Jerusalem
Straße und bis zum Ufer des Flusses.
Peter und Rutgar und eine Handvoll besonnener Pilger ritten zur Stadt zurück. Peter spürte die Angst eines jeden in seinem Heerhaufen, als er mitten zwischen den satten, halb betrunkenen und verwundeten Siegern aus dem Sattel des Esels stieg. Zwischen Waldrand und Straße schaufelten Pilger eine Reihe Gräber; jemand hatte Rutgar zugerufen, dass die Petschenegen hundert Pilger erschlagen hätten.
»Ihr habt die Gebote Gottes missachtet!«, rief Peter anklagend und hob beschwörend die Arme. »Und er wird uns strafen. Die Rache ist mein, spricht der Herr.«
»Was sollen wir tun, Einsiedel?«
»Vom Ort der Schande fliehen!«, rief er. »Und im Gebet euren Ungehorsam und die Schandtaten bereuen!«
»Wir nehmen die Furt über die Save«, meinte einer. »Am anderen Ufer sind wir auf dem Gebiet der Rhomäer.«
»Er hat recht!«, schrien andere. »König Koloman wird furchtbare Rache nehmen!«
Sie fingen noch am gleichen Abend an, Flöße zu bauen, nach dem Gottesdienst für die Erschlagenen. Alles Holz, das ihnen in die Hände fiel, wurde zusammengebunden, vernagelt und verzapft. Aber niemand hatte an die Boten gedacht, die auch zum Statthalter Niketas nach Belgrad ritten und ihn vor der zügellosen Wut des riesigen Heeres warnten.
Auch schien sich in Belgrad, Nisch und Konstantinopel niemand mehr an den großen deutschen Zug der Pilger zu erinnern, der vor drei Jahrzehnten friedlich durch die Länder gewalzt war. Sobald die Franken übergesetzt hatten, würden sie Belgrad ebenso bedrohen, wie sie Semlin verwüstet hatten, dachten die Ungarn und Rhomäer. Der kaiserliche Statthalter Belgrads war Niketas, dem Gerücht nach ein junger, unerfahrener Ungar. Seine Söldner, bedingungslos ergebene Petschenegen, waren die einzige wirksame Waffe, die er besaß, um den Franken zu drohen.
Der Fürst verfügte, dass seine Söldner alle Bewegungen des Heeres überwachen und sie zur Benutzung einer einzigen Furt zwingen sollten. Kurz darauf wimmelte zwar der Fluss von Booten, in denen schwer bewaffnete Petschenegen ruderten, aber schon vor dem ersten Kampf erkannte Niketas, dass er zu wenige Truppen besaß. Das Pilgerheer Peters des Eremiten war viel zu zahlreich, und, getrieben von Angst, Wut und Hunger, trotz der mangelnden Bewaffnung gefährlicher als ein Heer galoppierender Ritter.
Niketas rettete sich nach Nisch. Dort befand sich das kaiserliche Kommando der Provinz. Die zahlreichen in den Mauern der Stadt zusammengezogenen Söldner waren kriegserfahren, sodass sie Peters Heer standhalten konnten. Als Fürst Niketas mit seinem Gefolge durch das Stadttor galoppierte, bekamen es die Bewohner mit der Angst zu tun, packten ihren wertvollsten Besitz, verließen fluchtartig die Stadt und versteckten sich in den Bergwäldern.
Am 26. Tag des Brachmonds, unter tief hängenden Morgenwolken und im fernen Donner eines Wetterleuchtens jenseits der bewaldeten Hügel, fluteten Tausende und Abertausende Franken in Flößen und löchrigen Booten über die Save und in das Land der Rhomäer hinein. Als die ersten Boote der Verteidiger heranruderten, wurden die Petschenegen angegriffen, die Boote umgekippt und die gefangen genommenen Söldner umgebracht. Die Priester und Mönche im Heer segneten jedes kenternde oder zersplitternde Boot.
Niketas' überlebende Söldner flüchteten, entsetzt über die unaufhaltsame Menge der Franken, die singend, betend und todesverachtend von Bord zu Bord kämpften, flussabwärts. Zweimal war Gottfried von Burel nahe daran, zu ertrinken, aber trotz der schweren Rüstung schaffte er es, brüllend vor Wut zum Ufer zu waten.
Peter der Eremit führte das Heer auf Straßen, die außer ihm niemand kannte, auf Belgrad zu. Ohne zu zögern, drangen die fränkischen Pilger an ihrem Anführer vorbei durch die offenen Tore der verlassenen Stadt ein, plünderten jedes Haus, jeden Keller, jeden Winkel. Als die Enttäuschung des Pilgerheeres zu groß geworden war - sie hatten wenig Proviant und keinen Widerstand gefunden -, zündeten etliche der betrunkenen jungen Berittenen trotz der Beschwörungen Peters und der Befehle einiger seiner Ritter die Stadt an. Belgrad brannte lichterloh; die geflüchteten Bewohner schmeckten den Rauch und die verkohlten Heimstätten noch Tage danach in ihren Waldverstecken. Abermals zwangen Peters Gebete und Beschwörungen die Zehntausende, den Ort rasch zu verlassen und weiterzuziehen, nachdem er eine Dankesmesse gelesen hatte.
Sieben
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