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Jesus von Nazaret

Jesus von Nazaret

Titel: Jesus von Nazaret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Prinz
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Gruppierung in den Vordergrund, die sich im Jahr davor gegründet hatte: die Glaubensbewegung Deutsche Christen.
    Diese forderten die Verschmelzung der 29 Landeskirchen zu einer nach dem Führerprinzip strukturierten »Reichskirche«, die »Entjudung« der kirchlichen Botschaft durch Abkehr vom Alten Testament, die »Reinhaltung der germanischen Rasse« durch »Schutz vor Untüchtigen« und »Minderwertigen«, die Vernichtung des »volksfeindlichen Marxismus«, ein Verbot der Eheschließung zwischen Christen und Juden und den Ausschluss von zum Christentum konvertierten Juden.
    In Preußen erkannte am 9. September 1932 der Berliner Oberkirchenrat die Deutschen Christen mitsamt ihrem Programm als Kirchenpartei an. Bei den folgenden Kirchenwahlen am 13. November 1932 erreichten sie durchschnittlich ein Drittel aller Sitze in den Kirchenvorständen der Preußischen Landeskirche. Nur wenige Monate später, am 23. Juli 1933, gewannen die Deutschen Christen in fast allen Landeskirchen eine Mehrheit von etwa zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen. Zuvor schon hatte Hitler der evangelischen Kirche eine neue Verfassung verordnet, die das »Führerprinzip mit einem lutherischen Reichsbischof« festsetzte und von 28 Landeskirchen anerkannt wurde. Am 6. September 1933 erreichten die Deutschen Christen ihr Ziel. Sie wählten ihren »Reichsbischof« Ludwig Müller und setzten den Arierparagrafen in der Kirche durch. Der Reichsbischof wurde Hitlers Vertrauensmann.
    In all diesen Monaten kämpfte der 27-jährige Bonhoeffer unermüdlich gegen die braune Flut, versuchte seine Kirche wachzurütteln, hielt Ausschau nach Verbündeten. Weitgehend vergeblich. Er vervielfältigte Resolutionen mit seinen Studenten, sprach auf Protestversammlungen gegen den Reichsbischofund fand immerhin zwei Verbündete: Gerhard Jacobi, Pfarrer an der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, und Martin Niemöller, Weltkriegskapitän und noch bis vor Kurzem Nationalist und Gegner der Weimarer Demokratie. Von Deutschlands Theologen wusste Bonhoeffer nur Karl Barth und Rudolf Bultmann auf seiner Seite. Paul Tillich hätte noch ein wichtiger Mit-Kämpfer sein können, aber der wurde 1933 wegen einer Schrift gegen die Nationalsozialisten entlassen und emigrierte in die USA.
    Aber was konnten drei einzelne Pfarrer und ein paar Theologen gegen die braune Flut und den Zeitgeist ausrichten? Die Mehrheit der Amtskollegen hielt den Aktionismus dieses jungen Bonhoeffer für übertrieben. Der hatte vorgeschlagen, in einen Beerdigungsstreik zu treten. Da schmunzelten viele nur. Er schlug vor, aus dieser Kirche massenhaft auszutreten. Ohne Erfolg.
    Zu Hilfe kamen ihm nicht die zögerlichen Amtskollegen, die auch sahen, dass die Dinge in ihrer Kirche in eine ungute Richtung liefen, zu Hilfe kamen ihm die Nazi-Christen. Indem sie überzogen.
    Auf einer Großkundgebung der Deutschen Christen in Berlin am 13. November 1933 forderte der Gauobmann der »Deutschen Christen von Großberlin«, Reinhold Krause, unter dem Jubel von 20 000 Zuhörern die »Befreiung« der christlichen Religion »vom Alten Testament mit seiner jüdischen Lernmoral, von diesen Viehhändler- und Zuhältergeschichten«. Und selbst das Neue Testament sollte »entjudet, von allen offenbar entstellten und abergläubischen Berichten« gereinigt werden. Auch die »Minderwertigkeitstheologie des Rabbiners Paulus« müsse raus.
    Das ging vielen evangelischen Christen nun doch zu weit. Gegen die Ausformung des Luthertums zu einer christlichen Nationalreligion hätten sie nichts gehabt, aber die Umwandlung ihres Glaubens in eine Hitler-Religion, das konnten sie nicht mehr mittragen. Tausende traten nun wieder aus, verließen die Deutschen Christen. Fast alle Teilorganisationen der evangelischen Kirche distanzierten sich von dieser Gruppierung und ihrem Reichsbischof Müller. Damit hatten die Deutschen Christen ihre beste Zeit hinter sich. Es gab sie zwar weiterhin bis zum bitteren Ende, aber ihre bestimmende Macht über die Kirche hatten sie verloren, mussten sie sich teilen mit Christen, die anderer Ansicht waren, gemäßigter, distanzierter, oppositioneller.
    Aber eine Umkehr der evangelischen Christen, so etwas wie geschlossenen Widerstand gegen Hitler, hat es nicht gegeben, auch später nicht, bis ganz zuletztnicht. Was es gab, war der Pfarrernotbund. Sein Hauptakteur war

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