Jesus liebt mich
einen Mann gesucht, der dich in den Westen mitnimmt.»
«Ja, und ich danke Gott dafür, dass ich dabei jemanden wie deinen Vater kennengelernt habe. Er ist ein wunderbarer Mann.»
Ich schnaubte verächtlich.
«Und er wird ein großartiger Vater für meine Tochter.»
«DEINE WAS?», schrie ich.
«Tochter.»
«DEINE WAS?»
«Tochter. Sie ist zurzeit noch bei ihrer Oma in Minsk.»
«DEINE WAS?»
«Du neigst zu Wiederholungen.»
«DEINE WAS?»
«Genau das meine ich.»
Ich konnte es nicht mal ansatzweise fassen: Mein Vater sollte auch noch ihr Blag finanzieren!
«Meine Mutter fliegt mit dem Mädchen heute nach Hamburg.»
«Die Oma kommt auch noch hierher?»
«Keine Angst, Oma nimmt gleich den ersten Flieger wieder zurück nach Minsk.»
«Klingt nicht sehr ökonomisch.»
«Die Kleine darf nicht allein fliegen. Und meine Mutter bekommt nur einen Tag frei von ihrer Arbeit in der Verwaltung.»
«Und wer finanziert ihre Fliegerei?»
«Was glaubst du wohl?», antwortete Swetlana mit einem Hauch von Traurigkeit in der Stimme.
«Du bist echt das Letzte», zischelte ich.
«Du hast keine Ahnung, wie mein Leben ist», erwiderte Swetlana. «Und du hast kein Recht, über mich zu urteilen.»
«Doch, das hab ich, es geht immerhin um meinen Vater!» Ich versuchte, sie möglichst bedrohlich anzusehen.
Swetlana atmete tief durch und versprach dann unglaublich ruhig: «Ich verstehe, dass du Angst um deinen Vater hast. Aber ich werde ihm nie so wehtun wie du deinem Bräutigam.»
Ich schluckte, dem hatte ich nichts entgegenzusetzen. Swetlana ging aus der Küche. An der Tür drehte sie sich nochmal zu mir um: «Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.»
Dann ging sie hinaus. Ich blickte ihr nach und wollte sie richten, und zwar hin.
Am liebsten hätte ich mir jetzt auch einen Kaffee genommen – so wie ich nach diesem Abend drauf war, würde mich sogar Koffein beruhigen. Doch da sah ich auf Katas Zeichenblock, der auf dem Küchentisch lag. Sie hatte wieder einen Strip gezeichnet, der mich schlagartig ablenkte.
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Ich legte Katas Strip beiseite. Stimmte das? Verliebte ich mich immer nur in die falschen Männer?
Als ich in meinem Bett lag und zur Abwechslung mal wieder den Fleck an der Decke anstarrte, dachte ich über die Männer in meinem Leben nach: über den Busenkneter Kevin, über den Fremdgeher Marc und vor allen Dingen über Sven. Ich hatte nie geahnt, dass er so gewalttätig sein konnte.Auch wenn ich ein schlechtes Gewissen hatte, dass seine Aggressionen meinetwegen zum Ausbruch gekommen waren, so war ich plötzlich heilfroh, dass ich am Altar Reißaus genommen hatte.
Joshua hingegen war so anders als all die anderen Männer, so sanft, so uneigennützig und menschenfreundlich. Und er war ein echt guter Sänger. Schade eigentlich, dass er eine Vollmeise hatte.
Ich war nun neugierig, was für eine Vollmeise das genau war. Ich googelte am Laptop meines Vaters und fand im Netz zwei Berichte über Menschen, die sich für Jesus hielten. Der eine war ein einfacher Spinner. Sein Wahn wurde erst gebrochen, als er zum Beweis seiner göttlichen Fähigkeiten von einer Garage sprang. Der andere war ein Priester in Los Angeles, der behauptete, Jesus zu sein, seinen Jüngern damit das Geld aus der Tasche zog und so Hunderte von Millionen Dollar machte. Wenn man diesen skrupellosen Sektenführer sah, dachte man schon: «Hey, lasst ihn uns ans Kreuz nageln und herausfinden, ob er wirklich Jesus ist.» Joshua war sicherlich keiner, der andere mit seinem Wahn ausbeutete. Eher schon einer von der Garagen-Fraktion. Was hatte ihn nur so aus der Bahn geworfen, dass er verrückt geworden war? Der Tod seiner Ex vielleicht?
Ich dachte wirklich viel zu viel über einen Zimmermann nach, der nicht mehr alle Zähne an der Laubsäge hatte.
Erneut legte ich mich in mein Bett, machte das Licht aus und beschloss, an etwas anderes zu denken als an Joshua … und an seine wunderbare Stimme … und sein tolles Lachen … und seine charismatische Art … und an diese Augen … diese Augen … diese … Au Mist!
Ich versuchte an jemand anders zu denken. Irgendeinentollen Mann. George Clooney zum Beispiel, gute Idee, bester Schauspieler des uns bekannten Universums … aber der hatte nicht so ein tolles Lachen wie Joshua … und nicht so tolle Augen … und diese Augen …
O mein Gott, nicht mal George Clooney konnte mich davon abhalten, an Joshua zu
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