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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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Gesten Jesu zwar das Wesentliche des neuen „Kultes“ geschenkt, aber noch nicht eine fertige kultische Gestalt vorgegeben. Sie musste sich im Leben der Kirche erst bilden. Es lag nahe, dass man zunächst nach dem Vorbild des Letzten Abendmahles miteinander Mahl hielt und dann die Eucharistie anfügte. Rudolf Pesch hat gezeigt, dass diese Mahlzeit bei der sozialen Struktur der werdenden Kirche und bei den gegebenen Lebensgewohnheiten wahrscheinlich ohnedies nur aus Brot bestand, ohne andere Speisen.
    Im Ersten Korinther-Brief (11,20   ff.34) sehen wir, dass in einer anderen Gesellschaft die Dinge anders verliefen: Die Wohlhabenden brachten ihre Mahlzeit mit und griffen kräftig zu, während es für die Armen auch dort beim Brot allein blieb. Solche Erfahrungen haben dann recht früh zur Trennung von Herrenmahl und Sättigungsmahl geführt und zugleich das Werden einer eigenen liturgischen Gestalt vorangetrieben. In keinem Fall dürfen wir uns vorstellen, dass beim „Herrenmahl“ nur einfach die Wandlungsworte rezitiert wurden. Von Jesus selbst her erscheinen sie als Teil seiner Berakha, seines Dank- und Segensgebets.
     
    Wofür hat Jesus gedankt? Für die „Erhörung“ (Hebr 5,7). Er hat im Voraus dafür gedankt, dass der Vater ihn nicht im Tod lassen werde (vgl. Ps 16,10). Er hat für die Gabe der Auferstehung gedankt, und von ihr her konnte er jetzt schon in Brot und Wein seinen Leib und sein Blut geben als Unterpfand der Auferstehung und des ewigen Lebens (vgl. Joh 6,53   –   58).
    Wir dürfen an das Schema der Gelübde-Psalmen denken, in denen der Bedrängte ankündigt, dass er nach seiner Errettung Gott danken und vor großer Gemeinde Gottes rettende Tat verkündigen werde. Der Passions-Psalm 22, der mit den Worten beginnt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“, endet mit einem Versprechen, das die Erhörung vorwegnimmt: „Deine Treue preise ich in großer Gemeinde; ich erfülle meine Gelübde vor denen, die Gott fürchten. Die Armen sollen essen und sich sättigen; den Herrn sollen preisen, die ihn suchen   …“ (26f). In der Tat – nun erfüllt es sich: „Die Armen werden essen“ – sie empfangen mehr als irdische Nahrung, sie empfangen das wirkliche Manna: die Gemeinschaft mit Gott im auferstandenen Christus.
    Natürlich sind diese Zusammenhänge den Jüngern erst nach und nach aufgegangen. Aber von der Danksagung Jesu her, die der jüdischen Berakha eine neue Mitte gibt, erweist sich das Dankgebet, die
eucharistía
, zunehmend als die eigentlich prägende Form, als die liturgische Gestalt, in der die Stiftungsworte ihren Sinn haben und in der sich der neue Kult darstellt, der die Tempelopfer ablöst: Verherrlichung Gottes im Wort, aber in einem Wort, das in Jesus Fleisch geworden ist und von diesem durch den Tod hindurchgegangenen Leib Jesu her nun den ganzen Menschen, die ganze Menschheit einbezieht – und Anfang für die neue Schöpfung wird.
     
    Josef Andreas Jungmann, der große Erforscher der Geschichte der Eucharistiefeier und einer der Architekten der Liturgie-Reform, fasst dies Ganze zusammen, indem er sagt: „Grundgestalt ist das Dankgebet über Brot und Wein. Vom Dankgebet nach dem Mahle des letztenAbends hat die Liturgie der Messe ihren Ausgang genommen, nicht vom Mahle selbst. Dieses wurde für so wenig wesentlich und für so sehr ablösbar gehalten, dass es noch in der Urkirche weggefallen ist. Dagegen hat die Liturgie und haben alle Liturgien das über Brot und Wein gesprochene Dankgebet weiterentwickelt   … Das, was die Kirche in der Messe feiert, ist nicht das Letzte Abendmahl, sondern das, was der Herr beim Letzten Abendmahl eingesetzt und der Kirche übergeben hat: das Gedächtnis seines Opfertodes“ (
Messe im Gottesvolk,
S.   24).
    Dem entspricht die historische Feststellung, „dass in der ganzen Überlieferung der Christenheit nach der Loslösung der Eucharistie von einem wirklichen Mahl (wo ‚Brotbrechen’ und ‚Herrenmahl’ erscheint) bis zur Reformation des 16.   Jahrhunderts für die Feier der Eucharistie nirgends ein Name gebraucht wird, der ‚Mahl’ bedeutet“ (S.   23, Anm. 73).
     
    Für die Gestaltwerdung des christlichen Gottesdienstes ist aber noch ein weiteres Moment maßgebend. Der Herr hatte von seiner Erhörungsgewissheit her den Jüngern schon im Abendmahl seinen Leib und sein Blut als Gabe der Auferstehung gereicht: Kreuz und Auferstehung gehören in die Eucharistie, ohne sie ist sie nicht sie selbst. Aber weil die

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