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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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Frage nach der Auferstehung als einem historischen Ereignis anzugehen. Einerseits müssen wir sagen, das Wesen der Auferstehung sei es gerade, dass sie die Geschichte sprengt und eine neue Dimension eröffnet, die wir gemeinhin die eschatologische nennen. Auferstehung tut den neuen Raum auf, der die Geschichte über sich selbst hinaus öffnet und das Endgültige schafft. In diesem Sinn gilt, dass Auferstehung nicht ein gleichartiges historisches Ereignis ist wie die Geburt oder die Kreuzigung Jesu. Sie ist etwas Neues, ein neuer Typ von Ereignis.
    Aber zugleich muss festgestellt werden, dass sie nicht einfach außerhalb oder oberhalb der Geschichte steht. Als Ausbruch aus der Geschichte, über diese hinaus, hat sie doch ihren Anfang in der Geschichte selbst und gehört ihr ein Stück weit zu. Man könnte dies vielleicht so ausdrücken: Die Auferstehung Jesu führt über die Geschichte hinaus, aber sie hat eine Fußspur in der Geschichte hinterlassen.Deshalb kann sie von Zeugen als Ereignis einer ganz neuen Qualität bezeugt werden.
    In der Tat ist die apostolische Predigt mit ihrer Leidenschaft und ihrer Kühnheit undenkbar ohne eine wirkliche, von außen die Zeugen treffende Berührung mit dem ganz Neuen und Unerwarteten, das im Sich-Zeigen und Sprechen des auferstandenen Christus bestand. Nur ein wirkliches Ereignis von radikal neuer Qualität konnte die apostolische Predigt ermöglichen, die nicht mit Spekulationen oder inneren, mystischen Erfahrungen zu erklären ist. Sie lebt in ihrer Kühnheit und Neuheit von der Wucht eines Geschehens, das niemand erdacht hatte und das alle Vorstellungen sprengte.
     
    Am Schluss bleibt freilich für uns alle immer wieder die Frage, die Judas Thaddäus im Abendmahlssaal an Jesus gerichtet hat: „Herr, was ist geschehen, dass du dich uns offenbaren willst und nicht der Welt?“ (Joh 14,22). Ja, warum bist du nicht machtvoll deinen Feinden gegenübergetreten, die dich ans Kreuz gebracht haben? – so möchten wir fragen. Warum hast du ihnen nicht mit unwiderlegbarer Kraft gezeigt, dass du der Lebendige bist, der Herr über Leben und Tod? Warum zeigtest du dich nur einer kleinen Schar von Jüngern, deren Zeugnis wir uns nun anvertrauen müssen?
    Die Frage betrifft freilich nicht nur die Auferstehung, sondern die ganze Weise der Offenbarung Gottes in der Welt. Warum nur Abraham – warum nicht den Mächtigen der Welt? Warum nur Israel und nicht unbestreitbar allen Völkern der Erde?
    Es ist das Geheimnis Gottes, dass er leise handelt. Dass er nur allmählich in der großen Geschichte der Menschheit
seine
Geschichte aufbaut. Dass er Mensch wird und dabei von den Zeitgenossen, von den maßgebenden Kräften der Geschichte übersehen werden kann. Dass er leidet und stirbt und als Auferstandener nur über den Glauben der Seinigen, denen er sich zeigt, zur Menschheit kommen will. Dass er immerfort leise an die Türen unserer Herzen klopft und uns langsam sehend macht, wenn wir ihm auftun.
    Und doch – ist nicht gerade dies die göttliche Art? Nicht überwältigen mit äußerer Macht, sondern Freiheit geben, Liebe schenken und erwecken. Und ist das scheinbar so Kleine, wenn wir es gut bedenken, nicht das wahrhaft Große? Geht nicht von Jesus eine durch die Jahrhunderte wachsende Lichtspur aus, die von keinem bloßen Menschen kommen konnte und in der wirklich das Licht Gottes in die Welt hereinleuchtet? Hätte die Predigt der Apostel Glauben finden und eine weltweite Gemeinschaft aufbauen können, wenn nicht die Kraft der Wahrheit in ihr gewirkt hätte?
    Wenn wir den Zeugen wachen Herzens zuhören und uns den Zeichen öffnen, mit denen der Herr sie und sich selbst immer neu beglaubigt, dann wissen wir es: Er ist wahrhaft auferstanden. Er ist der Lebende. Ihm vertrauen wir uns an und wissen, dass wir auf dem rechten Weg sind. Mit Thomas legen wir unsere Hände in die durchbohrte Seite Jesu und bekennen: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28).

AUSBLICK
AUFGEFAHREN IN
DEN HIMMEL –
ER SITZT ZUR
RECHTEN GOTTES
DES VATERS
UND WIRD
WIEDERKOMMEN
IN HERRLICHKEIT
     

A lle vier Evangelien wie auch der Auferstehungsbericht des heiligen Paulus in 1   Kor 15 setzen voraus, dass die Zeit der Erscheinungen des Auferstandenen begrenzt war. Paulus ist sich bewusst, dass ihm als Letztem noch eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus geschenkt wurde. Auch der Sinn der Erscheinungen ist in der ganzen Überlieferung klar: Es geht zunächst darum, einen Kreis von Jüngern zu sammeln, die

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