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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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gequält werden, um zu sterben? War das wirklich nötig? Ich meine, hätte er nicht durch was anderes sterben können als durch so eine Kreuzigung? Durch etwas Humaneres? Vielleicht durch einen Schlaftrunk?
    Andererseits, gab ich mir darauf selber zu bedenken, würden bei einem Schlaftrunk in allen Kirchen statt Kreuzen überall Trinkbecher hängen   …
     
    «Marie!», sagte Pastor Gabriel mit durchdringender Stimme.
    Erschrocken blickte ich zu ihm: «Ja, hier!»
    «Ich habe dir eine Frage gestellt», sagte er.
    «Klar, klar   … habe ich gehört», flunkerte ich verlegen.
    «Und, willst du die vielleicht auch beantworten?»
    «Nun ja, warum nicht?»
    Ich schaute zu dem verunsicherten Sven. Dann blickte ich in das Kirchenschiff, sah in jede Menge irritierter Augen und überlegte, wie ich mich herauswinden könnte, aber mir fiel rein gar nichts ein.
    «Ähem, wie war nochmal die Frage?», wandte ich mich verunsichert wieder an Gabriel.
    «Ob du Sven heiraten willst?»
    Mir wurde heiß und kalt. Es war einer von jenen Augenblicken, in denen man am liebsten spontan ins Koma fallen möchte.
    Die halbe Kirche lachte, die andere Hälfte war entsetzt, und Svens verunsichertes Lächeln geriet zur Grimasse.
    «War nur ein kleiner Scherz», erklärte Gabriel.
    Erleichtert atmete ich auf.
    «Ich habe lediglich gefragt, ob du für den Trauspruch bereit bist.»
    «Entschuldigen Sie, ich war in Gedanken», erklärte ich kleinlaut.
    «Und an was hast du gedacht?»
    «An Jesus», erwiderte ich wahrheitsgemäß. Die genauen Details behielt ich lieber für mich.
    Gabriel war mit der Antwort zufrieden, die Gäste ebenfalls, und Sven lächelte erleichtert. Dem Pastor bei der eigenen Trauung wegen Jesus nicht zuzuhören war anscheinend in Ordnung.
    «Wollen wir also mit dem Trauspruch beginnen?», fragte Gabriel, und ich nickte.
    Es wurde schlagartig still in der Kirche.
     
    Gabriel wandte sich an Sven: «Sven Harder, willst du Marie Holzmann, die Gott dir anvertraut, als deine Ehefrau lieben und ehren und die Ehe mit ihr nach Gottes Gebot und Verheißung führen – in guten und in bösen Tagen   –, bis dass der Tod euch scheidet, so antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.»
    Sven hatte Tränen in den Augen und antwortete: «Ja, mit Gottes Hilfe.»
    Es war unglaublich, es gab tatsächlich einen Mann, der mich heiraten wollte. Wer hätte das je gedacht?
    Gabriel drehte sich daraufhin zu mir, ich wurde nun extrem nervös, meine Beine zitterten, und mein Magen wurde flau.
    «Marie Holzmann, willst du Sven Harder, den Gott dir anvertraut, als deinen Ehemann lieben und ehren und die Ehe mit ihm nach Gottes Gebot und Verheißung führen – in guten und in bösen Tagen   –, bis dass der Tod euch scheidet, so antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.»
    Mir war schon klar, dass ich in diesem Augenblick «Ja, mit Gottes Hilfe» hätte sagen müssen. Doch schlagartig wurde mir bewusst: «Bis dass der Tod euch scheidet» war eine weitreichende Zeitspanne. Eine extrem weitreichende Zeitspanne. Das hatte man sich bestimmt damals ausgedacht, als die Christen eine Lebenserwartung von dreißig Jahren hatten, bevor sie in ihren Lehmhütten starben oder von einem Löwen im Circus Maximus verspeist wurden. Aber heute, heute hatten wir Menschen eine Lebenserwartung von achtzig, neunzig Jahren. Wenn die Medizin so weitermachte, dann könnte man sicher auch hundertzwanzig Jahre alt werden. Andererseits war ich nicht privat versichert, also würde ich doch nur achtzig, neunzig Jahre alt werden, aber das war immer noch alt genug   …
     
    «Hmm!», räusperte Gabriel sich auffordernd.
    Ich versuchte, mit einem gerührten Gluckser Zeit zu gewinnen. Die Leute sollten denken, dass ich kein Wort rausbekam, weil ich vor Rührung weinte. Mein Blick ging indessen zur Tür. Ich erinnerte mich an die «Reifeprüfung», in der Dustin Hoffman die Braut aus der Kirche entführte, und fragte mich, ob Marc vielleicht von meiner Hochzeit erfahren hatte und nach Malente gefahren war und jetzt gleich durch die Tür stürmen würde   … Dass ich in diesem Augenblick an Marc dachte, war nicht unbedingt ein gutes Zeichen.
     
    «Marie, das ist der Augenblick, wo du ‹Ja› sagen müsstest», erklärte Pastor Gabriel mit einem leicht drängelnden Unterton.
    Als ob ich das nicht wüsste!
    Sven biss sich hypernervös auf die Lippen.
    In der Menge sah ich meine Mutter und fragte mich: Würde ich bei Sven vielleicht auch so enden wie sie? Würde ich meinen Töchtern auch irgendwann am

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