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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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allerdings auch zumute war.
    Ich öffnete die Tür. Papa war von meinem Anblick für einenkurzen Moment irritiert und sagte dann: «Wurde auch langsam mal Zeit.»
    Dann winkte er jemanden herbei: «Marie, darf ich dir Joshua vorstellen? Er ist so nett und wird den Dachstuhl reparieren.»
    Ein mittelgroßer Mann in Jeans, Hemd und Wildleder-Boots trat hinzu. Er hatte einen etwas südländischen Teint, lange, leicht gewellte Haare und einen stylishen Bart. Mit meinen verstaubten Augen sah er für mich eine Zehntelsekunde ein kleines bisschen aus wie einer von den Bee Gees.

10
    «Joshua, das ist meine Tochter Marie», stellte Papa mich vor und ergänzte: «Sie läuft nicht immer so rum.»
    Die dunkelbraunen Augen des Zimmermanns wirkten sehr ernst, als ob sie schon einiges gesehen hätten. In diese unglaublich sanften Augen zu blicken brachte mich völlig durcheinander.
    «Guten Tag, Marie», sagte er mit einer wunderbar tiefen Stimme, die mich noch viel mehr verwirrte. Der Zimmermann ergriff dabei meine Hand zur Begrüßung. Er hatte einen festen Händedruck. Und so seltsam es war, dieser Händedruck gab mir ein tiefes Gefühl von Geborgenheit.
    «Frblmf   …», stammelte ich. Ich war nicht in der Lage, etwas Vernünftiges zu sagen.
    «Ich freue mich, dich kennenzulernen», sagte er ernst. Aber mit dieser Stimme!
    «Frddlff   …», antwortete ich.
    «Ich werde mir nun euer Dach ansehen», erklärte er. Und ich antwortete mit einem zustimmenden «Brmmlf».
    Er ließ meine Hand wieder los, und plötzlich fühlte ich mich noch viel unsicherer. Ich wollte, dass er meine Hand wieder festhielt. Sofort!
    Joshua aber öffnete mit dem Hakenstab die Dachluke, zog die Leiter herunter und kletterte behände hinauf. Er hatte eine ebenso drahtige wie elegante Art, sich zu bewegen, und ich ertappte mich dabei, wie ich auf seinen Hintern starrte. Erst als der Zimmermann auf dem Dachboden verschwunden war, konnte ich wieder etwas klarer denken. Ich ließ tollen Hintern tollen Hintern sein, ging hastig aus dem Zimmer und klopfte an die Tür von Katas ehemaligem Kinderzimmer. Meine Schwester öffnete, bekleidet in Unterwäsche, und gähnte wie ein Alligator in der «Ich verdaue gerade einen Pygmäen»-Phase.
    «Kannst du mir Klamotten besorgen?», fragte ich.
    «Ich soll für dich zu Sven fahren?»
    «Wenn ich selbst hinfahre, könnte es zu einer Konflikttötung im sozialen Nahbereich kommen.»
    «So wütend wie er gestern war, ist das durchaus möglich   …», gab Kata mir recht.
    Sie gähnte nochmal, streckte sich dabei und zuckte plötzlich zusammen. Sie hatte einen Kopfschmerz, und das jagte ein Angstgefühl durch meinen ganzen Körper.
    Kata sah meine Panik und beruhigte: «Ich hab keinen Rückfall. Ich hab nur gestern Nacht noch einen schlechten Rotwein getrunken.»
    Erleichtert wollte ich sie küssen, aber sie hob abwehrend ihre Hände: «Geh dich erst mal waschen, bevor du jemand küsst.»
     
    Nachdem ich mich geduscht hatte, hockte ich in der Küche bei einer Tasse Kaffee. Allein. Papa war mit Swetlana zu einem Tagesausflug an die Ostsee gefahren. Krampfhaft versuchte ich den Gedanken zu verdrängen, dass diese Frau meine neue Mama werden könnte. Als es mir schließlich gelang, sinnierte ich über mein verkorkstes Leben nach: Wie heißt es doch immer? Man soll aus Krisen lernen. Es wäre doch gelacht, wenn ich diese Krise nicht dazu nutzen konnte, um mein Schicksal in eine neue, glücklichere Bahn zu lenken. Jawohl!
    Aber was war, wenn ich es nicht schaffte? Wenn ich immer so unglücklich und verkorkst bleiben würde wie jetzt?
    Da dachte ich doch lieber an Swetlana.
    Und noch lieber an diesen Joshua.
    Der hatte eine unglaubliche Ausstrahlung. Und diese Augen, diese Stimme. Ich wette, wenn er es darauf anlegen würde, könnte dieser Zimmermann viele Menschen für eine gute Sache begeistern, zum Beispiel für   … Wärmedämmung.
    Was hatte er nochmal gesagt? Dass er sich freue, mich kennenzulernen. Das klang aufrichtig. Dabei hat er noch nicht mal auf meine Brüste gestarrt wie die meisten anderen Männer, wenn sie so etwas sagen.
    Er hatte mich geduzt, ohne vorher zu fragen. Aber das lag vielleicht daran, dass er aus dem Süden kam. Aus Italien oder so. Vielleicht hatte er ja ein Haus in der Toskana, das er selbst gebaut hatte   … mit nacktem Oberkörper   …
    Aber warum war er dann hier? Hatte er Schwierigkeiten in seiner Heimat gehabt? Vielleicht berufliche Probleme?
    Wow, ich machte mir überraschend viele

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