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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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lediglich die Wahrheit gesagt. Und überhaupt, junger Mann - wie konntest du mir das alles antun?«
    »Ich hab überhaupt nichts getan.«
    »Jedenfalls schmieren sich berühmte Schauspieler Zahnpasta unter die Augen, um weinen zu können. Wußtest du das?«
    »Was ist?«
    »Ich sag dir das nur fürs Gericht, falls du zu teilnahmslos aussiehst. Du weißt, wie teilnahmslos du gerne aussiehst.«
    »Ma - Hauptsache, du erzählst Lally nichts mehr, okay?«
    »Wart mal kurz.« Sie nimmt ihren Mund vom Hörer. »Alles bestens, Leona, nur die Kühlschrankleute.« Im Hintergrund sind die Geräusche mißtrauischer Fragen zu hören, von wegen so spät am Abend, dann ist Mom wieder dran. »Also, das ist doch einfach lächerlich. Ich warte seit Tagen auf Sie!«
    »Gute Nacht, Ma.«
    »Warte!« Sie preßt ihren Mund an die Muschel und flüstert.
    »Vernon - wahrscheinlich ist es am besten, du erwähnst nichts von dem, ähm ...«
    »Gewehr?«
    »Ja, also wahrscheinlich ist es besser, wenn das unter uns bleibt, verstehst du?«
    Das Gewehr meines Vaters. Wenn meine alte Dame mir nur erlaubt hätte, es zu Hause zu behalten. Aber nein, die blöde Knarre hat ihr eine Heidenangst eingejagt. Weit weg von zu Hause mußte ich sie verstauen, tief im öffentlichen Raum. Nuckles weiß wahrscheinlich, daß sie dort ist. Wahrscheinlich hat Jesus sie als Überraschungseffekt eingesetzt, damit er ihm nicht folgt, damit er denkt, da ist ein ganzes Arsenal gehortet. Doch dann ist Jesus gestorben und hat alles mit sich genommen: die Information, den Kontext, unsere ganzen unschuldigen jungen Jahre. Er hat die Wahrheit mit sich genommen.
    Zurückgeblieben ist nur mein Gewehr, mit all den falschen Fingerabdrücken darauf. So liegt es dort und wartet.

Zweiter Akt

Was ich mit meinen Sommerferien anstellte

sieben
    Auf dem Schild an der Tür des Psychoheinis steht »Dr. Goosens«. Verdammt witzig. Goosens. So ähnlich nennt man bei uns Leute, die einem ihren Finger in den Arsch schieben wollen. Wer auch immer den Boden der Tatsachen erfunden hat, hat sich echt nicht lumpen lassen, ganz ehrlich. Auf dem Weg hierher hatte ich tonnenweise Ideen, wie ich den Verrückten spielen könnte - vielleicht einen auf Geprügelter Hund machen oder auf Gehetztes Reh oder so, wie Mom immer. Ich hab mir sogar überlegt, eventuell meine Hosen vollzuscheißen, als letzten Ausweg. Ist kein besonders appetitliches Geheimnis, das weiß ich. Hab sogar mein Arschloch gelockert, nur für den Fall. Aber jetzt, auf dem Boden der Tatsachen, hoffe ich bloß, daß ich ordentlich Zahnseide benutzt hab.
    Das Gebäude des Psychopfuschers liegt weit außerhalb der Stadt: eine Blase klinischer Gerüche inmitten von Staub. An einem Tisch im Wartezimmer sitzt eine Sprechstundenhilfe mit spitzen Zähnen und einem Kehlkopf aus Bienen, die in Pergamentpapier eingewickelt sind. Bei ihrem Anblick krieg ich 'ne Gänsehaut, die Gefängniswärter dagegen scheinen sie überhaupt nicht zu bemerken. Irgendwas drängt mich, sie zu fragen, wie sie heißt, aber ich laß es bleiben. Würde mich nicht wundern, wenn sie sagt: »Nun, mein Name ist Graunley Steh«, oder: »Achtung Beed«, oder irgendwas extrem Abwegiges. Auf jeden Fall wär's typisch Psychiater, jemanden einzustellen, der einen total meschugge macht, sobald man auch nur ein einziges Detail über ihn weiß. Falls du vorher noch nicht nervös warst, bist du's spätestens nach der Begegnung mit der Sprechstundenhilfe.
    »Bluuup«, tutet eine Sprechanlage hinter ihrem Tisch.
    »Haben Sie meine E-Mail nicht erhalten?« fragt ein Mann.
    »Nein, Herr Doktor«, sagt die Sprechstundenhilfe.
    »Würden Sie bitte das Netzwerk im Auge behalten, es hat keinen Sinn, unsere Technologie zu modernisieren, wenn Sie das Netzwerk nicht im Auge behalten. Ich habe Ihnen vor drei Minuten eine E-Mail geschickt, daß Sie den nächsten Patienten aufrufen sollen.«
    »Ja, Herr Doktor.« Sie tippt auf die Tastatur, betrachtet mit finsterem Blick den Bildschirm und schaut dann zu mir. »Du kannst jetzt zum Doktor reingehen.«
    Meine Nikes zwitschern über schwarz-grün gemustertes Linoleum, durch eine Tür und in einen Raum mit Supermarktbeleuchtung hinein. Vor einem Fenster stehen zwei Sessel; neben einem von ihnen ist eine alte Stereoanlage aufgebaut, auf der ein Notebook-Computer thront. Weiter hinten im Raum steht eine Krankenhauspritsche mit Rollen und einem darüber ausgebreiteten Handtuch. Und da ist Dr. Goosens: rund, weich, dickärschig und so selbstgefällig

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