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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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Berichten der Apostelgeschichte über die Bekehrung Pauli bestand die Begegnung mit dem auferstandenen Christus aus zwei Elementen: aus einem Licht, das „heller als die Sonne“ strahlte (26,13), und dazu einer Stimme, die „auf Hebräisch“ (v. 14) zu Saulus redete. Während der erste Bericht sagt, die Begleiter hätten zwar die Stimme gehört, „sahen aber niemand“ (9,7), heißt es im zweiten Bericht umgekehrt: Sie „sahen das Licht, hörten aber nicht die Stimme dessen, der zu mir sprach“ (22,9). Der dritte Bericht sagt über die Begleiter nur, dass sie alle wie Saulus zu Boden fielen.
    So viel ist klar, dass die Wahrnehmung seitens der Begleiter und des Saulus unterschiedlich war, dass nur dieser direkter Empfänger einer Botschaft war, die Sendung bedeutete, dass aber auch die Begleiter in irgendeiner Weise Zeugen eines außergewöhnlichen Vorgangs wurden.
    Für den eigentlich Betroffenen, Saulus-Paulus, gehören die zwei Elemente zusammen: das aufstrahlende Licht, das an die Tabor-Geschichte erinnern mag – der Auferstandene ist einfach Licht (vgl. Teil I, S.   357f); dazu das Wort, in dem Jesus sich mit der verfolgten Kirche identifiziert und ihm zugleich eine Sendung erteilt. Während der erste und zweite Bericht ihn für die Sendung auf Damaskus verweisen, wo ihm das Nähere gesagt werden würde, wird im dritten Bericht ein ausführliches und ganz konkretes Sendungswort mitgeteilt: „Steh auf, stell dich auf deine Füße! Denn ich bin dir erschienen, um dich zum Diener und Zeugen dessen zu erwählen, was du gesehen hast und was ich dir noch zeigen werde. Ich will dich vor dem Volk und den Heiden retten, zu denen ich dich sende,um ihnen die Augen zu öffnen. Denn sie sollen sich von der Finsternis zum Licht und von der Macht des Satans zu Gott bekehren und sollen durch den Glauben an mich die Vergebung der Sünden empfangen und mit den Geheiligten am Erbe teilhaben“ (Apg 26,16ff).
    Bei allen Unterschieden der drei Berichte wird doch deutlich: Erscheinung (Licht) und Wort gehören zusammen. Der Auferstandene, dessen Wesen Licht ist, spricht als Mensch mit Paulus in dessen Sprache. Sein Wort ist zum einen eine Selbstidentifizierung, die zugleich Identifizierung mit der verfolgten Kirche bedeutet, und zum anderen eine Sendung, deren Inhalt sich im Folgenden weiter entfalten wird.

Die Erscheinungen Jesu in den Evangelien
     
    D ie Erscheinungen, von denen uns die Evangelisten berichten, sind ganz offensichtlich anderer Art. Zum einen erscheint der Herr als Mensch wie andere Menschen: Er wandert mit den Emmaus-Jüngern; er lässt seine Wunden durch Thomas berühren, ja, nach Lukas lässt er sich sogar ein Stück Fisch zum Essen reichen, um seine wahre Leibhaftigkeit zu beweisen. Und doch ist er auch nach diesen Erzählungen nicht einfach ein wiedergekommener Mensch wie vor dem Tod.
    Da ist zunächst auffällig, dass die Jünger ihn zuerst nicht erkennen. Das ist nicht nur bei den beiden von Emmaus der Fall, sondern auch bei Maria von Magdala und wieder am See von Genezareth: „Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war“ (Joh 21,4). Erst nachdem der Herrihnen den Auftrag zur nochmaligen Ausfahrt erteilt hatte, erkannte ihn der Lieblingsjünger: „Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr!“ (21,7). Es ist sozusagen ein Erkennen von innen her, das aber immer noch vom Geheimnis umfangen bleibt. Denn nach dem Fischfang, als Jesus sie zum Essen einlädt, ist immer noch eine seltsame Fremdheit da. „Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war“ (21,12). Sie wussten es von innen, nicht durch Aussehen und Ansehen.
    Dieser Dialektik von Erkennen und Nichterkennen entspricht die Weise des Erscheinens. Jesus kommt durch verschlossene Türen, steht plötzlich in ihrer Mitte. Und ebenso entzieht er sich plötzlich wieder, wie am Schluss der Emmaus-Begegnung. Er ist ganz leibhaft. Und er ist doch nicht an die Gesetze des Leibhaften, an die Gesetze von Raum und Zeit gebunden. In dieser merkwürdigen Dialektik von Identität und Andersheit, von wirklicher Leiblichkeit und Freiheit von den Bindungen des Leibes manifestiert sich das besondere, geheimnisvolle Wesen der neuen Existenz des Auferstandenen. Denn beides gilt: Er ist der Gleiche – leibhafter Mensch – und er ist der Neue, der in eine andere Weise der Existenz Hinausgetretene.
    Die Dialektik, die zum Wesen des

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