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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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Tränen. Von frischer Luft gefüllte Sommerkleider, und irgendwo im Süden: Mexiko. Nur nicht für mich. Ich bin dazu verurteilt, mir anzuschauen, wie Eileena den Sattel des Sheriffs poliert - zum zweiten Mal, seit ich hochgekommen bin.
    Ich frag mich, ob der Sattel immer so viel Fürsorge bekommt und, wenn ja, warum er dann noch nicht komplett durchgescheuert ist. Dann sehe ich, daß ein Fernseher im Zimmer steht, zu dem Eileenas Blick gerade schnellt.
    Es sind die Zwölf-Uhr-Nachrichten. Als erstes hört man die Fanfare, dann sieht man von weit weg ein Arschgesicht durch das Rückfenster eines sich entfernenden Smith-County-Polizeitransporters glotzen.
    »Vernon, ich hab ein Hühnchen mit dir zu rupfen«, sagt Mom.
    »Ich muß jetzt Schluß machen.«
    »Also, Vernon ...«
    »Klick.«
    Mein Blick heftet sich auf den Bildschirm. Eine Brise raschelt durch das Zellophan in Lechugas Teddyfarm, verfängt sich in einer von Lallys Haarsträhnen und lüftet sie von seinem Schädel. Über das rhythmische Quietschen des Pumpenbocks erhebt sich seine Stimme. »Am vergangenen Dienstag legte sich der Schatten der Zerstörung über diesen Ort. Heute hat die rechtschaffene Gemeinde von Martirio einen entscheidenden Schritt heraus aus diesem Schatten unternommen. Ein junger Mann wurde verhaftet, eine bislang unbeachtete Figur in dem tödlichen Netz aus Ursache und Wirkung, in das diese einst so friedvolle Stadt geraten ist.«
    »Ich nicht, ich bin in kein verdammtes Netz geraten«, sagt Barry und besteigt breitbeinig einen Stuhl.
    »Für seine Nachbarn war Vernon Gregory Little ein scheinbar normaler, vielleicht etwas linkischer Teenager, ein Junge, der in keinem Stadtzentrum unseres Landes auffallen würde. Bis heute jedenfalls.«
    Der Bildschirm füllt sich mit knalligen Bildern von Polizeiabsperrbändern, die unter einem düsterem Himmel tanzen, von Leichensäcken, die blutige Schleifspuren hinterlassen, von aufgeweichten, schluchzenden Ladys, in deren Gesichtern Speichelfäden hängen wie Pizzakäse. Dann kommt ein Schulfoto von mir, wie ich angestrengt lächle.
    »Ich fand, daß der Junge sich verändert hatte, gar keine Frage«, sagt George Porkorney. Man kann die Zigaretten sehen, die sie hinter dem Philodendron auf unserer Frühstücksbar versteckt hat. »Seine Schuhe sind immer aggressiver geworden, und dann mußte er unbedingt so eine Skinhead-Frisur haben ... «
    »Ja., genau«, sagt Betty hinter ihr.
    Schnitt zu Leona Dunt. Eigentlich müßte ihre Handtasche einen Meter breiter sein, so groß, wie da Gucci draufsteht.
    »Wow, dabei schien er doch so ein normaler Junge zu sein.«
    Düstere, wirre Xylophonmusik setzt ein, und die Kamera wackelt durch den Flur zu meinem Zimmer. »Vernon Little wurde mir als ein Einzelgänger beschrieben, als ein Junge mit wenigen engen Freunden, der lieber am Computer spielte - und las.« Die Kamera taucht heftig in den Wäscheberg neben meinem Bett hinein und befördert den Unterwäschekatalog zutage. »Doch nicht Steinbeck oder Hemingway sind es, die wir in Vernon Littles privater Bibliothek vorfinden - nein, seine literarischen Vorlieben reichten nicht weiter als bis hierher ...« Seiten flattern auf dem Bildschirm, gefüllt mit kecken Rumpfpartien; früher ließen sie Perlenketten schmachvollen Saftes durch meine Adern zucken, jetzt versetzen sie mir Stiche. Auf Seite 67 bricht das Blättern ab. »Nur ein harmloses Requisit«, fragt Lally, »oder ein grausiger Hinweis auf die verwirrte Sexualität, die sich in dem Verbrechen vom Dienstag offenbarte?« Zum Xylophon gesellen sich verzerrte Geigen. Die Kamera fährt über den Bildschirm meines Computers zur Datei »Hausaufgaben«. »Klick.« Jetzt müßt ihr euch die Amputationssexbilder denken, die ich für Ol' Silas Benn abgespeichert hab.
    »Du meine Güte«, sagt Mom. »Ich hatte ja keine Ahnung.«
    Lally sitzt neben ihr auf meinem Bett und kurbelt seine Augenbrauen zu einem mitfühlenden »A« in die Höhe. »Als Vernons Mutter - würden Sie sich da zu den Opfern der Tragödie zählen?«
    »Na ja, wenn ich ehrlich bin, ich glaube, ich bin ein Opfer, ja. Ich glaube schon.«
    »Aber Sie halten Vernon weiter für unschuldig?«
    »Ach Gott, wissen Sie, eine Mutter hält ihr Kind immer für unschuldig - schließlich werden selbst Mörder von ihren Familien geliebt.«
    Ein beschissener Paradickmannwechsel, und was für einer. Lally läßt es so stehen. Selbst Barry Gurie weiß, daß die Sache gelaufen ist; er seufzt sich von seinem Stuhl

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