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Jessica

Jessica

Titel: Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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goss sich einen Becher Kaffee ein und nahm einen belebenden Schluck. Er war so stark, dass er ihn fast wieder ausgespuckt hätte, aber seine gute Erziehung verbot ihm das. »Du hast ein geschwätziges Maul, C. W.«, sagte er.
    C. W.s Ohren wurden rot. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Ach, tu doch nicht so scheinheilig!«, rief Gage und schüttete den missratenen Kaffee in den Ofen, dass es nur so zischte. »Du hast Jessica Barnes verraten, wie viel ihr Bruder mir schuldig war.«
    C. W. sah zu Boden.
    »Oder?«, bohrte Gage.
    Der andere schluckte und nickte dann. »Es war raus, ehe ich wusste, was ich tat, Gage. Sie hat mich einfach mit ihren unglaublichen Augen angesehen, und schon verwandelte ich mich in einen Idioten.« C. W. setzte sich an seinen Schalter und begann, Nachrichten zu ticken. »Es wird dich kaum trösten, aber es tut mir wirklich leid.«
    Gage fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er brauchte ein Bad, eine Rasur, frische Kleider und einen großen Teller voller Essen von Junebug McCaf frey — in dieser Reihenfolge. Nachdenken konnte er hinterher noch.
    Eine halbe Stunde später saß er in der Zinnwanne der McCaffreys und schrubbte sich, und der Duft nach reichhaltigem Südstaatenessen erfüllte die Luft. Danach würde er zu Jessica gehen und ihr sagen, dass er sie zu nichts zwingen wollte. Vielleicht würde er auch sagen, dass er oft an sie dachte und starke Gefühle für sie entwickelt hatte. Aber das hatte er gerade erst vor sich selber zugegeben.
    Jessica verließ die Bank in Choteau mit ihren Ersparnissen in der Handtasche und sah sich nach rechts und link s um. Gegenüber wartete die Postkutsche nach Springwater. Sie kannte den Kutscher nicht, aber das spielte keine Rolle. Sie hatte das Geld, um Gage zu bezahlen, und sie musste so schnell wie möglich zurück zu den Babys und der Gazette. Sie hatte eine komplette Ausgabe fertig gestellt, und sobald sie die Kinder aus dem Laden abgeholt hatte, wo Comucopia auf sie aufpasste, würde sie zu drucken beginnen.
    Jessica sah zum Himmel hoch. Er war kl ar und blau, aber am Horizont ballten sich dunkle Wolken. Allein der Anblick ließ sie erbeben.
    Sie ging zur Kutsche, wo der Kutscher bereits ihre Tasche einlud. »Ma’am«, sagte er und berührte seinen Hut. »Wollen Sie nach Springwater?«
    »Ja«, antwortete sie zurückhaltend. »Wird die Kutsche pünktlich sein?«
    »Ja, Ma’am«, sagte er und zog den Hut. »Ich bin Jack Arthur und fahre heute für Guffy. Er hat Rheuma.« Dann wandte er den Kopf und betrachtete den Himmel, wie Jessica es eben gemacht hatte. »Da zieht ein Sturm auf, Ma’am«, sagte er dann. »Vielleicht sollten wir besser hier in Choteau bleiben. Es kann rau werden.«
    Jessica erzitterte, schüttelte aber den Kopf. Auf sie warteten zwei Kinder und die Zeitung. Außerdem konnte sie sich eine Übernachtung nicht leisten, geschweige denn mehrere. Das Zurückzahlen ihrer Schulden verschlang fast alles, was sie noch hatte. »Ich würde li eber nach Hause fahren«, sagte sie.
    Arthur nickte. »Ja, Ma’am.« Nach einem weiteren BHck zum Himmel half er ihr in die Kutsche und bald waren sie auf dem Weg nach Springwater. Sie fuhren recht schnell, und in der Kutsche war es kalt, aber Jessica beklagte sich nicht. Sie zog nur den Mantel enger um sich, lehnte sich zurück und stellte sich a uf eine lange, unbequeme Reise ein.
    Während der Fahrt dachte sie an den Zug. Sie sa h die Szenen so lebendig vor sich, als hätte sie sie miterlebt. Vor der Fahrt hierher hatte sie einen langen Artikel geschrieben, der auch jene Liste der Opfer enthielt, die sie aus Missoula bekommen hatte. Außerdem einen Bericht und ein paar kleinere Artikel - das war die erste Ausgabe ihrer Zeitung.
    Jetzt plante sie bereits die Ausgabe der nächsten Woche. Dort würde der erste Fortsetzungsroman erscheinen, den Emma Hargreave unter Pseudonym verfasst hatte, dazu ein Bericht über den Patchworkclub, der sich vergangene Woche bei Mrs. Trey Hargreave getroffen hatte; und außerdem Junebug McCaffreys Rezept für süßen Kartoffelkuchen. Das musste für eine Stadt wie Springwater reichen, und aktuelle Nachrichten konnten immer noch kommen.
    Wenn Jessica an die Kinder dachte, wurde ihr wehmütig ums Herz. Im Laden hatten sie wie kleine Engel auf dem Tresen gelegen, und sie hatte wieder gemerkt, wie sehr sie sie liebte. Es würde nicht einfach werden, sie großzuziehen, aber es war die Sache wert.
    Allem der Gedanke an die Kinder gab ihr Kraft, alle Hindernisse zu

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