Jesus von Nazareth - Band II
ist.
Ich denke, es ist nützlich, hier auch die anderen drei Stellen in den Blick zu nehmen, in denen vom Mahlhalten des Auferstandenen berichtet wird.
Dem eben besprochenen Text geht die Emmaus-Geschichte voraus. Sie endet damit, dass sich Jesus mit den Jüngern zu Tisch setzte, das Brot nahm, den Lobpreis betete, das Brot brach und es den Zweien reichte. In diesem Augenblick gingen ihnen die Augen auf, „und sie erkannten ihn. Er aber entschwand ihren Blicken“ (Lk 24,31). Der Herr hält Tischgemeinschaft mit den Seinen wie zuvor, mit Lobpreis und Brotbrechen. Dann entschwindet er dem äußeren Blick, und gerade in diesem Entschwinden öffnet sich das innere Sehen: Sie erkennen ihn. Es ist wirklich Mahlgemeinschaft und doch neu. Im Brechen des Brotes zeigt er sich, aber im Entschwinden wird er erst wahrhaft erkennbar.
Von der inneren Struktur her sind die zwei Mahlerzählungen derjenigen ganz ähnlich, die wir bei Joh 21,1 – 14finden: Die Jünger haben eine erfolglose Nacht hinter sich; kein Fisch ist in ihre Netze gegangen. Am Morgen steht Jesus am Ufer, aber sie erkennen ihn nicht. Er fragt sie: „Meine Kinder, habt ihr etwas zu essen?“ Auf ihr Nein hin trägt er ihnen auf, noch einmal auszufahren, und diesmal kommen sie mit einem überreichen Fang zurück. Daraufhin lädt Jesus selbst, der schon Fisch auf ein Kohlenfeuer gelegt hat, sie ein: „Kommt her und esst.“ Und nun „wussten sie“, dass es Jesus war.
Besonders wichtig und hilfreich, um das Mahlhalten des Auferstandenen zu verstehen, ist die letzte Erzählung; sie findet sich in der Apostelgeschichte. In den üblichen Übersetzungen kommt freilich die besondere Aussage dieses Textes nicht zum Vorschein. Die deutsche Einheitsübersetzung entspricht dem üblichen Übersetzungstypus, wenn sie sagt: „… vierzig Tage hindurch ist er ihnen erschienen und hat vom Reich Gottes gesprochen. Beim gemeinsamen Mahl gebot er ihnen: Geht nicht weg von Jerusalem …“ (Apg 1,3f). Durch den – von der Satzkonstruktion her berechtigten – Punkt nach dem Wort „gesprochen“ wird ein innerer Zusammenhang verdeckt; Lukas spricht von drei Elementen, die das Zusammensein des Auferstandenen mit den Seinen kennzeichneten: „Er gab sich zu sehen“; „er sprach“; „er hielt Mahl“. Sich zu sehen geben – reden – Mahl halten sind die drei zusammengehörenden Selbstkundgebungen des Auferstandenen, in denen er sich als der Lebende erweist.
Für das rechte Verstehen des dritten Elements, das sich wie die ersten zwei über die „vierzig Tage“ erstreckt, ist das von Lukas gebrauchte Wort
synalizómenos
von wesentlicher Bedeutung. Wörtlich übersetzt heißt es: „Salzmit ihnen essend“. Lukas hat dieses Wort sicher bedachtsam gewählt. Aber was soll es bedeuten? Im Alten Testament stiftet gemeinsames Genießen von Brot und Salz oder von Salz allein feste Bündnisse (vgl. Num 18,19; 2 Chr 13,5; vgl. Hauck,
ThWNT
I, S. 229). Salz gilt als Bürgnis für Dauer. Es ist das Mittel gegen Fäulnis, gegen die Verwesung, die zum Wesen des Todes gehört. Jedes Essen ist Angehen gegen den Tod – eine Weise, Leben zu erhalten. Das „Salzessen Jesu“ nach der Auferstehung, dem wir so als Zeichen des neuen und immerwährenden Lebens begegnen, deutet auf das neue Mahl des Auferstandenen mit den Seinen hin. Es ist Bundesgeschehen und steht damit in einem inneren Zusammenhang mit dem Letzten Abendmahl, in dem der Herr den Neuen Bund gestiftet hatte. So bringt die geheimnisvolle Chiffre vom Salzessen eine innere Verbindung zwischen dem Mahl vor Jesu Leiden und der neuen Tischgemeinschaft des Auferstandenen zum Ausdruck: Er gibt sich den Seinigen als Speise und beteiligt sie so an seinem Leben, am Leben selbst.
Schließlich ist es sinnvoll, hier auch noch an Jesus-Worte zu denken, die wir im Markus-Evangelium finden: „Jeder wird mit dem Feuer gesalzen werden. Das Salz ist gut; wenn es aber schal wird, womit wollt ihr es wieder salzen? Habt Salz in euch und haltet Frieden miteinander“ (9,49f). Einige Handschriften fügen im Anschluss an Lev 2,13 auch noch hinzu: „Jedes Opfer wird mit Salz gesalzen werden.“ Das Salzen der Opfer hatte ebenfalls den Sinn, die Gabe würzig zu machen und sie vor Fäulnis zu schützen. So spielen verschiedene Bedeutungen zusammen: Bundeserneuerung, Gabe des Lebens, Reinigung des eigenen Seins für die Selbstgabe an Gott.
Wenn Lukas zu Beginn der Apostelgeschichte die nachösterlichen Ereignisse zusammenfasst
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