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Jesus von Nazaret

Jesus von Nazaret

Titel: Jesus von Nazaret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Prinz
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DER W ELT
    Manchmal wurde es auch Jesus zu viel: Dauernd war er von Menschen umgeben, die sich Hilfe von ihm erhofften. Besonders der Evangelist Markus schildert, welchem Andrang Jesus ausgesetzt war. (Mk 3,7-8) Die Leute kamen aus Jerusalem, aus den Gebieten jenseits des Jordans und sogar aus den Küstenstädten der Provinz Syrien. Viele wollten Jesus einfach nur berühren, sodass er oft von den Kranken und Verzweifelten fast erdrückt wurde und nicht einmal zum Essen kam. Dann musste er regelrecht die Flucht ergreifen. Er setzte sich mit seinen Jüngern in ein Boot, und sie fuhren an eine abgelegene Stelle an den Ufern des Sees Gennesaret, um dort allein zu sein. Doch die Menschen liefen ihnen zu Fuß am Ufer entlang nach. Und kaum waren Jesus und seine Begleiter an Land gegangen, waren sie schon wieder von einer Menge umringt. (Mk 6,30-44)
    Jesus taten diese Hilfe suchenden Menschen leid. Er forderte sie auf, sich zu setzen, und redete lange zu ihnen.Darüber wurde es einmal Abend, und die Frage kam auf, was man nun mit den vielen Menschen, nach Markus waren es fünftausend, anfangen sollte. Sie waren teilweise sehr weit weg von ihrem Zuhause und hatten Hunger. Die Jünger wollten, dass Jesus sie wegschickt, damit sie sich in den umliegenden Dörfern etwas zu essen besorgten. Jesus lehnte das ab. Stattdessen sollten die Jünger herausfinden, wie viel an Essbarem da war. Das kärgliche Ergebnis waren, so erzählt es Markus, fünf Brote und zwei Fische.
    Die Leute sollten sich nun in Gruppen ins Gras setzen. Daraufhin nahm Jesus die Brote und die Fische, blickte zum Himmel, sprach ein kurzes Gebet, und sagte dann zu seinen Jüngern, sie sollten alles verteilen. Und was keiner für möglich gehalten hatte, wurde wahr. Von dem wenigen Brot und den zwei Fischen wurden alle satt und es blieb sogar noch viel übrig.
    Diese Geschichte, die in verschiedenen Versionen in allen vier Evangelien erzählt wird (Mt 14,13-21 parr), hat zu allen Zeiten die Interpreten vor eine schwierige Aufgabe gestellt: Wie ist es möglich, mit fünf Broten und zwei Fischen Tausende von Menschen satt zu bekommen? Manche Theologen haben versucht, dieses Wunder ganz natürlich zu erklären, indem sie etwa behaupteten, reiche Frauen hätten Körbe voll Fische und Brot an den Ort geschickt, wo Jesus und seine Anhänger versammelt waren. 71 Gegen diese rationale Auflösung haben andereTheologen darauf beharrt, dass die Brotvermehrung eben ein Wunder sei. Und Wunder könne man eben nicht erklären, sie gingen über die Grenzen unseres Verstehens hinaus. Wo die einen das Wunder also ganz in das Diesseits herabziehen, schieben es die anderen in ein fernes Jenseits.
    Dass eine natürliche Erklärung der Wunder allzu platt ist, leuchtet ein. Aber auch die übernatürliche Erklärung birgt eine große Gefahr. Sie geht nämlich von unserem neuzeitlichen naturwissenschaftlichen Weltbild aus, das es zu Jesus’ Zeiten nicht gegeben hat. Wunder sind demnach Ereignisse, die gegen die Naturgesetze verstoßen. Und Jesus’ Göttlichkeit beweist sich folglich darin, dass er diese Gesetze durchbrechen, überwinden kann.
    Es war der Theologe Dietrich Bonhoeffer, der vor dem Gottesbild, das sich aus dieser Vorstellung ergibt, gewarnt hat. Gott wird nämlich zum Lückenbüßer. 72 Überall dort, wo Fragen ungelöst sind und die Menschen mit ihrem Wissen und Können am Ende sind, da wird Gott ein Platz zugewiesen. Aber mit der Entwicklung der Wissenschaften, dadurch, dass immer mehr offene Fragen gelöst werden und immer mehr »dunkle« Bereiche unserer Wirklichkeit erklärt werden, wird der Platz für Gott immer kleiner. Die Menschen erobern den Weltraum und nirgendwo ist Gott zu finden. Die Genforschung macht unglaubliche Fortschritte, die immer fragwürdigerwerden lassen, ob es so etwas wie menschliche Freiheit, Geist oder eine »Seele« überhaupt gibt. Gott befindet sich auf diese Weise immer mehr auf dem Rückzug. Und es ist absehbar, dass er irgendwann ganz aus unserer wissenschaftlich aufgeklärten Welt gedrängt wird. Was dann von ihm übrig bleibt, ist ein allmächtiger »Zauberer im Jenseits« 73 , der ab und zu in unsere Welt eingreift, aber ansonsten mit unserer Wirklichkeit wenig oder gar nichts zu tun hat. Und die Aufforderung zu glauben bedeutet dann, dass wir unbeweisbare Behauptungen für wahr halten

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