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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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abgelehnter Entwurf vom ‹Herrn der Ringe›.»
    «Das ist nicht ‹Herr der Ringe›!» , protestierte Gabriel.
    «Aber fast: Satan schickt die drei apokalyptischen Reiter zur Erde   …»
    «Es sind vier Reiter!» , korrigierte Gabriel. «Krieg, Hunger, Krankheit und Tod.»
    «Und Jesus wandelt wieder auf Erden und besiegt den Satan und seine Hoppe-Hoppe-Reiter» , spottete Silvia.
    «Ja, genau dies wird er tun» , insistierte Gabriel.
    «Und danach erschafft Jesus gemeinsam mit Gott ein Himmelreich auf Erden» , grinste Silvia noch breiter.
    «So wird es geschehen!»
    «Klingt, als ob dieser Johannes, der das für die Bibel aufgeschrieben hat, im Nebenberuf Hanf angebaut hat.»
    Gabriel bereitete es höllische Angst, dass seine Angebetete die Bibel nicht ernst nahm, und kam auf den Punkt: «Nicht jeder Mensch wird von Jesus ins Himmelreich aufgenommen.»
    «Och, soll ich jetzt auf meine alten Tage gläubig werden?» Dass Gabriel so besorgt um sie war, fand sie irgendwie süß.
    «Ja! Verdammt nochmal!» , schrie Gabriel.
    Sein Ausbruch irritierte sie: «Das war das erste Mal, dass ich dich habe fluchen hören.»
    «Die Ungläubigen werden alle bestraft» , erklärte Gabriel nun ganz leise und besorgt.
    «Dafür haben wir Ungläubigen im Hier und Jetzt ein besseres Leben, weil wir uns von solch schrecklichen Bibeltexten nicht einschüchtern lassen» , konterte sie.
    Dann blickte Silvia auf die Uhr, sie musste los zu einem Termin in ihrer Praxis. Aber Gabriel war tatsächlich richtig süß, wenn er sich so aufregte. Warum fiel ihr das erst heute auf? Klar, weil ihr Exmann diesen jungen weißrussischen Hüpfer hatte und sie plötzlich Angst bekam, allein alt zu werden. Das wusste ihr analytischer Psychologenverstand. Der wusste aber auch, dass es völlig normal war, so auf die neue Liebe des Exmannes zu reagieren. Und dass man ausleben sollte, was einem guttut.
    So sagte sie Gabriel zum Abschied: «Ich komme dich heute Abend mal besuchen.»
    Sie gab ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Dann ging sie mit keckem Schritt das Treppenhaus hinunter.
    Gabriel hielt sich verwirrt die Wange: So fühlte es sich also an, von ihr geküsst zu werden. Jetzt wollte er sie noch weniger verlieren als ohnehin schon. Doch er hatte nicht mehr viel Zeit, seine große Liebe zu retten. Jesus wandelte bereits wieder auf Erden.

9
    Als ich in meinem Kinderzimmer aufwachte, gab es keinen Zweifel mehr: Ich war nun ein M.o.n.s.t.e.r. ( M ittdreißigerin o hne n ennenswertes S elbstbewusstsein, T rauschein, E nergie und R eife). Matt und leidend lag ich auf meinem Bett. Mir ging es hundeelend. Die Nacht war furchtbar gewesen, und nun wich sie einem verregneten Tag. Anstatt im Flieger zu den Flitterwochen auf Formentera zu sitzen und mir von der Stewardess Pappbrötchen servieren zu lassen, lag ich in meinem Kinderzimmer, starrte auf den vom Regen immer größer werdenden Fleck an der Decke und fragte mich, ob dies nicht ein guter Augenblick wäre, Alkoholikerin zu werden.
    Ich wandte meinen Blick von dem feuchten Fleck ab, sah in den Raum und entdeckte meine alte Kompakt-Stereoanlage. Als Teenager hörte ich bei Liebeskummer immer
I will survive
und tanzte dabei durch mein Zimmer wie ein Känguru auf Ecstasy.
    Danach war ich jedes Mal für vier Minuten total aufgeputscht, nur um anschließend wieder in mich zusammenzusacken und mich zu fragen, ob ich wirklich überleben würde. Dann legte ich schwitzend
I am what I am
auf, aber das hatte eine noch geringere Wirkung, fragte ich mich bei diesem Song doch immer:
What
genau
am I
eigentlich?
    Heute würde ich mich das nicht fragen, wusste ich doch genau: I am a M.o.n.s.t.e.r. Und ich war mir auch sicher, ich würde das alles hier nicht überleben, wenn nicht ein Wunder geschähe.
    Ich faltete meine Hände und betete um ein solches zu Gott: «Lieber Gott, bitte, bitte mach, dass alles wieder gutwird. Irgendwie. Keine Ahnung, wie. Hauptsache, es wird alles wieder gut. Wenn du das tust, dann gehe ich auch jeden Sonntag in die Kirche. Wirklich. Versprochen. Egal, wie langweilig die Predigten sind. Und ich gähne auch nicht und mach mir nie wieder dabei Gedanken über Jesus   … Ich meine, ich mach mir schon Gedanken über Jesus, aber nicht solche wie gestern. Und ich spende auch ein Zehntel, oder wie du es nennst, den Zehnten meines Monatseinkommens für gute Zwecke   … oder sagen wir doch lieber den Zwanzigsten, sonst komm ich nicht ganz so gut über die Runden. Andererseits, wenn du

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