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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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unbedingt willst, spende ich auch den Fünfzehnten, das würde gehen, und ich könnte mir noch ein Auto leisten   … okay, okay, wenn es sein muss, spende ich eben den Zehnten! Hauptsache, ich fühle mich nicht so elend wie jetzt. Das ist mir alles Geld der Welt wert. Wer braucht schon ein Auto? Schadet eh dem Klima. Was hältst du von dem Deal? Ich werde religiös und selbstlos und spare CO 2 , und du machst, dass es mir wieder gutgeht? Wenn du dafür bist, gib mir ein Zeichen   … oder halt, nein, nein, nein! Wir machen das anders: Wenn du dafür bist, dann gibst du mir einfach KEIN Zeichen!»
    Ich hielt einen Augenblick inne; wenn jetzt kein Zeichen kommen sollte, was ja nicht völlig unwahrscheinlich war und daher, wie ich fand, ein ziemlich cleveres Angebot von mir, würde alles wieder gut werden. Ich könnte glücklich sein, auch wenn ich weniger Geld hätte, mein Auto verlor und den Sonntag in der Kirche verbringen musste.
    Ich hoffte so sehr, dass Gott mir kein Zeichen gab.
    In diesem Augenblick fiel der vom Regen durchtränkte Putz von der Decke, genau in mein Gesicht. Frustriert stand ich auf, rieb mir das Gesicht und spuckte den staubigen Mörtel aus. Wenn es Gott tatsächlich gab, war das ein Zeichen.Und es bedeutete, er wollte auf meinen großartigen Deal nicht eingehen. Ich überlegte, wie ich das Angebot aufbessern könnte: Gott konnte ja wohl kaum verlangen, dass ich Nonne würde. Andererseits, wenn es so weiterging, würde ich eh nie wieder Sex haben, und diese Nonnen sollten ja teilweise ganz lustig sein, jedenfalls waren sie das immer in Filmen und Büchern, in denen sie anfangs so streng wirkten, sich dann aber als weise erwiesen und mit Mutterwitz gesegnet   … Und vielleicht würde ja auch ein Priester vorbeikommen, so zu Besuch, bei der Apfelernte, ein Typ wie Matthew McConaughey   … einer mit einem genauso gebrochenen Herzen wie dem meinen, vielleicht war ja seine Frau in Irland aus Versehen von einer Klippe gestürzt   … und hielt dabei ihr gemeinsames Baby in den Armen   … und er könnte nie wieder Liebe empfinden, was sich selbstverständlich schlagartig ändern würde, wenn er mich sah   …
    In diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
    «Wer ist da?», fragte ich zögerlich.
    «Ich bin es», antwortete Papa etwas streng. Er hatte mich zwar aufgenommen, aber versöhnt hatten wir uns noch lange nicht.
    «Was   … was willst du?», fragte ich. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war ein Streit mit meinem Vater, dafür hatte ich einfach nicht die Energie.
    «Ich habe hier einen Zimmermann, der sich den Dachstuhl ansehen will.»
    Ich blickte auf den Putz am Boden, hatte noch Mörtelgeschmack im Mund und dachte mir: «Dieser beknackte Zimmermann hätte ruhig einen Tag früher kommen können.»
    «Er muss durch die Luke in deinem Zimmer, damit er aufs Dach kann», rief Papa.
    Ich hatte ein verstaubtes, verheultes Gesicht, und ich fühltemich hundeelend. Kein Mensch sollte mich so sehen. Aber andererseits: Fast ganz Malente hatte jetzt eine schlechte Meinung von mir, da war es wohl ziemlich egal, was ein Zimmermann von mir dachte. Und wenn ich schon den Rest meines Lebens in diesem Zimmer vor mich hin vegetieren sollte, dann war es vielleicht ganz schön, wenn mir die Decke nicht auf den Kopf fiel.
    «Einen Augenblick», rief ich meinem Vater zu. «Ich muss mir nur was anziehen.»
    Es reichte ja schon, wenn ich mit mörtelgepudertem Gesicht zu sehen war, da musste ich ja nicht auch noch in Unterwäsche dastehen.
    Ich hatte zwar keine Klamotten dabei – die waren ja noch in der Wohnung von Sven und mir   –, aber in meinem Teenagerkleiderschrank musste ja noch etwas sein. Ich öffnete ihn und fand Pullis und Jeans. Ich zog einen alten Norwegerpulli an und sah darin aus wie eine bauchnabelfreie norwegische Presswurst. Auch in die Hosen kam ich nicht rein. Ich bekam sie nicht mal die Hüfte hoch. Offensichtlich hatte ich mit jedem Lebensjahrzehnt einen Bauchring dazubekommen.
    «Marie, wie lange dauert das denn noch?», rief Papa ungeduldig.
    Ich dachte hektisch nach: In die Klamotten von Kata würde ich auch nicht reinpassen und in die von Swetlana ebenfalls nicht, also brauchte ich danach gar nicht erst zu fragen.
    «Marie!», drängelte mein Vater.
    So blieb mir keine andere Wahl: Ich schlüpfte wieder in mein Hochzeitskleid. Mit meinem verstaubten Gesicht sah ich darin aus wie ein Geist, fehlte nur noch, dass ich meinen Kopf unterm Arm trüge – wonach mir

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