»Nie waren wir Jerusalem näher als heute«, sagte Berenger. »Noch ein paar Wochen, Rutgar, und dann werden wir viel zu bereden haben. Auch mit deinem Halbbruder.«
»Vieles. Wichtiges. Wenn wir den Kampf um die Stadt überleben«, antwortete Rutgar und schnitt den Faden durch. »Hoffen wir auf etwas Beute, wenige Kämpfe und einen freien Hafen an der Küste.«
»Würdest du mitkommen?«, sagte Chersala, an Berenger gewandt, und hob den Kopf.
Rutgar blickte Berenger prüfend und erwartend an. Dieser hob unschlüssig die Schultern. Chersala und Rutgar hatten ihn nicht zum ersten Mal gefragt.
»Ein Schritt nach dem anderen. Thybold wird mit euch reiten. Alles nach dem letzten Tag, Rutgar. Inschallah! «
»Inschallah! So Gott will.« Klang das nicht besser als Deus lo vult? Rutgar nickte ernst. In Antiochia hatten er und Chersala vieles von den Muslimen gelernt, die im Gutshof als Diener und Sklaven gehalten worden waren. Die Sitten im Land der Muslime, die Reinlichkeit, da sie sich fünfmal täglich wuschen, das Heilige Buch, das fünfmalige Gebet und die Gebote des Qur'ān, die Namen der Städte und die der wichtigsten Herrscher und Straßen - Berenger und einige seiner wissbegierigen Kundschafter, besonders Rutgar und am meisten die sprachkundige Chersala, bekamen Antworten auf fast alle Fragen.
Rutgar, der sich an viele Worte in Ragenardas Sprache entsann, lernte eifrig und schrieb unentwegt fremde Wörter auf; in den kampflosen Wochen in Antiochia hatte er genug Zeit dazu.
»Die hohen Herren«, warf Berenger ein und machte eine abschätzige Geste, »pilgern nicht in einem machtvollen Zug nach Jerusalem. Es wäre auch ein wirkliches Wunder. Sie reiten hierhin, dorthin, belagern, erobern ...«
»Viele wollen hier ihre Grafschaften und Fürstentümer errichten.« Rutgar blickte zu den Lagern Raimunds, Gottfrieds und Roberts von Flandern hinüber, die Arqa von drei Seiten belagerten.
Bevor die Fürsten sich entschlossen hatten, die Stadt zu erobern, waren aus fast allen Städten, selbst aus Dörfern, Sendboten mit schwerbeladenen Maultieren erschienen, mit Lasten aus kostbaren Stoffen, Proviant, Blumen und Gold. Furcht und Angst um ihre Herrschaft, ihr Land und die Bewohner beherrschten die Emire, und sie versuchten sich das Wohlwollen der Franken zu erkaufen.
Auch Raimund hatte sich mit fünftausend Goldstücken das Wohlwollen Tancreds erkauft, der seine Führung anerkennen sollte. Gier nach Gold beherrschte die Fürsten. Als Raimund Tancreds Rat in den Wind schlug, wechselte dieser in Gottfrieds Lager. Wieder entstanden Streit und Unfriede, selbst unter den Truppen der Belagerer.
»Küsse den Arm, den du nicht brechen kannst, und bitte Allah, dass er ihn bricht, sagen die Muslime.« Berenger deutete in die Richtung, in der Tripolis liegen mochte. »Der Qadi Jalal el-Moulk hat Raimund von Saint-Gilles die kostbarsten Geschenke gemacht. Tripolis ist eine sehr reiche Stadt: Obstbäume, Ölbaumhaine, Johannisbrotbäume und Zuckerrohr. Der Handel im Hafen macht sie täglich reicher. Sie fürchten
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