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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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eine Chance, das hier zu überleben. Mit aller Macht strampelte ich nach oben, und die Wasseroberfläche war auch schon ganz nahe, da bekam ich einen Krampf im Bein. Ich schrie auf, was keine sonderlich gute Idee war: Meine Lungen füllten sich mit Wasser und brannten so sehr, dass ich dachte, sie würden zerfetzen. Die Luft entwich aus meinem Mund, die Blasen stiegen zur Wasseroberfläche, während ich tief hinab in den See sank und den Luftblasen nur panisch hinterhersehen konnte. Ich strampelte verzweifelt, aber ich hatte nicht genug Kraft, um mit brennenden Lungen und einem durch einen Krampf außer Gefecht gesetzten Bein nach oben zu schwimmen. Schlagartig wurde mir bewusst: Ich würde sterben.
    Ich schaffte es nicht mehr, mich gegen mein Schicksalzu wehren, hörte auf zu kämpfen und trieb weiter hinab. Schmerz und Panik durchzuckten zwar noch Körper und Geist, aber ich fühlte sie nun nur noch wie ein fernes Echo.
    Ich fragte mich, ob ich wohl in den Himmel kommen würde. Oder in die Hölle. Eigentlich hatte ich ja nie etwas richtig Böses in meinem Leben getan, außer Sven am Altar stehenzulassen. Allerdings war das schon sehr böse. Ich fühlte mich unheimlich schuldig, ihm das angetan zu haben. Aber was hatte ich nicht alles Gutes in meinem Leben getan?
    Ja, was hatte ich eigentlich alles Gutes in meinem Leben getan? Mir fiel nichts wirklich Beeindruckendes ein, weder war ich Entwicklungshelferin noch Ärztin ohne Grenzen, ich war ja noch nicht mal ein besonders spendabler Mensch. Ich glaube kaum, dass Petrus an der Himmelstür freudig jubilieren würde: «Herzlich willkommen, Marie, die du jedes Mal deine restlichen Cent-Stücke Bettlern in der Fußgängerzone in die Schale geworfen hast.»
    Aus meinem Mund sprudelten nun schon eine Weile keine Luftblasen mehr hervor. Mein Bewusstsein schwand, um mich herum wurde alles dunkel. Meine Füße berührten den Grund des Sees. Ich schloss endgültig meine Augen. Ich war kurz davor herauszufinden, ob es so etwas wie Himmel und Hölle gab.
    Da ergriff plötzlich jemand meine Hand.
    Ich wurde hochgezogen, bis an die Seeoberfläche. Japsend schnappte ich nach Luft. Meine Lunge brannte dadurch noch viel mehr als zuvor. Das Wasser des aufgewühlten Sees peitschte mir ins Gesicht. Von oben regnete es weiter. Ich hörte lautes Donnern. Blitze durchzuckten den Himmel und blendeten mich. Und mitten in diesem Inferno sah ich, wer meine Hand hielt:
    Es war Joshua.
    Und er stand auf dem Wasser.

19
    Joshua trug mich über den See.
    Ja, er trug mich wirklich über den See. Und ich dachte dabei, nicht ganz unpassend: Er trägt mich über den See.
    Klar, ich hätte in dieser Situation noch viel mehr denken können: Joshua hat mich vom Grund des Sees gezogen. Er hat mein Leben gerettet. Und vor allen Dingen: Heilige Scheiße, er ist wirklich Jesus!
    Aber mein Hirn kam nicht weiter als: Er trägt mich über den See. An diesem Fakt hängte es sich auf wie ein Computer, der es nicht schaffte, ein Programm zu starten. Es war gar nicht in der Lage, den «Heilige Scheiße, er ist wirklich Jesus» Gedanken zu prozessieren.
    Als mein Hirn dann doch endlich einen Minischritt weiter kam, dachte es zur Sicherheit lieber nur harmloseres Zeug wie: Noch nie hat ein Mann es geschafft, mich zu tragen. Als Sven mal versuchte, mich in einem Anflug von Romantik über die Schwelle zu tragen, bekam er fast einen Bandscheibenvorfall.
    Regen und Wind peitschten weiter in mein Gesicht, bis Joshua dem Himmel drohte und dem See zurief: «Schweig, sei still!»
    Der Wind legte sich, und vollkommene Stille trat ein. Ja, der Mann brauchte weder Friesennerz noch Regenschirm.
    Als Joshua mit mir fünf Minuten später das Ufer betrat, waren sämtliche dunklen Wolken der Abenddämmerung gewichen. Er legte mich auf einer Parkbank ab. Ich war völlig durchnässt, im Gegensatz zu Joshua, und fror wie noch nie in meinem Leben zuvor. Meine Lungen brannten immer noch. Joshua erklärte ganz ruhig: «Ich kann dir die Schmerzen nehmen.»
    Er wollte mich berühren, so wie er die Tochter von Swetlana berührt hatte, aber ich schrie nur: «Neeeeeeeein!!!!»
    Ich wollte einfach nicht, dass er mich anfasste. Das war schon so alles zu viel für mich. Viel zu viel!
    Joshua hielt inne. Wenn er irritiert von meinem hysterischen Geschrei war, dann ließ er es sich nicht anmerken.
    «Aber», sagte Joshua, «du bist völlig unterkühlt.» Er wollte mich wieder berühren.
    «Fass mich nicht an!», brüllte ich ihn an. Ich hatte eine

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