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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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dem du redest, he? Denkst du wirklich, eine liebende Intelligenz würde Babys durch Hunger auslöschen und zuschauen, wie anständige Leute jeden Tag, jede Nacht, jede verdammte Sekunde vor Schmerzen brüllen? Das ist kein Gott, das sind nur wir - beschissene Menschen. Alle zusammen sind wir eingepfercht in dieser Schlangengrube menschlichen Verlangens, menschlicher Wünsche, die so lange unerfüllt bleiben, bis sie zu schmerzenden, rauhen Bedürfnissen versteinert sind. Und du bist mittendrin.«
    Der Ausbruch überrumpelt mich. »Jeder hat Bedürfnisse«, murmele ich.
    »Dann heul mir nichts vor, weil du den Bedürfnissen eines anderen Mannes im Weg gestanden hast.«
    »Aber, Lasalle ...«
    »Was hast du denn gedacht, warum sich die ganze Welt auf den Nägeln rumkaut, he? Weil all die guten Sachen direkt vor unserer Nase baumeln, aber wir kommen nicht ran. Und warum nicht? Weil das der Markt für Versprechen nicht zuläßt, darum. Das ist kein Werk irgendeines Gottes, das ist die Schöpfung von Menschen - von Tieren, die sich einen Gott ausgedacht haben, der irgendwo anders ist und auf den sie alles abwälzen können.« Lasalles zitternde Lippe stößt auf mein Gesicht zu. »Werd endlich klug, verdammt. Menschliche Bedürfnisse, die sich vermischen wie ein Kartenspiel - das ist es, was die Welt antreibt. Misch mit, und deine Bedürfnisse können erfüllt werden. Gib den Leuten, wonach sie verlangen - schon mal davon gehört?«
    »Klar, aber - was ist dann mit Gott?«
    »Junge, Junge, du hast echt den Anschluß verpaßt. Ich werd's ganz einfach machen, so daß selbst dus verstehst, verdammt noch mal. Papa Gott hat uns aufgezogen, bis wir groß genug für lange Hosen waren; dann hat er die Benutzung seines Namens auf Dollarscheinen lizensiert, die Autoschlüssel auf den Küchentisch gelegt und sich verdammt noch mal verpißt.« Wasser schießt in seine Augenhöhlen. »Hör auf, zum Himmel zu schauen und auf Hilfe zu warten. Schau hier runter, auf uns verquere Träumer.« Er greift meine Schultern, dreht mich um meine Achse und schiebt mich auf den Spiegel an der Wand zu. »Du bist der Gott. Übernimm Verantwortung. Üb deine Macht aus.«
    Vier Männer erscheinen im Türrahmen: zwei Wärter, ein Geistlicher und der Typ im dunklen Anzug. »Zeit für das abschließende Ereignis«, sagt der Anzugtyp.
    Mein Blick schnellt zu der Kabine, wo der andere Häftling still und leise sein Geschäft erledigt, doch die Männer gehen auf Lasalle zu und ergreifen ihn. Seine Lippe steht wieder dümmlich ab, seine Schultern sinken nach vorn. Aus den Augenwinkeln sehe ich Jonesy nach mir rufen.
    »Lasalle? Du bist ein Häftling?« frage ich.
    »Nicht mehr lange«, sagt er leise. »Wie's aussieht, nicht mehr lange.«
    »Na los, komm, Little«, ruft Jones von der Tür. »Lasalle hat die erste Abstimmung gewonnen.«
    »Aber Lasalle, war das jetzt das, also - das Geheimnis des Lebens?«
    Er schnauft unwillig und schüttelt den Kopf, während die Männer ihn zur Tür führen.
    »Ich meine, was ist der praktische ...?«
    Er hält eine Hand zu den Wärtern hoch, und sie bleiben stehen. »Du willst wissen, wie man es macht? Schultern hoch, Brust raus - schau dir jedes beliebige Tier an, die wissen, wie's funktioniert. Was uns Menschen angeht - paß auf.« Er zieht ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche und bedeutet uns, still zu sein. Dann läßt er das Feuerzeug einmal leise schnappen. Einen Moment später kommt ein Rascheln aus der Kabine, gefolgt vom Schnappen eines anderen Feuerzeugs. Dann steigt eine Qualmwolke zur Decke auf, unter der ein Insasse an einer Zigarette zieht, obwohl er bis eben nicht einmal wußte, daß er rauchen wollte. Die Macht der Suggestion. Lasalle wendet sich mit einem Lächeln zu mir um, hält sich das Feuerzeug über den Kopf und läßt es schnappen. »Wisse um ihre Bedürfnisse, und sie tanzen nach deiner verdammten Pfeife, egal, was du spielst.«
    Als die Gruppe in den Gang tritt, nimmt Jonesy meinen Arm. Ich winde mich aus seinem Griff und stürze eine paar Schritte hinter Lasalle her, aber Jonesy schiebt seine Arme unter meinen durch und nimmt mich dann von hinten in den Schwitzkasten. Das ist sein Bedürfnis, ich wehre mich nicht.
    »Danke, Lasalle«, brülle ich.
    »Keine Ursache, Vernon Gott Little«, tönt seine Stimme.
    »Junge, Junge«, sagt Jonesy, als er mich zur Treppe bringt, »du hast ihm seinen Scheiß wirklich abgekauft.«
    »Jemand hat mir gesagt, er sei Priester.«
    »Aber sicher doch. Clarence

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