Jesus von Texas
also, er war nicht eingeladen oder so und war draußen auf dem Parkplatz.«
»War da außer ihm noch jemand?«
»Nein, niemand.«
Der Staatsanwalt nickt zum Fußboden runter. »Diese Person war also allein außerhalb eines Gebäudes, in dem eine Party stattfand, an der er nicht teilnehmen konnte. Und er hat mit Ihnen geredet?«
»H-hmm. Er hat mir auf den Rücksitz dieses Autos geholfen.«
»Er hat Ihnen auf den Rücksitz eines Autos geholfen? Was passierte als nächstes?«
»Meine beste Freundin kam plötzlich vorbei, also von drinnen oder so, und dann ist er gegangen.«
Mein Blick wandert zu den Geschworenen, die ihr Leben von den Partyjahren bis heute, wo sie selber alle Töchter wie Taylor haben, Revue passieren lassen. Ihre Augenbrauen weisen einen neuen Neigungswinkel auf.
Der Staatsanwalt wartet, bis alles eingesunken ist. Dann fragt er: »Und wo haben Sie diese Person dann das nächste Mal gesehen?«
»In Houston.«
»Hat er in Houston gewohnt oder irgendwo anders in Harris County?«
»Nein, er war irgendwie auf dem Weg nach Mexiko.«
»Und er kam von wo?«
»Aus Martirio.«
Der Staatsanwalt wirft den Geschworenen einen bedeutungsvollen Blick zu. »Von Martirio nach Mexiko über Houston - ein ziemlicher Umweg, oder?«
»Ja, irgendwie könnt ich's auch gar nicht fassen, ich meine, er kam nur wegen mir und hat diese ganzen Sachen gestanden und keine Ahnung ...«
»Und dann passierte was?«
»Meine Cousine tauchte auf, und er rannte weg.«
Jetzt läßt Taylor ihren Kopf sinken, und alle halten den Atem an, weil sie möglicherweise weint oder so. Macht sie aber nicht. Der Staatsanwalt wartet ab, bis er sicher ist, daß sie nicht doch anfängt, dann zündet er seine Kanone. »Sehen Sie diese Person hier im Gerichtssaal?«
Ohne ihren Kopf zu heben, deutet Taylor auf meinen Käfig. Ich beuge mich hinab, um ihren Blick von unten aufzufangen, aber er klebt an ihren Schuhen. Der Staatsanwalt preßt seine Lippen zusammen und macht sich dann geschäftsmäßig an die Arbeit, den Rest meines Kreuzes zurechtzuzimmern.
»Vermerken Sie bitte im Protokoll, daß die Zeugin den Angeklagten Vernon Gregory Little identifiziert hat. Ms. Figueroa, Sie werden von der Behauptung der Verteidigung gehört haben, daß sich Vernon Little zum Zeitpunkt der jüngsten Morde in Mexiko aufhielt. Die Verteidigung meint, Sie könnten das bestätigen. Können Sie das?«
»Na ja, keine Ahnung - er war dort, als ich ankam.«
»Wie lange hat er sich Ihres Wissens mit Sicherheit in Mexiko aufgehalten?«
»Drei Stunden vielleicht, maximal?«
»Sie können also die Behauptung des Angeklagten, er habe sich zum Zeitpunkt der Morde dort aufgehalten, nicht bestätigen?«
»Eigentlich nicht.«
Der Staatsanwalt geht zum Zeugenstand, legt einen Arm auf die Brüstung und lächelt Taylor fürsorglich zu. »Es ist fast vorbei«, sagt er sanft. »Bitte, sagen Sie uns nur noch, und nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen - was trug sich während dieser Stunden in Mexiko zu?«
Taylor erstarrt. Dann atmet sie durch. »Er hat versucht, also - mit mir zu schlafen.«
»War das die Situation, in der er die Morde gestand?«
»H-hmm.«
Der ganze Raum, wahrscheinlich die ganze Welt, atmet ein, hält die Luft an und läßt sie in allgemeines Gemurmel entweichen. Meine Seele schreit auf vor Schmerz, doch ein Blick meines Anwalts versiegelt mir den Mund. Und während sich ganz, ganz langsam die Blicke des Saals, der Kameras und der ganzen Welt auf mich richten, um mich unter die Lupe zu nehmen, bekommt der grüne Summer in meinem Käfig etwas vage Verlockendes. Der Staatsanwalt lächelt nur, geht zu seinem Tisch und drückt einen Knopf an einem Gerät, das dort steht.
»Ja«, krächzt meine Stimme durch den Saal. »Ich hab es für dich getan.« Und immer und immer wieder: »Ich hab es für dich getan, für dich, für dich. Ich hab es ...getan.«
Für das Kreuzverhör setzt Brian ein piffiges Gesicht vom Feinsten auf. Er schiebt die Hände in seine Taschen und baut sich vor Taylor auf wie ihr Dad oder so. Dann schaut er sie einfach nur an, als ob das, was sie gleich sagen wird, die dümmste Ausrede ist, die er jemals gehört hat. Ihre Augen zucken kurz nach unten, dann weiten sie sich trotzig, so nach dem Motto: »Was denn?«
»Sie haben den Angeklagten also drei Stunden lang in Mexiko gesehen?«
»H-hmm.«
»Soweit Sie das beurteilen können, hätte er also vor und nach diesen drei Stunden überall auf der Welt sein
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