Jesus von Nazareth - Band II
und dort von der Mahlgemeinschaft des Auferstandenen und der Seinigen erzählt mit dem Wort „
synalizómenos
– Salz mit den anderen essend“, so bleibt zum einen das Geheimnis dieser neuen Mahlgemeinschaft bestehen; andererseits wird aber zugleich ihr Wesentliches sichtbar: Der Herr zieht die Jünger neu in die Bundesgemeinschaft mit sich und mit dem lebendigen Gott hinein. Er gibt ihnen Anteil am wirklichen Leben, macht sie selbst zu Lebendigen und würzt ihr eigenes Leben mit der Anteilnahme an seiner Passion, an der reinigenden Kraft seines Leidens.
Wie die Mahlgemeinschaft mit den Seinigen konkret ausgesehen hat, entzieht sich unserer Vorstellung. Aber wir können ihr inneres Wesen erkennen und können sehen, dass in der gottesdienstlichen Gemeinschaft, in der Feier der Eucharistie, dieses Mahlhalten des Auferstandenen weitergeht, wenn auch in anderer Weise.
ZUSAMMENFASSUNG: DAS WESEN DER AUFERSTEHUNG JESU UND IHRE GESCHICHTLICHE BEDEUTUNG
F ragen wir nun zusammenfassend noch einmal, welcher Art die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn gewesen ist. Die folgenden Unterscheidungen sind wichtig:
Jesus ist kein ins allgemein biologische Leben Zurückgekehrter, der dann nach den Gesetzen der Biologie eines Tages wieder sterben müsste.
Jesus ist kein Gespenst („Geist“). Das bedeutet: Er ist nicht jemand, der eigentlich der Totenwelt zugehört, aber irgendwie sich in der Lebenswelt zeigen kann.
Die Begegnungen mit dem Auferstandenen sind aber auch etwas anderes als mystische Erfahrungen, in denen der menschliche Geist einen Augenblick über sich hinausgehoben wird und die Welt des Göttlichen und Ewigen wahrnimmt, um dann wieder in den normalen Horizont seines Daseins zurückzukehren. Die mystische Erfahrung ist eine zeitweilige Entgrenzung des Raums der Seele und ihrer Wahrnehmungsfähigkeit. Sie ist aber nicht eine Begegnung mit einer von außen auf mich zutretenden Person. Paulus hat seine mystischen Erfahrungen, wie zum Beispiel die in 2 Kor 12,1 – 4 geschilderte Erhebung bis in den dritten Himmel, ganz klar von der Begegnung mit dem Auferstandenenauf dem Weg nach Damaskus unterschieden, die ein Ereignis in der Geschichte, eine Begegnung mit einem Lebenden war.
Was können wir aufgrund all dieser biblischen Nachrichten nun wirklich über das eigentümliche Wesen der Auferstehung Christi sagen?
Sie ist ein Ereignis in der Geschichte, das doch den Raum der Geschichte sprengt und über sie hinausreicht. Vielleicht dürfen wir uns einer analogen Sprache bedienen, die in vieler Hinsicht unangemessen bleibt, aber doch einen Zugang zum Verstehen öffnen kann: Wir könnten (wie schon im ersten Abschnitt dieses Kapitels vorweggenommen) die Auferstehung als so etwas wie einen radikalen „Mutationssprung“ ansehen, in dem sich eine neue Dimension des Lebens, des Menschseins auftut.
Ja, die Materie selbst wird in eine neue Wirklichkeitsweise umgebrochen. Der Mensch Jesus gehört nun gerade auch mit seinem Leib ganz und gar der Sphäre des Göttlichen und Ewigen zu. „Geist und Blut“ haben, wie Tertullian einmal sagt, von nun an einen Ort in Gott (vgl.
De resurrect. mort.
51,3;
CC lat.
II 994). Auch wenn der Mensch von seinem Wesen her zur Unsterblichkeit geschaffen ist, so ist erst jetzt der Ort da, in dem seine unsterbliche Seele den „Raum“, die „Leiblichkeit“ findet, in der Unsterblichkeit Sinn erhält als Mitsein mit Gott und der ganzen versöhnten Menschheit. Die Gefangenschaftsbriefe des heiligen Paulus an die Kolosser (vgl. 1,12 – 23) und an die Epheser (vgl. 1,3 – 23) meinen dies, wenn sie vom kosmischen Leib Christi sprechen und damit anzeigen, dass der verwandelte Leib Christi zugleich der Ort ist, an dem die Menschen in die Gemeinschaftmit Gott und miteinander eintreten und so definitiv leben können in der Fülle des unzerstörbaren Lebens. Da wir selbst keine Erfahrung einer solchen erneuerten, veränderten Weise von Materialität und Leben haben, ist es nicht verwunderlich, dass dies den Bereich dessen, was wir uns vorstellen können, überschreitet.
Wesentlich ist, dass mit der Auferstehung Jesu nicht irgendein einzelner Toter irgendwann einmal revitalisiert wurde, sondern dass in der Auferstehung ein ontologischer, das Sein als solches berührender Sprung geschah, dass eine Dimension eröffnet wurde, die uns alle angeht und die für uns alle einen neuen Raum des Lebens, des Mitseins mit Gott geschaffen hat.
Von da aus ist auch die
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