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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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an den Kopf geworfen. Und gleich danach die Marmelade von seinem Körper abgeschlabbert.
    Oje, meine Hormone hatten bei seinem Anblick wirklich Wandertag.
    Sollte ich ihm nun hinterhergehen? Oder sollte ich mich von ihm lieber fernhalten? Und so alberne Dinge tun wie mein Leben wieder auf Vordermann bringen? Vielleicht mal überlegen, ob ich mich beruflich verändern könnte, nur um dann bei einem Realitätscheck herauszufinden, dass ich bei meiner Qualifikation keine bessere Stelle bekommen würde?
    Ich entschied mich für das Nächstbeste: abhängen bei einem Freund.
     
    Michi hatte eine Videothek, sein Liebesleben war ähnlich desaströs wie meins, und bevor ich Sven kennengelernt hatte, war ich so gut wie jeden Abend bei ihm. Wenn er seine Videothek um einundzwanzig Uhr schloss (fürs Malenter Nachtleben echt spät), futterten wir gerne mal eine ausgewogene Diät aus Bestellpizzen, Chips und Diät-Cola, schauten DVDs und laberten dabei durchgehend Kommentare wie: «Der Leonardo ist jetzt erfroren.»
    «Hätte er mal nicht das Ticket für die
Titanic
gewonnen.»
    «Da   … jetzt hat Kate ihn losgelassen   …»
    «…   und er versinkt ins eisige Meer.»
    «Ich glaub, die Message von
Titanic
ist: Man muss auch mal loslassen können.»
     
    Als ich nun am Videothekstresen einen Kaffee schlürfte, erzählte ich dem bibelfesten Michi alles über Joshua. Dabei verschwieg ich lediglich so unwesentliche Kleinigkeiten wie die Tatsache, dass ich für den Zimmermann Gefühle hegte.
    Von Michi erfuhr ich, dass die schönen Worte, die Joshua am See zum Thema «Sorge dich nicht, lebe» sagte, auch schon von Jesus in der Bibel verkündet worden waren. Auch erfuhr ich, dass Jehoschua die hebräische Version des lateinischen Wortes Jesus war und Joshua die moderne angelsächsische Version des Namens.
    «Dein Zimmermann ist für einen Spinner extrem gut informiert», meinte Michi anerkennend.
    «Er ist also ein Profispinner», stellte ich fest.
    «Genau. Und Profis sind immer bewundernswert.»
    Ich seufzte, und Michi fragte auf diesen Seufzer hin irritiert: «Sag mal, du hast doch nicht etwa Gefühle für ihn?»
    «Nein, nein», erwiderte ich und starrte krampfhaft auf die Cover-Hülle eines Videos.
    «Seit wann stehst du auf Pornos?», fragte Michi.
    Ich warf die Hülle sofort weg. Und versuchte, nicht darüber nachzudenken, welche Männer sie nach welchen Taten in die Hand genommen hatten.
    «Du stehst wirklich auf den Zimmermann», stellte Michi fest.
    «Bin ich so leicht zu durchschauen?»
    «Was willst du hören?»
    «Lüg mich an.»
    «Du bist überhaupt nicht leicht zu durchschauen», hob Michian. «Im Gegenteil, du bist eine geheimnisvolle Frau, deren Gedanken so schwer zu lesen sind wie die von Mata Hari. Ach, was sage ich, Mata Hari war gegen dich Sissi!»
    «Lügner», antwortete ich und jammerte: «Ich möchte nicht leicht zu durchschauen sein.»
    «Es gibt schlimmere Dinge», versuchte Michi zu trösten, «zum Beispiel, allein auf der Welt zu sein.»
    «Das bin ich ja auch!», jaulte ich auf.
    «Nein, bist du nicht», erklärte Michi und nahm mich in die Arme.
    Bei ihm fühlte ich mich immer wie bei einem Bruder, und ich war für Michi wie eine Schwester (auch wenn Kata immer behauptete: Wie eine Schwester, mit der man ein inzestuöses Verhältnis haben möchte).
    «Wenn du was für diesen Joshua fühlst», meinte Michi, «musst du herausfinden, ob er psychisch krank ist oder aus irgendwelchen Gründen nur so tut.»
    «Wie soll ich das machen?», fragte ich. «Bei seiner Krankenkasse einbrechen und die Akte klauen?»
    «Das», grinste Michi, «oder bei Pastor Gabriel nachfragen. Der kennt ihn doch.»
    «Du hast recht. Aber ich würde lieber bei der Krankenkasse einbrechen», erwiderte ich seufzend.
     
    Vor dem Pfarrhaus traf ich auf meine Mutter, die fröhlich pfeifend aus der Tür trat. Sie sah sehr zufrieden aus, und ich realisierte: Meine Mutter und mein Vater hatten beide zurzeit ein aktiveres Sexleben als ich. Eine Tatsache, die auch Mittdreißigerinnen mit stärkeren Nerven als den meinen in Depressionen stürzen konnte. Mama lächelte mir zu: «Wie geht es dir, Marie?»
    «Hab schon mal mehr gelacht», erwiderte ich und fragtemich, ob ich sie zu ihrem Verhältnis nach Gabriel befragen sollte. Aber das würde wieder in einem Streit enden. Wie jedes Mal, wenn ich sie nach einem ihrer Liebhaber gefragt hatte. Mein Gott, warum konnten meine Eltern nicht das machen, was alle anderen Ehepaare auch in ihrem

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