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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Gedanken über einen Mann, zu dem ich bisher nur ein paar Laute gegrunzt hatte.
     
    In meinem Gedankenfluss unterbrach mich schließlich Kata, die mit zwei Koffern voller Klamotten von Sven zurückkehrte.
    «Wie geht es ihm?», fragte ich.
    «Er sieht aus wie du.»
    «Wie schon mal gegessen?», fragte ich.
    «Exakt.»
    Ich fühlte mich unglaublich schuldig, noch nie hatte ich einen Mann so unglücklich gemacht. Normalerweise machten die Männer ja mich unglücklich. Ich seufzte und fragte Kata: «Musst du wirklich schon heute abreisen?»
    Ich wollte so gerne, dass sie noch bei mir bleibt.
    «Es ist besser, wenn ich noch bei dir bleibe, bis es dir wieder gutgeht.»
    «Die ganzen hundert Jahre?», fragte ich traurig.
    «Solange es nötig ist», grinste sie.
    Ich umarmte sie.
    «Du erdrückst mich», stöhnte sie auf, und ich erwiderte liebend: «Das will ich ja auch!»
     
    Als ich nach fünf Minuten mit Drücken fertig war, zog ich mich um und war froh, endlich wieder Jeans und Pulli tragen zu können. Wir beide gingen hoch und wollten in Katas Zimmer einfach die Dinge machen, die uns in diesem Augenblick am meisten interessierten: Sie wollte zeichnen und ich mich deprimiert selbst bemitleiden.
    Als wir aber an meinem Zimmer vorbeikamen, hörte ich, wie Joshua auf dem Dachboden sang. In einer mir fremden Sprache. Nicht italienisch. Mit seiner tiefen, wirklich berührenden Stimme. Höchstwahrscheinlich hätte sie einen auch berührt, wenn er so etwas gesungen hätte wie: «Sagt mal, von wo kommt ihr denn her? Aus Schlumpfhausen, bitte sehr!»
    Ich erklärte Kata, dass ich nur noch schnell etwas holen wolle und ihr gleich folgen würde. Dann ging ich in mein Zimmer, kletterte dort die Dachlukentreppe hoch und betrat den Boden.
    Joshua hatte gerade ein undichtes Fenster aus dem Rahmen genommen und stellte es ab. Er wirkte dabei auf eine sehr entspannte Art konzentriert. Er war jemand, der bei seiner Arbeit offensichtlich alles andere vergaß.
    Als Joshua mich entdeckte, hörte er auf zu singen. Ich war neugierig, was für ein Lied es war, und fragte: «Wddl dllll?»
    So ging das nicht weiter. Hastig blickte ich auf den Boden, sammelte mich und nahm einen neuen Anlauf: «Was   … haben   … Sie   … denn da gesungen?»
    «Einen Psalm über die Freude an der Arbeit.»
    «Ah   … okay», antwortete ich irritiert. Ich benutzte die Worte «Freude» und «Arbeit» höchst selten gemeinsam in einem Satz. Und das Wort «Psalm» eigentlich nie.
    «Und was für eine Sprache war das?» Ich konnte ihn nun anblicken und dabei halbwegs fehlerfrei einen Satz herausbringen. Der Trick war, nicht in diese tiefen, dunklen Augen zu blicken.
    «Hebräisch», antwortete Joshua.
    «Ist das Ihre Muttersprache?»
    «Ja, ich stamme aus der Gegend des heutigen Palästina.»
    Palästina. Nicht ganz so attraktiv wie die Toskana. Ob Joshua ein Flüchtling war?
    «Warum leben Sie nicht mehr dort?», fragte ich ihn.
    «Meine Zeit dort war zu Ende gegangen», antwortete Joshua wie jemand, der den Lauf der Dinge voll und ganz akzeptiert hatte. Er wirkte in sich ruhend. Aber doch unglaublich ernst. Viel zu ernst! Ich fragte mich, wie es wohl wäre, diesen Mann mal so richtig lachen zu sehen.
    «Wollen Sie heute Abend mit mir etwas essen gehen?», fragte ich.
    Joshua war erstaunt. Aber nicht halb so erstaunt wie ich, dass ich das gerade gesagt hatte. Vor nicht mal zwanzig Stunden hatte ich Sven am Altar stehengelassen, und jetzt wollte ich mich schon mit einem Kerl treffen, nur um den mal lachen zu sehen?
    «Was?», fragte Joshua.
    «Grdlllff», antwortete ich.
    Panisch überlegte ich, ob ich zurückrudern sollte, entschied mich aber für die Flucht nach vorne und den eher kläglichen Versuch, geistreich zu sein: «Es gibt doch sicherlich auch einen Psalm über das Essen.»
    Er blickte mich nur noch erstaunter an. Gott, war das peinlich!
    Wir schwiegen, und ich versuchte in dem Gesicht des Zimmermanns zu lesen, ob er sich mit mir verabreden wollte oder ob er mich für eine aufdringliche Kuh hielt, die von Psalmen so viel Ahnung hat wie von der experimentellen Teilchenphysik.
    Aber sein Gesicht war unmöglich zu lesen, es war so ganz anders als jedes andere. Und das nicht nur wegen des Barts.
    Ich sah wieder auf den Boden und wollte gerade verlegen «Vergessen Sie es» murmeln, da antwortete er: «Es gibt viele Psalmen, in denen es um Brot und Speisen geht.»
    Ich schaute wieder zu ihm auf, und er sagte: «Ich würde gerne mit dir speisen,

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